Die Verhältnisse, denen anerkannte Flüchtlinge und subsidiär Geschützte in Bulgarien ausgesetzt sind, sind schwierig. Sie erreichen gegenwärtig jedoch kein derartiges Mindestmaß an Schwere, dass eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne von Art. 3 EMRK vorliegt. Dies gilt zumindest Antragsteller, die nicht zur Gruppe der besonders schutzbedürftigen Flüchtlinge gehören.
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Bulgarien ist nach dem in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes anzulegenden Prüfungsmaßstab als Mitgliedstaat der Europäischen Union jedenfalls für die Fälle des Antragstellern zuerkannten subsidiären Schutzes - dem Antragsteller ist nach der Mitteilung der bulgarischen Behörde an das Bundesamt vom 2. September 2014 am 14. Dezember 2013 subsidiärer Schutz zuerkannt worden ("subsidiary protection") - ein sicherer Drittstaat im Sinne von Art. 16a Abs. 2 Satz 1 GG, § 26a AsylVfG.
Der vorgenannten Verfassungsnorm liegt das "Konzept der normativen Vergewisserung" über die Sicherung im Drittstaat zugrunde. Die normative Vergewisserung hat zum Gegenstand, dass der Drittstaat einem Betroffenen, der sein Gebiet als Flüchtling erreicht hat, den nach der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK), der Konvention zum Schutze der Menschenrechte (EMRK) und der Grundfreiheiten gebotenen Schutz vor politischer Verfolgung und anderen ihm im Herkunftsstaat drohenden schwerwiegenden Beeinträchtigungen seines Lebens, seiner Gesundheit oder seiner Freiheit gewährt. Damit entfällt das Bedürfnis, ihm Schutz in der Bundesrepublik Deutschland zu bieten. Die Mitgliedstaaten der Europäischen Union gelten kraft Entscheidung der Verfassung als sicher (vgl. Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Urteil vom 14. Mai 1996 - 2 BvR 1938/93 - 2 BvR 2315/93 -, Juris, Rdnr. 181).
Dieses nationale Konzept steht im Einklang mit dem hinter der Schaffung eines Gemeinsamen Europäischen Asylsystems stehenden "Prinzip des gegenseitigen Vertrauens". [...]
Davon ausgehend kann von einem "sicheren Drittstaat" nur dann nicht die Rede sein, wenn sich aufgrund bestimmter Tatsachen aufdrängt, dass der Ausländer von einem Sonderfall betroffen ist, der von dem "Konzept der normativen Vergewisserung" bzw. von dem "Prinzip des gegenseitigen Vertrauens" nicht aufgefangen wird (vgl. EuGH, Urteile vom 14. November 2013 - C-4/11 -, Juris, Rdnrn. 34f., vom 10. Dezember 2013 - C-394/12 -, Juris, Rdnrn. 52 f. sowie BVerfG, Urteil vom 14. Mai 1996, a.a.O., Juris, Rdnr. 189.
Von einem solchen Fall ist nach der vorgenannten Rechtsprechung dann auszugehen, wenn es ernst zu nehmende und durch Tatsachen gestützte Gründe dafür gibt, dass in dem Mitgliedstaat, in den abgeschoben werden soll, in verfahrensrechtlicher oder materieller Hinsicht nach aktuellen Erkenntnissen kein hinreichender Schutz gewährt wird. Der Bezugspunkt für die Beurteilung des hinreichenden Schutzes hängt davon ab, ob der Ausländer bereits einen Schutzstatus in dem Land, in das er abgeschoben werden soll, erhalten hat oder nicht. Nur in letzterem Fall ist darauf abzustellen, ob das Asylverfahren und/oder die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber im zuständigen Mitgliedstaat systemische, dem ersuchenden Mitgliedstaat nicht unbekannte Mängel aufweisen, die für den Ausländer eine tatsächliche Gefahr begründen, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung in dem ersuchten Mitgliedstaat im Sinne von Art. 4/Art. 19 Abs. 2 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (Grundrechtecharta) beziehungsweise dem inhaltsgleichen Art. 3 EMRK ausgesetzt zu sein (vgl. EuGH, Urteile vom 14. November 2013 - C-4/11-, Rdnr. 34 f., Juris, vom 21. Dezember 2011, a.a.O., Rdnrn. 84 ff.).
