Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 AufenthG für einen jungen alleinstehenden Asylsuchenden aus Afghanistan, da er nicht in der Lage sein wird sein Existenzminimum zu sichern, weil er sein ganzes Leben im Iran verbracht hat, krankheitsbedingt nur eingeschränkt arbeitsfähig ist und als Angehöriger der Hazara-Minderheit in Afghanistan einer gewissen Diskriminierung ausgesetzt wäre.
(Leitsatz der Redaktion)
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Zwar kann auf der Grundlage der der Kammer zur Verfügung stehenden Erkenntnisquellen nach wie vor trotz der äußerst schlechten allgemeinen Versorgungslage in Kabul nicht mit der gebotenen Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass jeder Rückkehrer aus Europa dem Tod oder schwersten Gesundheitsschäden bei einer Rückkehr ausgesetzt wäre. Dies entspricht auch der obergerichtlichen Rechtsprechung (HessVGH, Urteil vom 30.01.2014 - 8 A 119/12.A - juris -; vgl. auch VG Gelsenkirchen, Urteil vom 06. März 2015 - 5 AK 3397/14.A - juris – m.w.N). Eine extreme Gefahrenlage in Kabul kann sich jedoch für besonders schutzbedürftige Rückkehrer wie Minderjährige, Alte oder behandlungsbedürftig kranke Personen, aber auch alleinstehende Frauen mit oder ohne Kinder ergeben. Die Rückkehrsituation, die ein Rückkehrer in Kabul vorfindet, wird im Übrigen davon mitbestimmt, ob er oder sie sich auf familiäre oder sonstige verwandtschaftliche Strukturen verlassen kann oder ob er oder sie auf sich allein gestellt ist. Je stärker noch die soziale Verwurzelung oder je besser die Vertrautheit mit den Lebensverhältnissen ist, desto leichter und besser kann er oder sie sich in die jetzige Situation wieder eingliedern und dort jedenfalls ein Überleben sichern (zur Situation für Rückkehrer in Afghanistan und insbesondere in Kabul: Auswärtiges Amt Lagebericht Afghanistan, 19.10.2016; Anmerkung von UNHCR zur Situation in Afghanistan auf Anfrage des deutschen Bundesministeriums des Innern vom Dezember 2016).
Die Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 AufenthG sind für den Kläger erfüllt, da er aufgrund einer Erkrankung nur eingeschränkt arbeitsfähig ist und sein Leben - bis auf drei Monate - im Iran verbrachte. Zudem müsste der Kläger als Angehöriger des Volkes der Hazara bei einer Arbeitssuche Nachteile befürchten. Der Kläger leidet ausweislich des vorgelegten ärztlichen Attestes von Dr. med. … - Facharzt für Orthopädie - vom … 2017 an erheblichen Knieproblemen. […] Der Kläger kann auch in Afghanistan nicht auf familiäre Unterstützung zurückgreifen, da seine Verwandten im Iran leben und er ist mit den Verhältnissen in Afghanistan aufgrund seiner Sozialisation im Iran nicht vertraut. Aus den Anmerkungen des UNHCR zur Situation in Afghanistan vom Dezember 2016 geht hervor, dass die Situation insbesondere auf dem Arbeits- und Wohnungsmarkt für Rückkehrer aufgrund der zahlreichen Rückkehrer aus Pakistan und dem Iran derzeit sehr schwierig ist (vgl. zur Situation für Rückkehrer auch: Lagebericht Afghanistan des Auswärtigen Amtes vom 19.10.2016). Zudem unterliegen Angehörige des Volkes der Hazara in Afghanistan einer gewissen Diskriminierung (vgl. zur Situation der Hazara: Anmerkungen des UNHCR zur Situation in Afghanistan vom Dezember 2016), auch wenn sich die Lage für die während der Taliban-Herrschaft besonders verfolgten Hazara grundsätzlich verbessert hat (Auswärtiges Amt, Lagebericht Afghanistan vom 19.10.2016, vgl. VG Augsburg, Urteil vom 19.01.2017 - Au 5 K 16.32053 - juris).Vor diesem Hintergrund ist im Falle des Klägers, der auf keine familiäre Unterstützung zurückgreifen kann, krankheitsbedingt nur eingeschränkt arbeitsfähig ist, sein bisheriges Leben fast ausschließlich im Iran verbrachte und zudem als Angehöriger des Volkes der Hazara besonderen Schwierigkeiten ausgesetzt ist, davon auszugehen, dass er in Afghanistan nicht in der Lage [ist] sein wird, sein Existenzminimum durch Arbeit zu sichern. [...]