Innenministerium Schleswig-Holstein zur Abschiebungshaft
1. Ausführliche Hinweise zur Beantragung, Anordnung und Durchführung der Abschiebungshaft und des Ausreisegewahrsams. Hervorhebung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit und Absehen von der Haft bei Familien mit minderjährigen Kindern und anderen besonders Schutzbedürftigen.
2. Hinweise zur Haft zur Vorbereitung der Ausweisung nach § 62 Abs. 2 S. 1 AufenthG und zur Sicherungshaft nach § 62 Abs. 3 AufenthG, insbesondere zur Haftdauer.
3. Hinweise zur vorläufigen Ingewahrsamnahme nach § 62 Abs. 5 AufenthG, zur Abschiebungshaft bei Asylantragstellung und laufender Straf- oder Untersuchungshaft. Hinweise zur Überstellungshaft in "Dublin-Fällen" und zum Ausreisegewahrsam nach § 62b AufenthG. Hinweise zum gerichtlichen Haftanordnungsverfahren auch im Eilverfahren, insbesondere zu den erforderlichen Ausführungen im Haftantrag und zu Rechtsmitteln.
(Zusammenfassung der Redaktion)
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1. Allgemeines zur Abschiebungshaft
Die Beantragung von Abschiebungshaft ist nach § 62 AufenthG sowohl zur Vorbereitung der Ausweisung (Vorbereitungshaft) als auch zur Sicherung der Abschiebung (Sicherungshaft) möglich. In jedem Fall darf Abschiebungshaft nur dann beantragt und angeordnet werden, wenn die Abschiebung ohne die Inhaftierung wesentlich erschwert oder vereitelt würde. Die Abschiebungshaft hat weder Strafcharakter, noch handelt es sich bei ihr um eine Beugemaßnahme.
2.1 Vorrang milderer Mittel
Abschiebungshaft muss verhältnismäßig sein. Sie darf nur angeordnet werden, wenn und solange sie für die Durchführung des Zwecks der Abschiebung erforderlich ist. Gemäß § 62 Abs. 1 Satz 1 AufenthG ist die Abschiebungshaft unzulässig, wenn der Zweck der Haft durch ein milderes, ebenfalls ausreichendes Mittel erreicht werden kann. Mildere Mittel zur Vermeidung von Abschiebungshaft sind insbesondere Meldeauflagen, räumliche Aufenthaltsbeschränkungen, Garantien durch Vertrauenspersonen (Bürgen) sowie die Vereinbarung von Sicherheitsleistungen, mit denen gewährleistet wird, dass die ausreisepflichtige Person zum Zeitpunkt der Abschiebung zur Verfügung steht und die Maßnahme nicht durch ein Untertauchen zum Scheitern bringt. Auch die Unterbringung in der Landesunterkunft für Ausreisepflichtige kann ein milderes Mittel darstellen. Mildere Mittel, die auf Grund der Umstände des jeweiligen Einzelfalls erkennbar untauglich sind dieses Ziel zu erreichen, scheiden demgegenüber aus. Ich rege an, im Haftantrag darzulegen, ob und ggf. welche Haftalternativen bestehen und aus welchem Grunde diese in dem betreffenden Fall nicht zum tragen kommen.
Der Ausreisegewahrsam gemäß § 62b AufenthG kann gegenüber der Sicherungshaft als milderes Mittel angesehen werden und wäre dann mit Vorrang gegenüber der Abschiebungshaft anzuwenden. [...]