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OLG Düsseldorf

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Zitieren als:
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 03.12.2015 - I-3 Sa 6/15 - asyl.net: M23388
https://www.asyl.net/rsdb/M23388
Leitsatz:

Die Bindungswirkung von Abgabebeschlüssen ist auch im Rahmen einer Zuständigkeitsbestimmung nach § 5 FamFG zu beachten. Ein Abgabebeschluss nach § 106 Abs. 2 Satz 2 AufenthG ist bindend, was im Gesetzeswortlaut dadurch zum Ausdruck kommt, dass das Amtsgericht durch unanfechtbaren Beschluss entscheidet.

Schlagwörter: Zuständigkeit, Freiheitsentziehung, örtliche Zuständigkeit, Bindungswirkung, Abgabebeschluss, Abschiebungshaft,
Normen: FamFG § 5, AufenthG § 106 Abs. 2 S. 2,
Auszüge:

[...]

Die örtliche Zuständigkeit des Amtsgerichts Paderborn ist jedenfalls durch die Bindungswirkung des auf§ 416 FamFG i.V.m. § 106 Abs. 2 AufenthG gestützten Abgabebeschlusses des Amtsgerichts Düsseldorf vom 17. November 2015 begründet.

Die Bindungswirkung von Abgabebeschlüssen ist auch im Rahmen einer Zuständigkeitsbestimmung nach§ 5 FamFG zu beachten (KG FGPrax 2006, 280; Senat, FGPrax 2007, 245; OLG Hamm a.a.O.). Ein Abgabebeschluss nach§ 106 Abs. 2 Satz 2 AufenthG ist bindend, was im Gesetzeswortlaut dadurch zum Ausdruck kommt, dass das Amtsgericht durch unanfechtbaren Beschluss entscheidet (a a.O.).

Umstände, die den hiesigen Abgabebeschluss als unwirksam und deshalb nicht bindend erscheinen ließen, sind nicht ersichtlich.

Nach dem Aktenvermerk vom 17. November 2015 hat das Amtsgerichts Düsseldorf den Betroffenen über seine Verfahrensbevollmächtigte zu der beabsichtigten Abgabe angehört; diese erklärte sich damit einverstanden.

Die Abgabeentscheidung entbehrt auch nicht jeglicher gesetzlichen Grundlage. Zum einen lässt sich eine offensichtliche Überschreitung der durch § 106 Abs.2 Satz 2 AufenthG eröffneten Kompetenz nicht feststellen. Wie der dort verwendete Begriff der Fortdauer der Haft zu verstehen ist, ist umstritten: Zwar kann als gesichert gelten, dass jene Vorschrift nur Entscheidungen erfasst, die zeitlich nach einer erstinstanzlich abschließend angeordneten Freiheitsentziehungsmaßnahme zu treffen sind - insbesondere also nicht im Verfahrensabschnitt einer vorangehenden einstweiligen Anordnung - (OLG Hamm FGPrax 2012, 278 m.w. Nachw.). Ob jedoch unter einer Entscheidung über die "Fortdauer" der Haft nur eine solche über einen Antrag auf Verlängerung der Haft nach § 425 Abs. 3 FamFG fällt oder auch eine solche über einen Aufhebungsantrag nach§ 426 Abs. 2 FamFG, wird nicht einheitlich beantwortet (vgl. KG a.a.O. mit Nachweisen und der Tendenz zur zweitgenannten Ansicht). Hier hat sich das Amtsgerichts Düsseldorf erkennbar die zuletzt angeführte Auffassung zu eigen gemacht. Mit anderen Worten ist, so auch im gegebenen Fall, ein Abgabebeschluss als wirksam anzusehen, durch den das Verfahren gemäß § 106 AufenthG aus Anlass eines Aufhebungsantrages an das Gericht des Haftortes abgegeben wird (so ausdrücklich Keidel-Budde a.a.O., Rdnr. 4).

Zum anderen wird vertreten, dass§ 4 FamFG auch im Freiheitsentziehungsverfahren gelte und ein wichtiger Grund nach dieser Vorschrift vorliege, wenn der Betroffene vor der zu treffenden Entscheidung persönlich angehört werden solle (OLG Köln FGPrax 2010, 318 f; OLG Hamm 2010 a.a.O.; OLG Schleswig SchlHA 2013, 121 f.). Danach hätte der hier in der Rede stehende Abgabebeschluss auch auf jene Norm gestützt werden können, denn das Amtsgericht Düsseldorf hat mit Vermerk vom 24. November 2015 der Sache nach ausgeführt, im Hinblick auf den hiesigen Aufhebungsantrag sei eine "persönlich durchzuführende Anhörung des Betroffenen" geboten. [...]