VG Bremen

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Zitieren als:
VG Bremen, Beschluss vom 22.03.2018 - 3 V 530/18 - asyl.net: M26235
https://www.asyl.net/rsdb/M26235
Leitsatz:

1. Feststellung eines Abschiebungsverbot, da in Ungarn international Schutzberechtigten eine Verletzung von Art. 3 EMRK droht.

2. Rechtsschutzbedürfnis für Eilantrag nach § 80 Abs. 5 VwGO bei (fälschlicherweise) verfügter 30tägiger Ausreisefrist nach § 38 AsylG bejaht.

(Leitsätze der Redaktion)

Schlagwörter: Suspensiveffekt, Dublinverfahren, Ungarn, Rechtsschutzinteresse, Ausreisefrist, Abschiebungsandrohung, subjektives Recht, Fortführung des Verfahrens, Unzulässigkeit, Drittstaatenregelung, internationaler Schutz in EU-Staat,
Normen: AufenthG § 60 Abs. 5, Art. 3 EMRK, AsylG § 29 Abs. 1 Nr. 2, AsylG § 34, AsylG § 35, AsylG § 36, AsylG § 37, AsylG § 38
Auszüge:

[...]

1. Der Antrag Ist zulässig, insbesondere besteht ein Rechtsschutzbedürfnis.

Zwar kommt der Klage durch die in Ziffer 3 des angefochtenen Bescheides festgesetzte Ausreisefrist von 30 Tagen nach unanfechtbarem Abschluss des Asylverfahrens praktisch aufschiebende Wirkung im Sinne des § 75 Abs. 1 AsylG zu, da die Antragsteller bis zum Ablauf der Frist nicht abgeschoben werden können und damit ihr vorrangiges Rechtsschutzziel im Eilverfahren bereits erreicht ist. Vorliegend geht jedoch das Rechtsschutzziel der Anordnung der aufschiebenden Wirkung über den bloßen Abschiebungsschutz hinaus.

Die Festsetzung einer Ausreisefrist von 30 Tagen gemäß § 38 AsylG entspricht nicht den gesetzlichen Vorgaben. Rechtsgrundlage für die Abschiebungsandrohung ist § 34 AsylG i.V.m. §§ 35, 59 AufenthG. Danach ist die Abschiebung unter Bestimmung einer angemessenen Frist anzudrohen. Diese Frist beträgt nach § 36 Abs. 1 AsylG in den Fällen des § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG eine Woche. Eine Klage hat in diesem Fall keine aufschiebende Wirkung, § 75 Abs. 1 AsylG. Entspricht das Gericht in einem solchen Fall einem Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO, so hat das Bundesamt das Asylverfahren fortzuführen. Durch das Vorgehen des Bundesamtes, im vorliegenden Fall - contra lagern - eine Ausreisefrist nach § 38 Abs. 1 AsylG zu setzen, werden diese weitergehenden Rechtsfolgen den Antragstellern durch Umgehung der gesetzlichen Regelungen genommen. Damit erschöpft sich das Begehren vorliegend nicht In einem Abschiebungsschutz, sondern richtet sich auf Fortführung des Asylverfahrens als gesetzliche Folge einer stattgebenden gerichtlichen Entscheidung (vgl. VG Berlin, B. v. 25.1.2018 - 28 L 872.17 A -, juris). [...]