Auch die Familienangehörigen von Konvertiten sind in Afghanistan von Verfolgung und Repressalien bedroht.
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Der Einzelrichter ist davon überzeugt, dass die Klägerin zu 2) aufgrund der Konversion ihres Ehemannes auch selbst Verfolgungshandlungen in Afghanistan ausgesetzt wäre. Dies ergibt sich vornehmlich aus den vorliegenden Erkenntnismitteln. Nach Auskunft des Gutachters Dr. Danesch an das Verwaltungsgericht Braunschweig vom 13. Mai 2004 bringt eine muslimische, afghanische Frau, die einen Nicht-Muslim heiratet, Schande über sich und ihre Familie. Nach Auskunft des Auswärtigen Amtes an das Verwaltungsgericht Hamburg vom 22. Dezember 2004 wären Repressionen selbst gegen Kinder afghanischer Eltern, die vom Islam zum Christentum konvertiert sind, nicht ausgeschlossen. Diese Information bestätigt das Amt in einer Auskunft an das Verwaltungsgericht Bremen vom 7. Mai 2014. In dieser heißt es, selbst der Verdacht der Abkehr vom Islam könne Verfolgungsmaßnahmen begründen. Gefahr drohe dabei oft auch dem familiären und nachbarschaftlichen Umfeld. Von einer Verfolgungsgefahr für Familienangehörige von Konvertiten gehen etwa auch die Verwaltungsgerichte Neustadt (Weinstraße) (Urteil vom 3. August 2005 - 5 K 110/04. NW -, juris) und Augsburg (Urteil vom 18. Januar 2011 - Au 6 K 10.30647 -, juris) aus; siehe auch das Urteil der 7. Kammer des erkennenden Gerichts vom 3. August 2005 (7 A 4142/03, juris). Vor diesem Hintergrund und angesichts des Umstandes, dass es nach § 3b Abs. 2 AsylVfG für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft ausreichend ist, dass die Verfolger dem Ausländer die Verfolgungsmerkmale lediglich zuschreiben, bedarf auch die Klägerin zu 2) hier eines entsprechenden Schutzes. Es kann ihr auch nicht zugemutet werden, sich von ihrem Ehemann zu distanzieren. Die Verfolgungssituation in Afghanistan verschärfend kommt hinzu, dass sie sich in Deutschland für die Verbesserung der Frauenrechtssituation in Afghanistan stark gemacht hat. Letzteres belegen die von ihr eingereichten Flugblätter und Lichtbilder, die sie bei Demonstrationen zeigen. Auch dies würde im Falle des nicht unwahrscheinlichen Bekanntwerdens zu weiteren Anfeindungen führen.
Auch die Klägerin zu 3) ist entsprechend der vorstehenden Ausführungen als Familienmitglied nicht vor Verfolgung in Afghanistan sicher. Ihr war daher ebenfalls die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen. Jedenfalls ergäbe sich ihr Anspruch - nach Rechtskraft der Entscheidung hinsichtlich wenigstens eines ihrer Elternteile - aus § 26 Abs. 5, Abs. 2 AsylVfG.
Es besteht auch im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung für die Kläger keine zumutbare inländische Fluchtalternative, da ihnen die geschilderte Verfolgung landesweit droht. [...]