LG Frankfurt a.M.

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Zitieren als:
LG Frankfurt a.M., Beschluss vom 19.05.2015 - 2-29 T 95/15 - asyl.net: M22910
https://www.asyl.net/rsdb/M22910
Leitsatz:

Ein Haftantrag muss konkrete Angaben zur Durchführbarkeit der Abschiebung innerhalb der beantragten Haftdauer enthalten. Es ist anzugeben, innerhalb welchen Zeitraums eine Abschiebung in das jeweilige Land (hier: Belgien) zu erwarten ist. Fehlt es daran, ist der Haftbeschluss aufzuheben.

Schlagwörter: Haftbeschwerde, Haftantrag, zulässig, Durchführbarkeit, Begründungserfordernis, Dublinverfahren, Haftdauer, Durchführbarkeit der Abschiebung, Abschiebungshaft, Sicherungshaft,
Normen: FamFG § 417 Abs. 2 S. 2 Nr. 3, FamFG § 417 Abs. 2 S. 2 Nr. 4,
Auszüge:

[...]

Bereits der Haftantrag der beteiligten Behörde vom 07.05.2015 entspricht nicht den gesetzlichen Anforderungen und wurde auch nicht mit Wirkung für die Zukunft durch den amtsgerichtlichen Haftbeschluss geheilt.

Das Vorliegen eines zulässigen Haftantrags ist eine in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfende Verfahrensvoraussetzung. Zulässig ist der Haftantrag der beteiligten Behörde nur, wenn er den gesetzlichen Anforderungen an die Begründung entspricht. Erforderlich sind Darlegungen zu der zweifelsfreien Ausreisepflicht, zu den Abschiebungsvoraussetzungen, zu der Erforderlichkeit der Haft, zu der Durchführbarkeit der Abschiebung und zu der notwendigen Haftdauer. Zwar dürfen die Ausführungen zur Begründung des Haftantrags knapp gehalten sein, sie müssen aber die für die richterliche Prüfung des Falls wesentlichen Punkte ansprechen. Fehlt es daran, darf die beantragte Sicherungshaft nicht angeordnet werden (vgl. BGH Beschl. v. 15.01.2015 - V ZB 165/13).

Der behördliche Haftantrag vom 07.05.2015 genügt nicht den Anforderungen des § 417 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3, 4 FamFG. Die vorgenannte Vorschrift erfordert die Darlegung von Tatsachen zu der Durchführbarkeit der Abschiebung innerhalb der beantragten Haftdauer. Hinsichtlich der Durchführbarkeit der Abschiebung sind auf das Land bezogene Ausführungen erforderlich, in welches der Betroffene abgeschoben werden soll. Anzugeben ist, ob und innerhalb welchen Zeitraums Abschiebungen in das betreffende Land üblicherweise möglich sind (vgl. BGH, Beschluss vom 26.01.2012, Az. V ZB 235/11, m.w.N., zitiert nach juris). Diesen Anforderungen genügt der Antrag vom 07.05. nicht. Die Darlegung von Tatsachen zu der Durchführbarkeit der Abschiebung innerhalb der Haftzeit zur Sicherung der Abschiebung in Form von konkreten Angaben zum (üblicherweise) benötigten Zeitraum zur Abschiebung nach Belgien fehlt gänzlich. Es bleibt völlig danach offen, warum gerade zwei Wochen Abschiebehaft beantragt werden. Auch entsprechende Vergleichsfälle werden nicht angeführt.

Lediglich führt der Haftantrag aus, dass durch die Bundespolizei in Absprache mit den belgischen Behörden abgeklärt werde, zu welchem genauen Datum die Rückführung nach Belgien erfolgen solle. Daraus lässt sich gerade nicht ableiten, warum gerade für die Dauer von zwei Wochen Haft beantragt wurde.

Auch der amtsgerichtliche Haftbeschluss vom 07.05.2015 vermag diesen Mangel nicht zu heilen. Insoweit genügte es nicht, in diesem lediglich auf die - nach Ansicht der Kammer bereits schlicht unzureichenden und unklaren - Ausführungen der Behörde zu verweisen. In dieser vom Amtsgericht angenommenen Klarheit sind die oben genannten Ausführungen im Haftantrag der Behörde gerade nicht zu sehen. [...]