Eine erforderliche Begründung der Ermessensentscheidung im Rahmen des § 3 Abs. 2 AsylbLG muss auch die Gesichtspunkte erkennen lassen, von denen die Behörde bei der Ausübung ihres Ermessens ausgegangen ist. Geht die Leistungsbehörde im ablehnenden Bescheid nicht darauf ein, warum sie eine bestimmte Form der in § 3 Abs. 2 AsylbLG angeführten Transferleistungen - hier Gutscheingewährung - wählt, ist die Leistungsgewährung rechtswidrig.
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Dem Antragsteiler steht gegen die Antragsgegnerin ein Anordnungsanspruch zu, weil er einen Anspruch auf Bescheiderteilung nach Maßgabe der gesetzlichen Regelungen in § 3 Abs. 2 Satz 1 AsylbLG, gegebenenfalls unter Einbeziehung der Regelung in § 5 Abs. 4 AsylbLG hat.
§ 3 Abs. 2 Satz 1 AsylbLG bestimmt, dass bei einer Unterbringung außerhalb von Aufnahmeeinrichtungen im Sinne des § 44 des Asylverfahrensgesetzes, soweit es nach den Umständen erforderlich ist, anstelle von vorrangig zu gewährenden Sachleistungen nach Abs. 1 Satz 1 Leistungen in Form von Wertgutscheinen, von anderen vergleichbaren unbaren Abrechnungen oder von Geldleistungen im gleichen Wert gewährt werden können. Ist der Tatbestand des § 3 Abs. 2 Satz 1 AsylbLG erfüllt, so hat dies für den Antragsteller einen Rechtsanspruch dem Grunde nach zur Folge, die Antragsgegnerin als Trägerin der Hilfeleistungen nach dem AsylbLG ist zur Hilfeleistung verpflichtet. Ihr kommt bei der Frage, wie die Hilfe zu leisten ist, allerdings ein Ermessensspielraum zu, der durch das Gericht nicht vollständig kontrolliert werden kann. Entscheidungskriterien können hierbei z.B. folgende Gesichtspunkte sein: organisatorische Schwierigkeiten bei der Umsetzung des Sachleistungsprinzips oder bei einem Eintausch von Wertgutscheinen, ein individueller Ernährungsbedarf (z.B. bei Krankheit, Schwangerschaft), unverhältnismäßiger Kostenaufwand für Sachleistungen für nur wenige Flüchtlinge oder nur für eine kurze Übergangszeit (ebenso Birk in LPK Sozialgesetzbuch XII, Rdnr. 8 zu § 3 AsylbLG).
Insoweit ist hier von einem gerichtlich nicht voll überprüfbaren Ermessensspielraum auszugehen. Gerichtlich zu überprüfen ist eine von einer Ermessensbetätigung geprägte Entscheidung dahingehend, ob gemeingültige fachliche Maßstäbe beachtet worden sind und ob keine sachfremden Erwägungen in die Entscheidung eingeflossen sind.
In Anwendung dieses gerichtlichen Kontrollmaßstabes erweist sich die Ablehnung der Bewilligung weiterer Barauszahlungen, die konkludent durch die Gutscheingewährung in Kombination mit der Nichtauszahlung der Barleistungen erfolgt ist, als rechtswidrig. Eine Ermessensbetätigung der Beklagten hat bei der Bescheiderteilung nämlich nicht stattgefunden. Die Antragsgegnerin ist nämlich gehalten, ihre Ermessensentscheidung zu begründen. Nach § 35 Abs. 1 Satz 3 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) muss die Begründung von Ermessensentscheidungen auch die Gesichtspunkte erkennen lassen, von denen die Behörde bei der Ausübung des Ermessens ausgegangen ist.
Die Pflicht zur Ermessensbetätigung entfällt hier auch nicht nach Maßgabe des § 5 Abs. 4 Satz 1 und Satz 2 AsylbLG. Danach sind arbeitsfähige, nicht erwerbstätige Leistungsberechtigte, die nicht mehr im schulpflichtigen Alter sind, zur Wahrnehmung einer zur Verfügung gestellten Arbeitsgelegenheit verpflichtet. Bei unbegründeter Ablehnung einer solchen Tätigkeit besteht kein Anspruch auf Leistungen nach diesem Gesetz. Hierbei hat der Betroffene statt eines Anspruches auf Leistungen nach dem AsylbLG (unbedingter Leistungsanspruch) einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung darüber, ob und in welchem Umfang und in welcher Form Leistungen nach dem Asy4bLG noch zu bewilligen sind (ebenso jurisPK - SGB XII, 1. Auflage 2010, Rdnr. 62 mit weiteren Nachweisen).
Besteht danach ein Anordnungsanspruch und ist ein Unterliegen des Antragstellers im Hauptsacheverfahren äußerst unwahrscheinlich, kann er auch nicht zumutbar auf ein Abwarten der Entscheidung in der Hauptsache verwiesen werden. Denn ein solches Hauptsacheverfahren dauert bei Ausschöpfen des sozialgerichtlichen Instanzenzuges möglicherweise mehrere Jahre. Gleichzeitig wäre eine Geldleistungsgewährung wegen der bereits erfolgten Bedarfsdeckung durch Sachleistung in Form von Gutscheinen auch nicht mehr nachholbar.
Im Übrigen ist der Antrag des Antragstellers jedoch mangels Anordnungsanspruches abzulehnen.
Aus der Rechtswidrigkeit der Ablehnung der Barauszahlung folgt für den Antragsteller nur ein Anspruch auf eine neue Entscheidung durch die Antragsgegnerin. Einen gebundenen Anspruch auf die Bewilligung der begehrten Barauszahlung hat er jedoch nicht, so dass der Antrag insoweit abzuweisen ist. Angesichts des o.a. dargelegten Ermessensspielraumes, welcher der Antragsgegnerin hier eingeräumt ist, wäre dies nur dann der Fall, wenn die Bewilligung der Barauszahlung so dringend erforderlich wäre, dass jede andere denkbare Maßnahme schlichtweg ungeeignet wäre. Dies ist für das Sozialgericht jedoch nicht ersichtlich. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem von dem Antragsteller vorgelegten Gutachten der Rechtsanwältin Anja Lederer vom 15. Mai 2003. Den Ausführungen in diesem Gutachten folgt das Gericht in Hinblick auf den eindeutigen gesetzlichen Wortlaut in § 3 AsylbLG nämlich nicht. Asylbewerbern, die Leistungen nach dem AsylbLG erhalten, können nämlich auch bei Zweifeln an der Verfassungsmäßigkeit der der Leistungen zugrundeliegenden Normen im Eilverfahren keine höheren Leistungen zugesprochen werden. Eine mögliche Verfassungswidrigkeit des § 3 Abs. 2 AsylbLG rechtfertigt somit nicht den Erlass einer einstweiligen Anordnung. Den Gerichten ist es zudem nicht gestattet, den zuständigen Träger allein auf Grundlage des Verfassungsrechtes zu Leistungen zu verurteilen. Die Konkretisierung des Grundrechtes auf ein menschenwürdiges Existenzminimum ist nämlich allein dem parlamentarischen Gesetzgeber vorbehalten. Allein er muss nämlich entscheiden, wie er das Existenzminimum durch Geld-, Sach- oder Dienstleistungen sichert. [...]