Ablehnung eines Berufungszulassungsantrags des BAMF im Fall einer Familie aus Syrien:
1. Das BAMF hat den geltend gemachten Zulassungsgrund nicht hinreichend dargelegt. Es ist in seiner Begründung nicht auf den Aspekt der Wehrdienstenziehung als zusätzlichen Risikofaktor beim Ehemann und Vater eingegangen.
2. In Bezug auf die Kinder hat das BAMF versäumt zur Reflexverfolgung Stellung zu nehmen, die vom VG Oldenburg angenommen wurde.
3. Anders als bisher entscheidet das OVG aus prozessökonomischen Gründen über alle Familienmitglieder in einem Beschluss.
(Leitsätze der Redaktion)
[...]
Entgegen der Darstellung des Zulassungsantrags hat das Verwaltungsgericht seine Entscheidung nicht ausschließlich darauf gestützt, dass die Kläger illegal ausgereist seien, einen Asylantrag gestellt und sich länger im westlichen Ausland aufgehalten hätten. Davon geht es auf Seite 5 der Entscheidungsgründe zwar ausdrücklich aus, hat aber für den Kläger zu 1) auf den Seiten 10 f. der Entscheidungsgründe zusätzlich darauf abgestellt, dass er sich im wehrdienstfähigen Alter befinde, mit seiner Einberufung rechnen müsse und sich dann an Kriegsverbrechen zu beteiligen habe (§§ 3 Abs. 1, 3a Abs. 2 Nr. 5 AsylG). Hierzu äußert sich der Zulassungsantrag nicht, sondern geht aktenwidrig davon aus, dass das Verwaltungsgericht einzelfallbezogene Sonderrisikofaktoren nicht festgestellt habe.
In Bezug auf die Kläger zu 3) und 4) versäumt der Zulassungsantrag, zu der vom Verwaltungsgericht angenommenen Reflexverfolgung Stellung zu beziehen. Das ist jedenfalls in denjenigen Fällen geboten, in denen das Verwaltungsgericht in Bezug auf ein Elternteil von einem Sonderrisiko wie dem wehrdienstfähigen Alter ausgegangen ist.
Für die Klägerin zu 2) genügt der Zulassungsantrag den Darlegungsanforderungen des § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG zwar an sich. Der Senat hat in vergleichbaren Fällen die Verfahren von Eheleuten getrennt, zunächst den Zulassungsantrag hinsichtlich des im wehrdienstfählgen Alter befindlichen Ehemannes abgelehnt und nach unmittelbar eintretender Rechtskraft dieser Entscheidung hinsichtlich der Ehefrau ebenfalls einen ablehnenden Beschluss gefasst mit der Begründung, es komme bei der Prüfung der Frage, ob der jeweiligen Klägerin die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen sei, auf die von der Beklagten benannten Gesichtspunkte nicht an. Die Klägerin habe bereits nach § 26 Abs. 5 i.V.m. Abs. 1 AsylG einen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft. Denn die in dem jeweiligen Urteil des Verwaltungsgerichts ausgesprochene Verpflichtung der Beklagten, dem Ehemann der jeweiligen Klägerin die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen, sei mit Ablehnung des dagegen gerichteten Antrags der Beklagten auf Zulassung der Berufung durch den Senat rechtskräftig geworden; der Voraussetzung des § 26 Abs. 1 Nr. 1 AsylG sei damit genüge getan (vgl. hierzu Hailbronner, Kommentar AuslR, Loseblatt, Stand: Dezember 2016, Band 3, § 26 Rdnr. 23). Die Beklagte habe trotz gerichtlichen Hinweises nichts dazu vorgetragen, dass die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft auf dieser Grundlage aus anderen Gründen ausscheide; solche Gründe seien nach Aktenlage auch nicht ersichtlich.
Der Senat sieht nunmehr von einer derartigen Verfahrenstrennung und einer weiteren - bisher in allen Fällen ergebnislosen - Anhörung der Beklagten ab, sondern entscheidet aus Gründen der Prozessökonomie über alle Familienmitglieder nur noch in einem einheitlichen Beschluss. [...]