SG Koblenz

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Zitieren als:
SG Koblenz, Urteil vom 08.09.2010 - S 13 AY 18/09 - asyl.net: M18485
https://www.asyl.net/rsdb/M18485
Leitsatz:

Widerspruchsverfahren nach dem AsylbLG sind kostenfrei, da es sich materiell um Leistungen der Sozialhilfe im Sinne des § 9 SGB I und um eine Sonderform der Hilfe zum Lebensunterhalt im Sinne des § 28 Abs. 1 Nr. 1 SGB I handelt.

Schlagwörter: Widerspruchsverfahren, Gebühr, Gerichtskosten, Kosten, Asylbewerberleistungsgesetz, Sozialleistungen, Hilfe zum Lebensunterhalt
Normen: SGB X § 64 Abs. 2 S. 1, SGB I § 9, SGB I § 28 Abs. 1 Nr. 1
Auszüge:

[...]

Entgegen der Auffassung des Beklagten sind Widerspruchsverfahren nach dem AsylbLG kostenfrei. Dies ergibt sich aus § 64 Abs. 2 Satz 1 SGB X, wonach dieser Geschäfte und Verhandlungen, die aus Anlass der Beantragung, Erbringung oder Erstattung einer Sozialleistung nötig werden, kostenfrei sind. Bei dem von der Klägerin geführten Widerspruchsverfahren unter dem Aktenzeichen KRA VV 87/2009 handelt es sich um ein aus Anlass der Beantragung einer Sozialleistung geführtes Geschäft. Der Begriff der Geschäfte umfasst die gesamte Tätigkeit, die mit der Durchführung der Sozialleistungsgesetze verbunden ist. Hierzu sind auch die im Zusammenhang mit einer erstrebten Sozialleistung verbundenen Widerspruchsverfahren zu zählen. Bei den Leistungen nach dem AsylbLG handelt es sich auch um Sozialleistungen im Sinne des § 64 Abs. 2 SGB X. Zwar sind die Leistungen nach dem AsylbLG in den in §§ 18 ff. Erstes Buch Sozialgesetzbuch [SGB I] näher beschriebenen Sozialleistungen nicht aufgeführt. Dies ändert aber nichts daran, dass die Leistungen nach dem AsylbLG der existenziellen Sicherung des Lebensunterhaltes der nach diesem Gesetz Leistungsberechtigten dienen. Es handelt sich daher materiell eindeutig um Leistungen der Sozialhilfe im Sinne des § 9 SGB I und um eine Sonderform der Hilfe zum Lebensunterhalt im Sinne des § 28 Abs. 1 Nr. 1 SGB I. Nichts anderes ergibt sich im Übrigen aus den Gesetzesmaterialien. Vielmehr ist in der Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 12/4451, S. 5 ff.) ausgeführt, dass es sich bei dem AsylbLG um ein dem Ausländer- und Asylrecht angepasstes Leistungsrecht handele, mit dem unter Wahrung fürsorgerischer Gesichtspunkte der notwendige Lebensunterhalt von nicht bleibeberechtigten Ausländern sichergestellt werden solle. Zwar ist in der Gesetzbegründung außerdem ausgeführt, dass es sich beim AsylbLG "im Kern (...) um eine Regelung des Aufenthalts- und Niederlassungsrechts von Ausländern nach dem Asylverfahrensgesetz" handele; dies ist aber ganz offensichtlich im Zusammenhang mit der im nachfolgenden Satz erfolgten Einschätzung der Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes zu sehen. Im AsylbLG finden sich keinerlei Regelungen über das Aufenthalts- und Niederlassungsrecht, sondern ausschließlich Regelungen, die sich mit Fragen im Zusammenhang mit der Leistungsgewährung befassen. Das AsylbLG ist damit eindeutig ein Sozialleistungsgesetz und kein Gesetz über das Aufenthalts- und Niederlassungsrecht von Ausländern. Der gegenteiligen Auffassung des OVG Lüneburg (Urteil vom 25.02.1999 - 12 L 4133/98) folgt das erkennende Gericht nicht. [...]