OLG Brandenburg

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Zitieren als:
OLG Brandenburg, Beschluss vom 02.12.2010 - 11 Wx 30/09 - asyl.net: M18019
https://www.asyl.net/rsdb/M18019
Leitsatz:

Das Beschwerdegericht darf von einer erneuten Anhörung der Betroffenen nicht absehen, wenn es auf die Glaubhaftigkeit ihres Vorbringens, sich einer Abschiebung nicht entziehen zu wollen, sowie ihre Glaubwürdigkeit ankommt. Es erscheint angebracht, in einer Anhörung die Umstände ihrer Ergreifung zu klären, da vorgetragen wird, sie habe sich unmittelbar vor der Festnahme bereits auf dem Gelände der Zentralen Ausländerbehörde in Eisenhüttenstadt befunden, und zwar in der Absicht, dort einen Asylantrag zu stellen.

Schlagwörter: Abschiebungshaft, Zurückschiebungshaft, Anhörung, Haftgründe, Entziehungsabsicht, offensichtlich unbegründet
Normen: AufenthG § 62 Abs. 2 S. 1 Nr. 5
Auszüge:

[...]

Der Beschluss der Kammer kann keinen Bestand haben, weil sie es versäumt hat, die Betroffene vor der Entscheidung über die sofortige Beschwerde persönlich anzuhören.

Das war zwingend geboten. Denn es kommt jedenfalls bei der Prüfung des Haftgrundes nach § 62 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 AufenthG auf die Glaubhaftigkeit der Angaben der Betroffenen an, wie auch das Landgericht nicht verkennt. Es hat die Einlassung der Betroffenen wiederholt als Schutzbehauptung bezeichnet. Das wiederum bedarf einer tragfähigen Begründung unter Berücksichtigung aller bekannten und mit vertretbarem Aufwand zu ermittelnden Tatsachen. Der Umstand, dass sich die Betroffene zunächst mit nicht ihr gehörenden Papieren zu legitimieren versuchte, stellt dabei nur einen der zu würdigenden Gesichtspunkte dar.

In vorliegenden Fall war daher die persönliche Anhörung der Betroffenen, sofern sie erreichbar war, unerlässlich (BGH Beschluss vom 16.09.2010 - V ZB 120/10- zitiert nach juris; BGH FG Prax 2010, 152). Das Beschwerdegericht darf danach von einer erneuten Anhörung des Betroffenen nicht absehen, wenn es auf die Glaubhaftigkeit seines Vorbringen, sich einer Abschiebung nicht entziehen zu wollen, sowie seine Glaubwürdigkeit ankommt. Dies entspricht im übrigen der bereits gefestigten Auflassung auch des Senats.

Im Übrigen erscheint es angebracht, bei der Befragung der Betroffenen die - vor allem örtlichen - Umstände ihrer Ergreifung zu klären. Dazu bietet die Begründung der sofortigen Beschwerde mit Schrittsatz vom 10.10.2008 Anlass, mit der vorgetragen wird, die Betroffene habe sich unmittelbar vor ihrer Festnahme am 03.10.2008 bereits auf dem Gelinde der Zentralen Ausländerbehörde in Eisenhüttenstadt befunden, und zwar in der Absicht, dort einen Asylantrag zu stellen.

Wie der Schriftsatz ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 22.05.2009 entnommen werden kann, hielt sich die Betroffene zu diesem Zeitpunkt unter einer Wohnanschrift in ... auf. Das deutet darauf hin, dass das Bemühen des Landgerichts, die Betroffene zu einer Anhörung zu laden, möglicherweise erfolgreich gewesen wäre. Auch jetzt kann das ungeachtet eines gewissen Zeitablaufs nicht ausgeschlossen worden. Gegenteilige Erkenntnisse liegen dem Senat nicht vor. An eigenen Tatsachenfeststellungen ist er gehindert. [...]