LG Traunstein

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Zitieren als:
LG Traunstein, Beschluss vom 15.07.2014 - 4 T 2532/14 - asyl.net: M22094
https://www.asyl.net/rsdb/M22094
Leitsatz:

Wird eine erhebliche Fluchtgefahr im Sinne des Art. 28 Dublin III-VO nicht dargelegt, ist eine Haftanordnung aufzuheben.

Schlagwörter: Dublinverfahren, Dublin III-Verordnung, Überstellung, Zurückschiebung, Italien, Fluchtgefahr, Entziehungsabsicht, Abschiebungshaft, Zurückschiebungshaft, Haftanordnung,
Normen: AufenthG § 58 Abs. 2 S. 1 Nr. 1, VO 604/2013 Art. 28,
Auszüge:

[...]

2. Die Beschwerde des Betroffenen gegen den Beschluss des Amtsgerichts Rosenheim vom 23.06.2014 ist begründet.

a) Der Betroffene ist aufgrund einer unerlaubten Einreise vollziehbar ausreisepflichtig (§ 58 Abs. 2 Satz 1 Nr.1 AufenthG). Seine Einreise war unerlaubt, da er den erforderlichen Pass nach § 3 AufenthG oder Aufenthaltstitel nach § 4 AufenthG nicht besaß (§ 14 Abs. 1 AufenthG). Er war bei seiner Einreiste aus Österreich am 22.06.2014 nicht im Besitz von Ausweisdokumenten, welche seine Einreise und seinen Aufenthalt im Bundesgebiet legalisieren würden.

b) Die Haftanordnung des Amtsgerichts Rosenheim war aufzuheben, da eine erhebliche Fluchtgefahr im Sinne des Art. 28 Dublin-III-Verordnung durch die beteiligte Behörde nicht dargelegt wurde. Da die Anordnung der Haft zum Zwecke der Überstellung des Betroffenen nach Italien nach der Dublin-III-Verordnung beantragt wurde, darf Haft nicht allein deshalb verhängt werden, weil der Betroffene dem durch die Dublin-III-Verordnung festgelegten Verfahren unterliegt (Art. 28 Abs. 1), sondern nur wenn erhebliche Fluchtgefahr besteht (Art. 28 Abs. 2).

Der Umstand, dass der Betroffene bereits vor kurzem, nämlich am 18.1.2014, nach Italien zurückgeschoben wurde und bereits am 22.06.2014 erneut unerlaubt nach Deutschland eingereist ist, lässt für sich genommen nicht den Schluss zu, dass er sich einer erneuten Zurückschiebung entziehen würde. Wie sich aus dem vorgelegtem Rückführungsersuchen des Landkreises Oherhavel vom 27.05.2014 an das Bundespolizeipräsidium Koblenz ergibt, lag zum damaligen Zeitpunkt keine Haftanordnung vor. Der Betroffene hat sich also damals offensichtlich der Zurückschiebung gestellt. Es ist nicht ersichtlich, warum er sich jetzt dem widersetzen sollte. Die Fluchtgefahr kann entgegen der Ansicht der beteiligten Behörde auch nicht dem Umstand entnommen werden, dass die Rückführung des Betroffenen am 18.06.2014 begleitet durchgeführt wurde. Daraus kann nicht geschlossen werden, dass der Betroffene sich nicht an behördliche Anweisungen hält. Wie sich aus dem vorliegenden Gesprächsvermerk einer Mitarbeiterin des Landrates des Landkreise Oberhavel vom 17.10.2013 ergibt, hat sich der Betroffene damals dort über seinen Zimmernachbarn in der Einrichtung beschwert und angekündigt, diesen zu töten, falls er ihn erneut beleidigen würde. Offensichtlich wurde der Betroffene aufgrund dieses Vorfalles von der Ausländerbehörde als aggressiv eingestuft und deshalb die Zurückschiebung begleitet durchgeführt. Für die Frage der Fluchtgefahr kann dieser Vorfall jedoch nicht herangezogen werden. [...]