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Zitieren als:
BGH, Beschluss vom 13.09.2018 - V ZB 61/18 - asyl.net: M26656
https://www.asyl.net/rsdb/M26656
Leitsatz:

Abschiebungsandrohung im Zeitpunkt der Haftanordnung notwendig:

1. Auch bei unerlaubter Einreise muss im Zeitpunkt der Haftanordnung eine Abschiebungsandrohung nach § 59 AufenthG vorliegen. Fehlt eine solche, kann nur eine vorläufige Freiheitsentziehung gem. § 427 FamFG angeordnet werden (unter Bezug auf BGH, Beschluss vom 17.03.2016 - V ZB 39/15 - asyl.net: M23786; Beschluss vom 16.05.2013 - V ZB 44/12). 

2. Eine frühere Abschiebungsandrohung wird durch eine vollzogene Abschiebung "verbraucht"; sie wirkt nicht etwa als vorsorgliche Anordnung für den Fall einer erneuten unerlaubten Einreise fort (unter Bezug auf BGH, Beschluss vom 11.01.2018 - V ZB 62/17 - asyl.net: M26046).

(Leitsätze der Redaktion)

Schlagwörter: Abschiebung, Abschiebungshaft, Abschiebungsandrohung, Rückkehrentscheidung, unerlaubte Einreise, Haftanordnung, vorläufige Freiheitsentziehung, einstweilige Anordnung,
Normen: FamFG § 427, AufenthG § 62 Abs. 3 S. 1 Nr. 1, AufenthG § 62 Abs. 3 S. 1 Nr. 5,
Auszüge:

[…]

1. Zu den von dem Haftrichter zu prüfenden Vollstreckungsvoraussetzungen gehört grundsätzlich das Vorliegen einer Abschiebungsandrohung nach § 59 AufenthG. Eine solche Androhung muss auch dann erfolgen, wenn der Ausländer gemäß § 14 AufenthG unerlaubt eingereist und deshalb nach § 58 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AufenthG vollziehbar ausreisepflichtig ist (Senat, Beschluss vom 17. März 2016 - V ZB 39/15, Rn. 5, juris m.w.N.). Eine Abschiebungsandrohung war hier nicht deshalb entbehrlich, weil der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 24. September 2015 eine Abschiebungsandrohung enthielt. Durch die Abschiebung des Betroffenen am 3. Februar 2016 nach Albanien ist diese Abschiebungsandrohung "verbraucht"; sie wirkt nicht als vorsorgliche Androhung für den Fall einer erneuten unerlaubten Einreise fort (vgl. Senat, Beschluss vom 11. Januar 2018 - V ZB 62/17, Asylmagazin 2018, 182 Rn. 12).

2. Eine Abschiebungsandrohung lag im Zeitpunkt der Haftanordnung durch das Amtsgericht nicht vor. [...] Liegen - wie hier - die Abschiebungsvoraussetzungen bei Beantragung der Sicherungshaft noch nicht vor, muss sich die Behörde darauf beschränken, eine vorläufige Freiheitsentziehung gemäß § 427 FamFG zu beantragen (Senat, Beschluss vom 16. Mai 2013 - V ZB 44/12, InfAuslR 2013, 349 Rn. 11). Dem hat die beteiligte Behörde Rechnung getragen, indem sie neben dem Antrag auf Entscheidung im Hauptsacheverfahren hilfsweise beantragt hat, im Wege der einstweiligen Anordnung eine vorläufige Freiheitsentziehung anzuordnen. Der Haftrichter durfte daher, solange die Zustellung der Abschiebungsandrohung an den Betroffenen noch ausstand und damit die Voraussetzungen für eine Haftanordnung im Hauptsacheverfahren noch nicht erfüllt waren, nur eine vorläufige Freiheitsentziehung gemäß § 427 FamFG bis zur Behebung des Hindernisses anordnen. Dass die Zustellung der Abschiebungsandrohung im Zeitpunkt der Haftanordnung noch nicht erfolgt war, lässt sich dem Beschluss des Amtsgerichts entnehmen. Darin ist die Formulierung aus dem Haftantrag über die noch ausstehende Zustellung der Abschiebungsandrohung wortgleich übernommen worden. Gleichwohl hat das Amtsgericht im Hauptsacheverfahren und nicht im einstweiligen Anordnungsverfahren entschieden. Dies ergibt sich eindeutig aus den Beschlussgründen der amtsgerichtlichen Entscheidung, in der ausgeführt ist, "dass vom Erlass einer zunächst nur einstweiligen Anordnung abgesehen wurde". […]