Im Wege der unionsrechtskonformen Interpretation ist ein zulässiger Grund für Untätigkeit der Behörde im Lichte der Asylverfahrensrichtlinie auszulegen. Danach kann bei einer großen Anzahl von Antragstellern eine Fristverlängerung auf insgesamt 18 Monate möglich sein.
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Eine permanente Überlastung einer Behörde stellt keinen zureichenden Grund im Sinne von § 75 Satz 3 VwGO dar. Wegen des gesetzlichen Auftrags ist es in einem solchen Fall Aufgabe des zuständigen Ministeriums bzw. der Behördenleitung, hinreichende organisatorische Maßnahmen zu treffen bzw. die Behörde in dem erforderlichen Umfang mit Personal auszustatten (vgl. Brenner, in: Sodann/Ziekow, VwGO Großkommentar, § 75 Rn. 52 m.w.N.; Redeker/von Oertzen, VwGO, 16. Aufl. 2014, § 75 Rn. 4.).
Danach kann die gestiegene Zahl an Asylanträgen unter den Umständen des vorliegenden Falles die bis heute unterbliebene Fortsetzung des Asylverfahrens des Klägers nicht rechtfertigen. Es handelt sich nicht nur um eine unvorhersehbare Arbeitsüberlastung von begrenzter Dauer, die einen zureichenden Grund für eine Fristsetzung nach § 75 Satz 3 VwGO darstellen könnte. Die Asylantragszahlen sind ausweislich der Darlegung der Beklagten (vgl. auch BAMF, Aktuelle Zahlen zu Asyl, Ausgabe August 2015, www.bamf.de) seit dem Jahr 2008 (28.018 Erst- und Folgeanträge) kontinuierlich gestiegen, wobei bereits für die Jahre 2012 (77.651 Erst- und Folgeanträge) und 2013 (127.023 Erst- und Folgeanträge) ein ganz erheblicher Anstieg der Asylantragszahlen zu verzeichnen ist. Die Beklagten hat bereits nicht konkret dargelegt, welche Maßnahmen sie hierauf jedenfalls im Jahr 2013 ergriffen hat. In jedem Fall waren sie im Hinblick auf die in der Folgezeit anhaltend hohen Eingangszahlen nicht hinreichend, um die eingehenden Asylverfahren in angemessener Zeit bearbeiten zu können (vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 30. Oktober 2014 - 24 K 992/14.A -, juris, Rn. 16 ff.).
Etwas anderes mag gelten im Hinblick auf den erheblichen Anstieg der Asylantragszahlen im Jahr 2015, da sich insoweit die Zahlen im Vergleich zu dem hohen Stand vom Jahr 2014 zumindest mehr als verdoppelt haben (vgl. BAMF, Aktuelle Zahlen zu Asyl, Ausgabe August 2015, www.bamf.de) und das Bundesamt zugleich gerichtsbekannte Bemühungen entfaltet hat, im Unterschied zu den Vorjahren in großem Stellenumfang Personal zu gewinnen. Folgen kann dies jedoch allenfalls haben für Asylanträge, bei denen die nach § 75 VwGO übliche Bearbeitungsfrist von drei Monaten am Jahresanfang 2015 noch nicht abgelaufen war (vgl. VG Ansbach, Beschluss vom 19. August 2015 - AN 4 K 15.30937 -, juris, Rn. 28). Dies ist hier nicht der Fall, da der Kläger seinen Asylantrag bereits im März 2014 gestellt hat.
Aber auch soweit die gestiegenen Asylantragszahlen eine gewisse Überschreitung der vom Gesetzgeber in § 75 VwGO als üblich vorausgesetzten Bearbeitungsfrist von drei Monaten rechtfertigen mögen, bieten sie keinen zureichenden Grund für jegliche Bearbeitungsverzögerung. Im Wege einer unionrechtskonformen Interpretation des § 75 Satz 3 VwGO ist der zureichende Grund im Licht der Neufassung der Asylverfahrensrichtlinie, deren Umsetzungsfrist am 20. Juli 2015 abgelaufen ist, auszulegen (Richtlinie 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zu gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes, ABI. L 180 vom 29. Juni 2013, S. 60-95). Aus Art. 31 Abs. 3 der Asylverfahrensrichtlinie folgt eine Regeldauer des Asylverfahrens bis zum Abschluss von sechs Monaten. Nach Art. 31 Abs. 3 UAbs. 3 lit. b) der Asylverfahrensrichtlinie kann eine große Anzahl von Antragstellern eine Fristverlängerung um neun weitere und ausnahmsweise um drei weitere Monate rechtfertigen. Selbst die hiernach theoretisch mögliche Fristverlängerung auf insgesamt 18 Monate, für die seitens der Beklagten schon nichts detailliert vorgetragen wurde, wäre aber heute abgelaufen. Nach diesem Maßstab kann die gestiegene Anzahl von Anträgen im Fall des Klägers, der seinen Antrag vor über 18 Monaten gestellt hat, jedenfalls im Zeitpunkt der Entscheidung nicht mehr rechtfertigen, zumal das Verfahren nach seiner bisher nicht erfolgten Anhörung erst noch durch eine Entscheidung abzuschließen ist.
Besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten des Asylantrags des Klägers können die unterbliebene Bearbeitung schon deshalb nicht begründen, weil die Beklagte den Kläger zu seinen Asylgründen noch nicht angehört hat. [...]