Sozialhilfeempfänger sind von der Zuzahlungspflicht zur Krankenbehandlung in Mazedonien befreit. Dies gilt allerdings nicht für die Eigenanteilzahlungen für Medikamente.
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Das Gericht folgt allerdings nicht der Auffassung des Bundesamtes, dass in der Person der Antragstellerin nach der im Eilverfahren gebotenen Prüfung Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen. Insoweit bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtsauffassung des Bundesamtes. Diese begründen sich wie folgt:
Das Gericht hat keine Zweifel, dass die bei der Antragstellerin nachgewiesenen Erkrankungen in Mazedonien grundsätzlich behandelbar sind.
Grundsätzlich müssen Arbeitnehmer für Krankenbehandlungen Zuzahlungen leisten. Psychiatriepatienten sind von der Zuzahlungspflicht gänzlich befreit, ebenso entfallen für Kinder Eigenanteile. Sozialhilfeempfänger sind von Eigenanteilleistungen bei Krankenbehandlungen befreit. Dies gilt jedoch nicht für Eigenanteilzahlungen für Medikamente (vg1. Ad-hoc-Teilbericht des Auswärtigen Amtes über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien vom 19.01.2011). Das Gericht geht deshalb davon aus, dass die Antragstellerin, die notwendigen Krankenbehandlungen sowohl ambulant als auch stationär ohne eigene Zuzahlungspflicht erlangen kann. Dies gilt jedoch nicht für die vielfältigen, bei ihrer Entlassung aufgeführten Medikamente. Ausweislich des Berichtes des Universitätsklinikums Jena vom 21.10.2014 sind abgesehen von der bei Entlassung notwendigen Milchsondennahrung eine erhebliche Anzahl von Medikamenten regelmäßig (7) bzw. bei Bedarf (4) notwendig. Für all diese Medikamente würden dann Eigenanteilzahlungen fällig werden. Die Höhe der Eigenanteilleistungen all dieser Medikamente lässt sich weder der Behördenakte noch den Erkenntnisquellen entnehmen, da diese prozentual vom Verkaufspreis der Medikamente berechnet werden. Das Gericht legt die Ausführungen im Ad hoc-Teilbericht des Auswärtigen Amtes über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien vom 19.01.2011 sowie die Ausführungen der Schweizerischen Flüchtlingshilfe in ihrem Bericht "Mazedonien: Medizinische Pflege- und Krankenversicherung für körperlich Behinderte" vom 23.08.2012 dahingehend aus, dass die Zuzahlungen, die von den Eltern der Antragstellerin zu tragen wären, auf 20 % des Verkaufspreises der Medikamente zu beziffern sind, wobei die Schweizerische Flüchtlingshilfe in diesem Zusammenhang ausführt, dass Versicherte häufig Medikamente in Krankenhäusern bar bezahlen müssten, obwohl diese in der Theorie direkt bei der Krankenkasse abgerechnet werden sollten und die Rückvergütung durch die Krankenkasse dann nur sehr langsam und oft in kleineren Summen ausgezahlt werde. Selbst unter Berücksichtigung der Ausführungen des Auswärtigen Amtes im zitierten Lagebericht, wonach Medikamente in der Regel günstiger seien als in Westeuropa, ergibt sich somit ein regelmäßiger finanzieller Bedarf für die Eltern der Antragstellerin.
Es bedarf deshalb im Hauptsacheverfahren eingehender Ermittlungen zum einen, wie hoch die Eigenanteilszahlungen für die notwendigen Medikamente für die Antragstellerin in Mazedonien sind und zum anderen, ob die Eltern ihr Einkommen durch ihre Arbeitstätigkeit erzielen können, ggf. in welcher Höhe sie Sozialhilfe beanspruchen können und ob ggf. diese die Eigenanteilszahlungen abdecken können.
Weder aus den Folgeverfahren der Eltern der Antragstellerin noch aus deren Erstverfahren ergeben sich Hinweise auf deren konkretes Einkommen in Mazedonien. Die Mutter der Antragstellerin gab zwar im Erstverfahren an, in Mazedonien bis 3 Monate vor ihrer Ausreise schwarz gearbeitet zu haben. Diese Arbeit habe sie jedoch wegen der Probleme ihres Mannes aufgeben müssen. Der Vater der Antragstellerin gab an, seine Geschäfte aufgegeben zu haben, da diese sich nicht mehr lohnten. Ggf. wäre zu klären, ob sie in Mazedonien Sozialhilfe erhalten haben, in welcher Höhe und ob die zu ermittelten Eigenanteilszahlungen dadurch zu begleichen wären.
Es bestehen somit ernstliche Zweifel an der Entscheidung des Bundesamtes, denn eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib und Leben der Antragstellerin kann bei einer Rückkehr nach Mazedonien nach derzeitigem Erkenntnisstand nicht ausgeschlossen werden (§ 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG). [...]