VG Köln

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Zitieren als:
VG Köln, Urteil vom 26.01.2011 - 12 K 4430/09 - asyl.net: M18306
https://www.asyl.net/rsdb/M18306
Leitsatz:

Der nach Ablauf der Umsetzungsfrist seit dem 24.12.2010 unmittelbar geltenden Rückführungsrichtlinie (RL 2008/115/EG) lässt sich nicht entnehmen, dass das kraft Gesetzes an eine Ausweisung anknüpfende Einreiseverbot zwingend bereits bei Erlass einer Ausweisung befristet werden müsste. Der Kläger ist darauf zu verweisen, einen Befristungsantrag zu stellen.

Schlagwörter: Ausweisung, Befristung, Sperrwirkung, Rückführungsrichtlinie, Aufenthaltserlaubnis-EG, Unionsbürger, Rücknahme, Täuschung über Identität, Abschiebungsandrohung, Ermessen, unerlaubte Einreise, Wiedereinreiseverbot, Straftat
Normen: AufenthG § 11 Abs. 1, RL 2008/115/EG Art. 11 Abs. 2 S. 1, VwVfG § 48 Abs. 1 S. 1, AufenthG § 59 Abs. 3, AufenthG § 55 Abs. 2 Nr. 2
Auszüge:

[...]

Das Gericht hat keinen Anlass für eine davon abweichende Beurteilung. Die Ausweisung des Klägers ist auch nicht deswegen rechtswidrig, weil der Oberbürgermeister der Beklagten das aus der Ausweisung gem. § 11 Abs. 1 Satz 1 AufenthG resultierende Wiedereinreiseverbot nicht befristet hat. Zwar dürfte dem Kläger darin zu folgen sein, dass die so genannten EU-Rückführungsrichtlinie - Richtlinie 2008/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger, ABl. EU L 348/2008, S. 98 ff. - nach Ablauf der Umsetzungsfrist am 24. Dezember 2010 (Art. 20 Abs. 1 der Richtlinie) inzwischen unmittelbar anwendbar ist. Der Richtlinie lässt sich jedoch nicht entnehmen, dass das kraft Gesetzes an eine Ausweisung anknüpfende Einreiseverbot zwingend bereits bei Erlass einer Ausweisung befristet werden müsste. Art. 11 Abs. 2 Satz 1 der Richtlinie fordert lediglich, dass die Dauer eines Einreiseverbots "in Anbetracht der jeweiligen Umstände des Einzelfalls" festgesetzt wird. Eine solche Festsetzung kann aber - dem System des § 11 Abs. 1 Satz 2 und 3 AufenthG entsprechend - auch später auf Antrag erfolgen, zumal nur so besondere Umstände des Einzelfalls, die sich nach Erlass einer Ausweisung ergeben, berücksichtigt werden können. Ist danach eine mit der aktuellen Gesetzeslage in Einklang stehende Auslegung der Richtlinie möglich, steht die gebotene Zurückhaltung gegenüber dem zur Umsetzung der Richtlinie berufenen Gesetzgeber einer darüber hinaus gehenden, strengeren Interpretation entgegen. Dem entspricht es, dass auch die vom Bundesministerium des Innern erlassenen vorläufigen Anwendungshinweise zur einstweiligen Umsetzung der Richtlinie vom 16. Dezember 2010 - Az. M 1 3 - 215 734/25 - unter Ziffer 3 bestimmen, eine Befristung aufenthaltsbeendender Maßnahmen von Amts wegen sei regelmäßig nicht erforderlich. Eine Befristung habe lediglich auf Antrag zu erfolgen. Auf einen solchen Antrag ist auch der Kläger zu verweisen. Ist nach dem Gesagten schon keine Befristung erforderlich, kann die Frage dahin stehen, ob das Fehlen einer erforderlichen Befristung zur Rechtswidrigkeit einer Ausweisung führen würde oder aber isoliert zu betrachten wäre. [...]