VGH Hessen

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Zitieren als:
VGH Hessen, Beschluss vom 25.03.2015 - 5 A 45/14.Z - asyl.net: M22840
https://www.asyl.net/rsdb/M22840
Leitsatz:

Kosten einer rechtswidrigen Abschiebehaft können nicht gemäß § 66 Abs. 1 AufenthG geltend gemacht werden, wobei dies auch für die durch die Anordnung der Haft kausal hervorgerufenen Transportkosten gilt.

Schlagwörter: Kosten, Abschiebungshaft, Freiheitsentziehung, Belehrung, Wiener Übereinkommen über konsularische Beziehungen, Auslandsvertretung, Botschaft, Belehrung, Unterrichtung der konsularischen Vertretung des Heimatstaats, Rechtswidrigkeit, Haftkosten, konsularische Vertretung, Transportkosten,
Normen: WÜK Art. 36 Abs. 1 Bst. b, AufenthG § 66 Abs. 1,
Auszüge:

[...]

Der auf die Abweisung der Klage gegen die Geltendmachung der Kosten der Abschiebehaft sowie der Transportkosten in die Haft und aus der Haft zum Flughafen beschränkte Antrag auf Zulassung der Berufung ist zulässig und auch begründet. Die Ausführungen des Klägerbevollmächtigten zum Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) wecken auch beim Senat derartige Zweifel. [...]

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 16. Oktober 2012 - 10 C 6.12 -, BVerwGE 144, 326 = NVwZ 2013, 277), der auch der Senat folgt, setzt die Inanspruchnahme eines Ausländers für die Kosten der Abschiebehaft die Rechtmäßigkeit dieser Haft voraus. Nach Art. 36 Abs. 1 b WÜK haben die zuständigen deutschen Behörden im Fall der Festnahme eines Ausländers, seiner Verbringung in Straf- oder Untersuchungshaft oder anderweitigen Freiheitsentziehung die konsularische Vertretung seines Heimatstaats auf dessen Verlangen unverzüglich zu unterrichten und jede von dem Betroffenen an die konsularischen Vertretung gerichtete Mitteilung unverzüglich weiterzuleiten. Über seine Rechte nach dieser Bestimmung müssen die Behörden den Betroffenen unverzüglich unterrichten. Die Belehrung obliegt dabei nicht der Ausländerbehörde, sondern ausschließlich dem die Haft anordnenden Richter. Das Gericht, das die Inhaftierung anordnet, hat deshalb neben der Belehrung des Betroffenen sicherzustellen, dass deren Beachtung nachvollziehbar sein und daher aktenkundig gemacht werden muss. Die Belehrung des Betroffenen, seine Reaktion hierauf und die unverzügliche Unterrichtung der konsularischen Vertretung (sofern verlangt) sind zu dokumentieren. Unterbleibt dies, kann nicht festgestellt werden, dass die Verfahrensgarantien des Wiener Übereinkommens gewahrt worden sind. Dies wirkt zu Gunsten des Betroffenen (vgl. dazu insgesamt: BGH, Beschluss vom 18. November 2010 - V ZB 165/10 -, InfAuslR 2011, 119).

Hier lässt sich nicht feststellen, dass die Belehrung des Klägers über seine Rechte nach Art. 36 Abs. 1 b WÜK durch das Amtsgericht vor Anordnung seiner Haft erfolgt ist. Ob - wovon das Verwaltungsgericht ausgegangen ist - die Belehrung zuvor durch die Polizei ausreichend gewesen sein kann, kann der Senat letztlich offen lassen, da auch insoweit in den Vermerken eine Dokumentierung der Reaktion des Klägers auf die Belehrung unterblieben ist. Damit ist die Anordnung der Abschiebehaft bereits aus diesem Grund nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs rechtswidrig. Allerdings geht der Senat aufgrund der oben zitierten Rechtsprechung davon aus, dass die Belehrung durch den Richter vor der Anordnung der Haft zu erfolgen hat. Aufgrund der Rechtswidrigkeit der Abschiebungshaft können deshalb deren Kosten nicht gemäß § 66 Abs. 1 AufenthG geltend gemacht werden. Gleiches gilt für die durch die Anordnung der Haft kausal hervorgerufenen Transportkosten. [...]