Hat der betroffene Ausländer indessen - wie hier - bereits einen Schutzstatus erhalten, ist darauf abzustellen, ob der gebotene Inhalt des jeweiligen Schutzstatus hinreichend eingehalten wird oder ob ein Verstoß gegen die GFK vorliegt bzw. für den Inhaber des Schutzstatus eine tatsächliche Gefahr besteht, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung in dem ersuchten Mitgliedstaat im Sinne von Art. 4, Art. 19 Abs. 2 Grundrechtecharta bzw. dem inhaltsgleichen Art. 3 EMRK ausgesetzt zu sein. Die zur Frage der Ausgestaltung des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in Bulgarien ergangene Rechtsprechung und die dazu dem Gericht vorliegenden Berichte etwa von UNHCR und von amnesty international sind insoweit nicht heranzuziehen. Sie betreffen in erster Linie die Einhaltung der Mindeststandards für Asylbewerber und die Ausgestaltung des Asylverfahrens, also den Zugang zum Asyl bzw. Flüchtlingsschutz bzw. die Durchführung des Verfahrens, nicht aber die Umsetzung des gewährten internationalen Schutzes.
Nach der gebotenen und nur möglichen summarischen Prüfung zu dem für die Entscheidung nach § 77 Abs. 1 AsylVfG maßgeblichen Zeitpunkt ist nicht zu erkennen, dass die Verhältnisse in Bulgarien unter dem unionsrechtlich vorgesehenen und gewährleisteten Schutz zurückbleiben.
Bei der Feststellung der tatsächlichen Verhältnisse in einem "sicheren Drittstaat" kommt den Stellungnahmen des UNHCR hervorgehobene Bedeutung zu (vgl. EuGH, Urteil vom 30. Mai 2013 - C-528/11 -, Rdnr. 44, Juris). In seinem aktuellen Bericht vom April 2014, der eine Fortschreibung der Situation zwischen dem 1. Januar und dem 31. März 2014 darstellt, hält UNHCR ausdrücklich die noch im Januar 2014 ausgesprochene Empfehlung, generell von einer Überstellung nach Bulgarien abzusehen, nicht mehr aufrecht (vgl. UNHCR, Observations on the Current Situation of Asylum in Bulgaria, Stand: April 2014, Ziff. 2.7 (Seite 12). UNHCR schildert in diesem Bericht Schwierigkeiten anerkannter Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigter. Es bestehe eine Lücke bei der Gesundheitsversorgung in der Zeit zwischen Anerkennung als Flüchtling oder subsidiär Schutzberechtigtem aufgrund der Änderung ihres Status im System. Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte hätten wie die bulgarischen Staatsangehörigen einen monatlichen Beitrag von umgerechnet 8,70 EUR für die Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung zu zahlen; Medikamente und psychologische Betreuung seien nicht eingeschlossen. Es wird von Schwierigkeiten berichtet, eine gesicherte Beschäftigung zu erlangen. Neben der schwierigen wirtschaftlichen Situation seien strukturelle Hindernisse wie etwa die fehlende Anerkennung von Vorkenntnissen zu überwinden. Es fehle an gezielter Unterstützung. Außerdem ermangele es an geeignetem und bezahlbarem Wohnraum. Auch die für eine erfolgreiche Integration erforderliche Bildung der Schutzberechtigten, insbesondere der Kinder, sei verbesserungswürdig. UNHCR hat in dem vorgenannten Bericht darauf hingewiesen, dass er die Weiterentwicklung in Bulgarien beobachten werde (vgl. UNHCR, a.a.O., Ziff. 5 a.E. (Seite 17). Eine Fortschreibung jenes Berichts ist indessen, soweit ersichtlich, bis zum maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts nicht erfolgt.
Soweit die GFK für anerkannte Schutzberechtigte Wohlfahrtsregelungen enthält (Art. 20 f. GFK), die vom anerkennenden Drittstaat zu beachten und vom Konzept der normativen Vergewisserung mit umfasst sind, gehen diese im Wesentlichen über Diskriminierungsverbote gegenüber den jeweiligen Inländern nicht hinaus. Die GFK verpflichtet den Drittstaat zur Inländergleichbehandlung (vgl. Art. 23, 24 GFK). Letztere ist nach den aktuellen, vorstehend dargestellten Erkenntnissen gegeben. Eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung der Antragsteller im Sinne von Art. 3 EMRK ist ebenfalls nicht ersichtlich.
