VG Frankfurt a.M.

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Zitieren als:
VG Frankfurt a.M., Beschluss vom 07.03.2011 - 7 L 449/11.F.A - asyl.net: M18340
https://www.asyl.net/rsdb/M18340
Leitsatz:

Vorläufiger Rechtsschutz gegen Dublin-Überstellung nach Italien. Das Gericht geht davon aus, dass der Antragsteller auf ein Asylverfahren in Italien (derzeit) nicht verwiesen werden kann, da die Aufnahmekapazitäten unter dem Ansturm von Flüchtlingen aus Nordafrika hoffnungslos überfüllt erscheinen. Hinsichtlich der dramatischen Lage zur Aufnahme und Versorgung von Flüchtlingen in der Republik Italien verweist das Gericht global auf die fast täglich erfolgenden Pressemeldungen.

Schlagwörter: Dublin II-VO, Dublinverfahren, vorläufiger Rechtsschutz, Italien, Suspensiveffekt
Normen: AsylVfG § 27a, AsylVfG § 34a Abs. 2, VwGO § 80 Abs. 5
Auszüge:

[...]

Der Zulässigkeit des Antrags steht auch nicht § 34a Abs. 2 AsylVfG entgegen. Danach darf die Abschiebung in einen sicheren Drittstaat oder in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 27a AsylVfG} nicht ausgesetzt werden. Die Republik Italien ist vorliegend der für die Prüfung des Asylbegehrens des Antragstellers zuständige Staat gemäß § 27a AsylVfG i.V.m. Art. 3 ff. der VO (EG) Nr. 343/2003 des Rates (Dublin-II-VO).

Zur Überzeugung des Gerichts gebietet jedoch der effektive Rechtsschutz gemäß Art. 19 Abs. 4 GG vorliegend, dem Rechtsschutzbegehren des Antragstellers stattzugeben. Denn unter vorsichtiger Würdigung der Berichte über die Durchführung des Asylverfahrens in der Republik Italien gerade unter den derzeitigen Verhältnissen, da die Aufnahmekapazitäten unter den Ansturm von Flüchtlingen aus Nordafrika hoffnungslos überfüllt erscheinen, geht das Gericht davon aus, dass der Antragsteller auf ein Asylverfahren in der Republik Italien (derzeit) nicht verwiesen werden kann.

Der Antrag ist auch begründet, denn die Voraussetzungen für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage sind gegeben. Es ist derzeit nicht absehbar, wie der Antragsteller wegen der äußerst strapazierten Kapazitäten seinen europarechtlich verwirkten Anspruch auf ein faires Asylverfahren gemäß der Qualifikationsrichtlinie - Richtlinie 2004/83 EG des Rates vom 29.04.2004 und der Verfahrensrichtlinie - Richtlinie 2005/85/EG des Rates vom 01.12.2005 - schon rein tatsächlich durchsetzen könnte. Hinsichtlich des ohnehin nicht ausreichenden, nur mit knappen Kapazitäten ausgestatteten Systems der Asylbewältigung in der Republik Italien verweist das Gericht auf den Vortrag des Bevollmächtigten des Antragstellers und insbesondere auf die Auskunft der Schweizerischen Flüchtlingshilfe vom November 2009. Die dramatische Lage zur Aufnahme und zur Versorgung von Flüchtlingen in der Republik Italien verweist das Gericht global auf die Pressemeldungen. Insoweit dürfte die Klage überwiegende Aussicht auf Erfolg haben. [...]