VGH Hessen

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Zitieren als:
VGH Hessen, Beschluss vom 17.01.2017 - 3 A 2970/16.Z.A - asyl.net: M24653
https://www.asyl.net/rsdb/M24653
Leitsatz:

Zulassung der Berufung (des BAMF) zur Frage, ob illegale Ausreise aus Syrien, Auslandsaufenthalt und Asylantragstellung im Ausland ausreichen, um eine flüchtlingsrechtlich relevante Verfolgungsgefahr bei Rückkehr nach Syrien zu begründen.

Schlagwörter: Syrien, Berufungszulassung, Flüchtlingsanerkennung, politische Verfolgung, Verfolgungsgrund, illegale Ausreise, Asylantragstellung, Upgrade-Klage,
Normen: AsylG § 3,
Auszüge:

[...]

Die Berufung ist auf Antrag der Beklagten wegen grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache(§ 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG} zuzulassen. [...]

Die Beklagte hat mit Bescheid vom 25. August 2016 festgestellt, aufgrund des ermittelten Sachverhalts sei davon auszugehen, dem Kläger drohe in seinem Heimatland ein ernsthafter Schaden im Sinne des§ 4 Abs. 1 Nr. 3 AsylG, weshalb die Voraussetzungen für die Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus vorlägen. Im Übrigen hat sie den Antrag auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft(§ 3 AsylG) abgelehnt. Das Verwaltungsgericht hat die Beklagte unter entsprechender Aufhebung von Ziffer 2 des Bescheides verpflichtet, dem Kläger die Flüchtlingseigenschaft(§ 3 AsylG) zuzuerkennen. Es sei davon auszugehen, dass für Rückkehrer nach Syrien allgemein die Gefahr bestehe, der Folter oder sonstiger unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung mit dem Ziel, Informationen über die hiesige Exilszene zu gewinnen, ausgesetzt zu werden. In Anbetracht der anhaltenden Eskalation der politischen Konflikte und der Intensität der kriegerischen Auseinandersetzungen in Syrien habe sich diese Gefährdungslage erheblich verschärft, so dass der syrische Staat die (illegale) Ausreise, den Aufenthalt im westlichen Ausland und die Asylantragstellung generell als Ausdruck einer regimekritischen Überzeugung ansehe.

Die Beklagte hält für grundsätzlich klärungsbedürftig die Fragen, "ob (weiterhin) anzunehmen ist, dass nach (illegaler) Ausreise und Verbleib im westlichen Ausland zurückkehrende bzw. nach Syrien rückgeführte Asylantragsteller, soweit sie altersgemäß in der Lage sind, sich eine eigene politische Überzeugung zu bilden, mit dem Grad der beachtlichen Wahrscheinlichkeit im Rahmen der Einreisekontrollen Eingriffe i.S.d. § 3a Abs.1 und 2 AsylG drohten" sowie "ob die syrischen Stellen dabei weiterhin bereits einen der oder jedenfalls die Kombination der Risikofaktoren (illegale) Ausreise, Asylantragstellung und Aufenthalt im westlichen Ausland ungeachtet einer tatsächlichen oppositionellen Haltung des Einzelnen generell und unterschiedslos als Ausdruck regimefeindlicher Gesinnung auffassen". [...]

Das Berufungsverfahren gibt dem Senat Gelegenheit, die in der obergerichtlichen Rechtsprechung nicht einheitlich beantwortete Frage zu klären, ob für syrische Asylbewerber im Falle ihrer Rückkehr in die Arabische Republik Syrien allein wegen der (illegalen) Ausreise, der Asylantragstellung und dem Aufenthalt im westlichen Ausland die begründete Furcht vor Verfolgung wegen eines verfolgungsrelevanten Merkmals besteht (bejahend VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 19.06.2013 A 11 S 927/13 -; verneinend OVG Schleswig , Urteil vom 23.11.2016 - 3 LB 17/16 -; OVG für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 6.10.2016 - 14 A 1852/16.A). [...]