Eine Überstellung nach Italien nach der Dublin II-Verordnung ist besonders schutzwürdigen Personen (vorliegend Gesundheitszustand), nicht ohne weiteres zuzumuten. Das Bundesamt muss eine Ermessensentscheidung treffen, ob die Bundesrepublik Deutschland die Verantwortung für ein den besonderen Schutzbedürfnissen des Betroffenen gerecht werdendes Asylverfahren übernimmt.
[...]
Entgegen der Auffassung der Beklagten bietet die dem Kläger gestellte Diagnose eine hinreichend tragfähige Grundlage für die nach Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO zu treffende (Ermessens-) Entscheidung, [die] ob die Bundesrepublik Deutschland die Verantwortung für ein den besonderen Schutzbedürfnissen des Klägers gerecht werdendes Asylverfahren übernimmt. Ob die in diesem Verfahrensstadium festgestellte Erkrankung tatsächlich eine posttraumatische Belastungsstörung ist und zu einer Anerkennung zumindest nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG führt, muss dem noch durchzuführenden Asylverfahren vorbehalten bleiben. Nur höchst vorsorglich weist das Gericht darauf hin, dass die Beklagte das von ihr bislang noch nicht ausgeübte Ermessen nach Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO nicht ohne Rücksicht auf die Behandlungsmöglichkeiten und die eventuellen Folgen eines Abbruchs bereits eingeleiteter Heilungsmaßnahmen wird ausüben dürfen. Ob insoweit bereits eine Ermessensreduzierung auf Null vorliegt, wird auch mit Blick auf die Ausführungen des zitierten Facharztes zu erwägen sein, muss hier aber nicht entschieden werden.
Die Beklagte wird aus humanitärer Verantwortung eine bewusste Entscheidung zur Ausübung ihres Selbsteintrittsrechts treffen müssen, da die Versorgung besonders schutzbedürftiger Personen im Rahmen des in Italien durchgeführten Asylverfahrens im vorgenannten Sinne systemisch mangelhaft ist. Nach den nicht fraglichen Feststellungen des UNHCR ist diese Versorgung "häufig unzureichend" (Auskunft des UNHCR an das VG Braunschweig vom 24.04.2012, S. 4 zu vii). Der UNHCR führt diese Unzulänglichkeiten auf die mangelnde Koordination zwischen den verschiedenen Beteiligten, auf Mängel in der rechtlichen, sozialen und logistischen Unterstützung sowie auf ein ungenügendes System zur Weiterleitung besonders schutzbedürftiger Personen zurück und sieht sie auch darin begründet, dass nicht genug Einrichtungen vorhanden sind, die den besonderen Bedürfnissen dieser schutzbedürftigen Personen gerecht werden können.
Da die Beklagte über ihr Selbsteintrittsrecht noch nicht ermessensgerecht entschieden hat, muss auch die angeordnete Abschiebung nach Italien (Regelung zu 2. des angefochtenen Bescheids) aufgehoben werden. [...]