SG Köln

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Zitieren als:
SG Köln, Beschluss vom 28.02.2011 - S 27 AY 22/11 ER - asyl.net: M18488
https://www.asyl.net/rsdb/M18488
Leitsatz:

Einstweilige Anordnung auf Leistungsgewährung nach AsylbLG trotz Umzugs in ein anderes Bundesland (§ 23 Abs. 5 SGB XII).

Schlagwörter: Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz, Analogleistungen, vorläufiger Rechtsschutz, einstweilige Anordnung, Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen, Umzug, räumliche Beschränkung, Zuständigkeit,
Normen: AsylbLG § 2, AsylbLG § 3, AufenthG § 25 Abs. 5, SGB XII § 23 Abs. 5, AsylbLG § 1 Abs. 1 Nr. 3
Auszüge:

[...]

Bei der gebotenen summarischen Prüfung haben die Antragsteller zu 2) bis 4) nach Auffassung der Kammer einen Anspruch auf Leistungen gemäß § 2 AsylbLG, wobei das den eigenen Bedarf übersteigende Einkommen des Antragstellers zu 1) sowie etwaige weitere Einkünfte entsprechend der gesetzlichen Regelungen bedarfsmindernd zu berücksichtigen sind. Als Inhaber einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG gehören die Antragsteller zu 2) bis 4) gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 3 AsylbLG zu dem Personenkreis, der dem Grunde nach leistungsberechtigt nach dem AsylbLG ist. Nach § 2 Abs. 1 AsylbLG ist abweichend von den §§ 3 bis 7 das SGB XII auf diejenigen Leistungsberechtigten entsprechend anzuwenden, die über eine Dauer von insgesamt 48 Monaten Leistungen nach § 3 AsylbLG erhalten haben und die Dauer des Aufenthalts nicht rechtsmissbräuchlich selbst beeinflusst haben. Die erforderliche Vorbezugszeit von 48 Monaten wird von den Antragstellern zu 2) bis 4) erfüllt. Nach Mitteilung des Sozialamtes Halle/Saale haben die Antragsteller zu 2) bis 4) ferner in Halle/Saale nach Ablauf der Vorbezugszeit Leistungen gemäß § 2 AsylbLG erhalten. Sie haben die Dauer ihres Aufenthaltes mithin nach den Feststellungen des Sozialamtes Halle/Saale nicht rechtsmissbräuchlich selbst beeinflusst. Anhaltspunkte dafür, dass diese Feststellung unzutreffend ist, sind nicht gegeben. Auch die Antragsgegnerin geht in ihrer Argumentation davon aus, dass die Voraussetzungen des § 2 AsylbLG in Bezug auf die Antragsteller zu 2) bis 4) erfüllt sind.

Auf die Leistungsberechtigten nach § AsylbLG ist abweichend von den §§ 3 bis 7 AsylbLG das SGB XII anzuwenden. Die in § 2 Abs. 1 AsylbLG ausgesprochene Rechtsfolge wird überwiegend als Rechtsfolgenverweisung und nicht als Rechtsgrundverweisung angesehen. Der nach § 2 AsylbLG leistungsberechtigte Personenkreis wird nicht zum Empfänger von Sozialhilfeleistungen (vergl. Wahrendorf in Grube/Wahrendorf, SGB XII, 3. Auflage, Rn. 25 zu § 2 AsylbLG). Ob § 23 Abs. 5 SGB XII auf die Leistungsberechtigten nach dem AsylbLG entsprechend anwendbar ist, wird nicht einheitlich beurteilt (gegen eine Anwendbarkeit etwa: Sozialgericht Bremen, Urteil vom 14.01.2011, Az. S 15 AY 63/09; Oppermann in Juris PK-SGB XII, Rn. 119 zu § 2 AsylbLG). Selbst wenn § 23 Abs. 5 SGB XII Anwendung findet, sind indes nach Auffassung der Kammer jedenfalls so lange, wie der Antragsteller zu 1) in Bonn einer Erwerbstätigkeit nachgeht, mit der er ein seinen Bedarf übersteigendes Einkommen erzielt, die Voraussetzungen des § 23 Abs. 5 Satz 3 SGB XII als gegeben anzusehen. Danach findet § 23 Abs. 5 Satz 2 SGB XII unter anderem dann keine Anwendung, wenn der Wechsel in ein anderes Land zur Wahrnehmung der Rechte zum Schutz von Ehe und Familie nach Art. 6 GG oder aus vergleichbar wichtigen Gründen gerechtfertigt ist. Derartige vergleichbar wichtige Gründe sind nach Auffassung der Kammer gegeben. Die Familie hat in Bonn bereits einige Zeit gelebt, ohne Sozialhilfe in Anspruch zu nehmen. Auch jetzt werden lediglich aufstockende Leistungen benötigt, wobei der Antragsteller zu 1) selbst keinen Anspruch auf Leistungen hat. Den Antragstellern zu 2) bis 4) ist es nach Auffassung der Kammer weder zuzumuten, ohne den Antragsteller zu 1) nach Sachsen-Anhalt zurückzukehren, noch ist es dem Antragsteller zu 1) zuzumuten, seinen Arbeitsplatz in Bonn aufzugeben, um mit seiner Familie nach Sachsen-Anhalt zurückzukehren. [...]