Die Regelbedarfsätze aus § 20 Abs. 4 SGB II gelten nicht für gemischte Bedarfsgemeinschaften aus SGB II-Empfängern und Empfängern von § 3 AsylbLG. Dies hat sich auch nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Verfassungswidrigkeit der Leistungssätze gem. § 3 AsylbLG vom 18.07.2012 nicht geändert.
[...]
a. Die Antragstellerin hat einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Dieser folgt aus § 20 Abs. 2 Satz 1 SGB II. Danach beträgt der Regelbedarf für Personen, die allein stehend oder allein erziehend sind oder deren Partner minderjährig ist, seit monatlich 374,- Euro.
Der Antragsgegner geht zu Unrecht von der Anwendbarkeit von § 20 Abs. 4 SGB II aus. Danach ist als Regelbedarf für jede volljährige Person einer Bedarfsgemeinschaft ein Regelbedarf in Höhe von monatlich 338,- Euro anzuerkennen. Diese Norm ist nach der Überzeugung der erkennenden Kammer nicht auf Fälle anzuwenden, in denen Leistungsbezieher nach dem SGB II in einer Bedarfsgemeinschaft mit Leistungsbeziehern nach dem AsylbLG leben. Das Bundessozialgericht - BSG - (Az.: B 14 AS 171/10 R) hat hierzu überzeugend aufgeführt:
"Andere Personengruppen, die ihren Lebensunterhalt ebenfalls nicht aus eigener finanzieller Kraft decken können, stehen z.B. Leistungen nach dem SGB XII oder dem AsylbLG zur Verfügung. Ziel des SGB II ist aber nur die Sicherung des Lebensunterhalts für nach dem SGB II leistungsberechtigte Personen. Dementsprechend kann § 20 Abs. 3 Satz 1 SGB II [Anm.: jetziger § 20 Abs. 4 SGB II] grundsätzlich nur Konstellationen erfassen, in denen beide volljährige Angehörige der Bedarfsgemeinschaft dem Leistungssystem des SGB II unterfallen. Eine analoge Anwendung von § 20 Abs. 3 Satz 1 SGB II auf nicht erwerbsfähige Hilfebedürftige, die mit Partnern in einer Bedarfsgemeinschaft leben, kommt jedoch, wie das BSG bereits entschieden hat (vgl. BSG Urteil vom 16.10.2007 - B 8/9b SO 2/06 R - BSGE 99, 131 = SozR 4-3500 § 28 Nr. 1, RdNr 19), bei einer Anspruchsberechtigung nach dem SGB XII in Betracht. Im Fall einer "gemischten Bedarfsgemeinschaft" zwischen einem Leistungsberechtigten nach dem SGB II mit einem nach dem SGB XII leistungsberechtigten Partner sind die Regelungen nach dem SGB XII lückenhaft. Auf gemischte Bedarfsgemeinschaften, in denen kein Anspruch auf jeweils 90 vH der Regelleistung nach § 20 Abs. 2 SGB II besteht, wie dies bei der hier vorliegenden Bedarfsgemeinschaft zwischen einem nach SGB II Leistungsberechtigten und einem Leistungsberechtigten nach § 3 AsylbLG der Fall ist, ist dagegen § 20 Abs 3 Satz 1 SGB II nicht anwendbar.
bb) Die genannte Norm ist auch nicht entsprechend heranzuziehen. Eine analoge Anwendung eines Gesetzes auf gesetzlich nicht umfasste Sachverhalte kommt nur in Betracht, wenn die Regelung wegen der Gleichheit der zugrunde liegenden Interessenlage auch den nicht geregelten Fall hätte einbeziehen müssen. Wegen der Vorrangigkeit des gesetzgeberischen Willens gegenüber der richterlichen Rechtsetzung ist für eine Analogie schon dann kein Raum, wenn es nur zweifelhaft erscheint, ob die verglichenen Sachverhalte nicht doch derart unterschiedlich sind, dass durch eine Gleichstellung die gesetzliche Wertung in Frage gestellt würde (BSG Urteil vom 27.1.1987 – 6 RKa 28/86 - BSGE 61, 146, 147 m SozR 2200 § 368h Nr. 4).
Nach der Konzeption des SGB II sollen Asylbewerber und ausreisepflichtige geduldete Personen als Leistungsberechtigte nach dem AsylbLG keine Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende erhalten. Der Gesetzgeber hat mit dem AsylbLG für den betroffenen Personenkreis ein besonderes Sicherungssystem geschaffen, das eigenständige und abschließende Regelungen zur Sicherung des Lebensunterhalts enthält (vgl. BT-Drucks 15/1618 S. 62). Systemprägend im Asylbewerberleistungsrecht ist die konkret-individuelle Bedarfsdeckung durch Sachleistungen (§ 3 Abs. 1 Satz 3 AsylbLG; vgl. Frerichs in jurisPK-SGB XII, § 3 AsylbLG RdNr. 30). Wegen der Abhängigkeit vom konkreten Bedarf des Leistungsberechtigten lässt sich ein der pauschalierten Regelleistung vergleichbarer monatlicher Wert der Leistungen nicht feststellen. Selbst wenn - wie im vorliegenden Fall - die Hilfe nach dem AsylbLG als Geldleistung gewährt wird, führt dies nicht zu einer Vergleichbarkeit der Regelungen des SGB II und des AsylbLG. Dies folgt daraus, dass die Beträge des § 3 Abs. 2 Satz 2 AsylbLG weder mit noch ohne Taschengeld gemäß § 3 Abs. 1 Satz 4 AsylbLG einen im Vergleich zum SGB II identischen Prozentsatz abbilden. Eine Gleichbehandlung von zwei nach dem SGB II leistungsberechtigten Partnern mit zwei Partnern, von denen einer nach dem AsylbLG anspruchsberechtigt ist, entspricht dem gesetzgeberischen Gesamtkonzept erkennbar nicht." (zitiert nach jurls, Rn. 20 ff.).
Diesen Erwägungen schließt sich die erkennende Kammer vollumfänglich an. Insbesondere dürfte der Wortlaut des § 20 Abs. 4 SGB II eindeutig klarstellen, dass die Vorschrift nur auf Bedarfsgemeinschaften anwendbar ist, die aus zwei nach dem SGB II leistungsberechtigten Personen bestehen (so auch bereits SG Bremen, Beschluss vom 20.05.2011, Az.: 8 28 AS 775/11 ER). Für eine Analogie ist aus oben zitierten Gründen kein Raum mehr. Das Gericht hat insbesondere zur Kenntnis genommen, dass gemäß des Bescheids vom 7. September 2012 der zugesprochene Betrag nach dem AsylbLG trotz Anlehnung an die Regelsätze nach dem SGB XII nicht dem Betrag der pauschalierten Regelleistung nach dem SGB II entspricht.
Dementsprechend steht der Antragstellerin hier der volle Regelbedarf aus § 20 Abs. 2 Satz 1 SGB II zu und ist entsprechend der Leistungsberechnung zugrunde zu legen.
(b.) Der Anordnungsgrund folgt aus der existenzsichernden Funktion der Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II. [...]