LG München I

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Zitieren als:
LG München I, Beschluss vom 10.10.2011 - 13 T 10469/11 - asyl.net: M19271
https://www.asyl.net/rsdb/M19271
Leitsatz:

Wird ein Haftantrag damit begründet, der Betroffene habe keinen festen Wohnsitz, während sich aus der Begründung gleichzeitig ergibt, dass dem Betroffenen zahlreiche Schreiben zugestellt wurden, so ist der Vortrag nicht ausreichend, um eine Entziehungsabsicht gem. § 62 Abs. 2 S. 1 Nr. 5 AufenthG zu begründen.

Schlagwörter: Haftantrag, fester Wohnsitz, gewöhnlicher Aufenthalt, Entziehungsabsicht
Normen: AufenthG § 62 Abs. 2 S. 1 Nr. 5, FamFG § 417 Abs. 2 Nr. 2, FamFG § 417 Abs. 2 S. 2 Nr. 4, FamFG § 417 Abs. 2 S. 2 Nr. 5
Auszüge:

[...]

Die Beschwerde ist begründet.

1. Der Haftantrag vom 24.03.11 der Ausländerbehörde entspricht den Anforderungen des BGH-Beschlusses vom 15.09.11 (V ZB. 123/11) nicht.

So ist zur Begründung des Haftgrundes gemäß § 62 Abs. 2 Satz 1. Nr. 5 AufenthG vorgetragen, der Betroffene habe im Bundesgebiet keinen festen Wohnsitz. Zugleich ergibt sich aus dem Haftantrag, dass dem Betroffenen zahlreiche Schreiben zugestellt werden konnten. Somit waren die Angaben zum gewöhnlichen Aufenthaltsort des Betroffenen gemäß § 417 Abs. 2 Nr. 2 FamFG mindestens unvollständig, wenn nicht sogar falsch. Nach Auffassung der Kammer ist der Vortrag im Haftantrag nicht ausreichend, um eine Entziehungsabsicht gemäß § 62 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 AufenthG zu begründen.

Zur erforderlichen Dauer, der Freiheitsentziehung gemäß § 417 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 AufenthG ist ebenfalls nicht ausreichend vorgetragen. Die Ausländerbehörde legt im Antrag nur dar, dass die Abschiebung am 24.03.11 abgesagt werden musste und ein neuer Termin erst nach dem 13.04.11 erfolgen könne. Wie lange die Haft erforderlich ist, ergibt sich hieraus nicht.

Auch weitere Angaben zur Durchführbarkeit der Abschiebung (§ 417 Abs. 2 Satz 2 Nr. 5 AufenthG) fehlen.

2. Durch Beschluss vom 21.07.11 (V ZB 141/11) entschied der Bundesgerichtshof, dass in Verfahren der Abschiebungs-, Zurückschiebungs- und Zurückweisungshaft der Antrag der Verwaltungsbehörde auf Anordnung der Freiheitsentziehung dem Betroffenen ausgehändigt werden muss.

Laut Protokoll des Amtsgerichts München vom 25.03.11 wurde "der Antrag des Ausländeramtes vom 24.03.11 (Blatt ... d.A.) dem Betroffenen bekannt gegeben."

Wenn der Betroffene erst zu Beginn der Anhörung mit dem Antrag der Ausländerbehörde vertraut gemacht wird und ihm der Antrag nicht ausgehändigt worden ist, führt dieser Umstand zur Rechtswidrigkeit der Haftanordnung. Denn der Betroffene war deshalb nicht in der Lage, zu der Begründung des Haftantrages ausreichend Stellung zu nehmen (BGH a.a.O).

Die Kammer schließt sich dieser Rechtsauffassung des Bundesgerichtshofs an. Auch aus diesem Grund ist der Beschluss vom 25.03.11 rechtswidrig. [...]