Der Inhalt des internationalen Flüchtlingsschutzes wird unionsrechtlich vorgegeben durch die Regelungen in Art. 20 bis 35 der Richtlinie 2011/95/EU. Es gelten einheitliche Vorgaben etwa für die Erteilung des Aufenthaltstitels (Art. 24) und der Reisedokumente (Art. 25). Einem anerkannten Schutzberechtigten stehen hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung (Art. 26), zu Bildung (Art. 27), zum Erhalt von Sozialhilfeleistungen (Art. 29) und medizinischer Versorgung (Art. 30) dieselben Rechte wie den jeweiligen Staatsangehörigen zu. Danach ist im Hinblick auf Bulgarien zwar festzustellen, dass die Lebensbedingungen (auch) für Personen mit zuerkannter Flüchtlingseigenschaft oder subsidiärem Schutzstatus dort nach den vorliegenden Erkenntnissen sehr schwierig sind. Weder ist aber eine Verletzung der in Art. 26 f. der Richtlinie 2011/95/EU vorgesehenen Gleichbehandlungsgebote erkennbar noch herrschen in Bulgarien derart handgreiflich eklatante Missstände, die die Annahme rechtfertigen, anerkannte Flüchtlinge bzw. subsidiär Schutzberechtigte würden einer erniedrigenden oder unmenschlichen Behandlung ausgesetzt und den Antragstellern müsste unabweisbar Schutz gewährt werden. Eine solche Behandlung muss vielmehr ein Mindestmaß an Schwere erreichen, um als unmenschlich oder erniedrigend im Sinne von Art. 3 EMRK zu gelten. Dieses Mindestmaß erreichen die Verhältnisse, denen anerkannte Flüchtlinge bzw. subsidiär Schutzberechtigte in Bulgarien ausgesetzt sind, derzeit nach vorstehenden Erkenntnissen des UNHCR nicht (vgl. zu allem auch: VG Düsseldorf, Beschluss vom 23. Oktober 2014 - 17 L 2379/14.A -, Juris).
Das Verbot der unmenschlichen Behandlung in Art. 4 Grundrechtecharta und Art. 3 EMRK verpflichtet die Mitgliedstaaten nicht, jede Person innerhalb des eigenen Zuständigkeitsbereichs mit einem Obdach zu versorgen (vgl. EGMR, Beschluss vom 2. April 2013 - application no. 27725/10 -, Rdziff. 70, Juris). Sie begründen keine allgemeine Pflicht, Flüchtlingen finanzielle Unterstützung zu bieten, um ihnen einen bestimmten Lebensstandard zu ermöglichen. Ausländern, die von einer Überstellung betroffen sind, gewähren die genannten Regelungen grundsätzlich keinen Anspruch mit dem Ziel, in einem Mitgliedstaat zu verbleiben, um dort weiterhin von medizinischer, sozialer oder anderweitiger Unterstützung oder Leistung zu profitieren. Wenn keine außergewöhnlichen zwingenden humanitären Gründe vorliegen, die gegen eine Überstellung sprechen, ist allein die Tatsache, dass die wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse bedeutend geschmälert würden, falls ein Antragsteller überstellt werden würde, nicht ausreichend, einen Verstoß gegen die zuletzt genannten beiden Vorschriften zu begründen (vgl. EGMR, a.a.O., Ziffern 70 und 71).
Der Antragsteller muss sich daher auf den in Bulgarien für alle bulgarischen Staatsangehörigen geltenden Versorgungsstandard verweisen lassen, auch wenn dieser Standard dem hiesigen Niveau nicht entspricht.
Der Antragsteller gehört nicht zu einer gegebenenfalls besonders schutzbedürftigen Personengruppe, so dass nicht aus diesem Grunde von einer Überstellung nach Bulgarien abzusehen ist. Zwar kann es im Einzelfall aus individuellen, in der Person des Antragstellers liegenden und damit vom "Konzept der normativen Vergewisserung" bzw. dem "Prinzip des gegenseitigen Vertrauens" von vornherein nicht erfassten Gründen geboten sein, von Überstellungen in den anderen Mitgliedstaat abzusehen. Ein solcher Ausnahmefall kann vorliegen, wenn es sich um Personen mit besonderen Bedürfnissen gemäß Art. 20 Abs. 3 der Richtlinie 2011/95/EU handelt und sie gemäß Art. 20 Abs. 4 der v. g. Richtlinie nach einer Einzelfallprüfung entsprechend eingestuft wurden.
Derartige Gründe sind nicht ersichtlich. [...]