VG Göttingen

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Zitieren als:
VG Göttingen, Beschluss vom 25.07.2016 - 1 B 105/16 - asyl.net: M24230
https://www.asyl.net/rsdb/M24230
Leitsatz:

[Schwerwiegendes Bleibeinteresse schon vor Entscheidung der Behörde über Erteilung der Niederlassungserlaubnis:]

1. Im Rahmen des Paragraphen 55 Abs. 1 Nr. 1 bzw. Nr. 2 AufenthG genügt ein (bloßer) Anspruch auf Erteilung einer Niederlassungserlaubnis bzw. Aufenthaltserlaubnis grundsätzlich nicht. Etwas anders gilt aus Gründen effektiven Rechtsschutzes und des fairen Verfahrens dann, wenn die Ausländerbehörde auf einen rechtzeitig gestellten Antrag des Ausländers den Aufenthaltstitel zu Unrecht versagt hat. Der Ausländer ist in diesem Fall so zu stellen, als hätte die Behörde von Anfang an rechtmäßig gehandelt (OVG Bremen, Urteil vom 10. Mai 2011 - 1 A 306/10, 1 A 307/10 -, juris, Rn. 76).

2. Dem ist der Fall gleichzustellen, in dem die Ausländerbehörde über einen entsprechenden Antrag nicht entschieden hat und vor der Ausweisung ein Anspruch auf Erteilung einer Niederlassungserlaubnis bzw. Aufenthaltserlaubnis bestanden hätte. Dabei muss es genügen, wenn ein solcher Anspruch zu irgendeinem Zeitpunkt zwischen Antragstellung und Bekanntgabe der Ausweisung bestand.

(Amtliche Leitsätze)

Schlagwörter: Jugendstrafe, Freiheitsstrafe, Straftat, Ausweisung, Bleibeinteresse, Aufenthaltserlaubnis, Niederlassungserlaubnis, schwerwiegende Gründe der öffentlichen Sicherheit und Ordnung,
Normen: AufenthG § 53 Abs. 1, AufenthG § 54, AufenthG § 55 Abs. 1,
Auszüge:

[...]

Im Rahmen des § 55 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG genügt ein (bloßer) Anspruch auf Erteilung einer Niederlassungserlaubnis grundsätzlich nicht. Etwas anders gilt aus Gründen effektiven Rechtsschutzes und des fairen Verfahrens dann, wenn die Ausländerbehörde auf einen - rechtzeitig gestellten - Antrag des Ausländers die Aufenthaltserlaubnis zu Unrecht versagt hat. Der Ausländer ist in diesem Fall so zu stellen, als hätte die Behörde von Anfang an rechtmäßig gehandelt (OVG Bremen, Urteil vom 10. Mai 2011 – 1 A 306/10, 1 A 307/10 –, juris, Rn. 76). Dem ist der Fall gleichzustellen, in dem die Ausländerbehörde über einen entsprechenden Antrag nicht entschieden hat und vor der Ausweisung ein Anspruch auf Erteilung einer Niederlassungserlaubnis bestanden hätte (s. Cziersky-Reis, a.a.O., § 55 Rn. 7 f.). Dabei muss es genügen, wenn ein solcher Anspruch zu irgendeinem Zeitpunkt zwischen Antragstellung und Bekanntgabe der Ausweisung bestand. Auf den Zeitpunkt der Bekanntgabe der Ausweisung kann es insoweit hingegen nicht ankommen, weil eine verzögerte Bearbeitung durch die Ausländerbehörde sonst dem Ausländer zum Nachteil gereichen würde. [...]