Keine mittelbare staatliche Gruppenverfolgung von armenischen Volkszugehörigen in Aserbaidschan.(Leitsatz der Redaktion)
Das Verwaltungsgericht hat den Klagen zu Unrecht teilweise entsprochen.
Entgegen seiner Ansicht liegen die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG hinsichtlich der Heimat der Kläger, Aserbaidschan, nicht vor, wobei der Senat mit den Klägern davon ausgeht, dass sie die Staatsangehörigkeit Aserbaidschans besitzen.
Hier kommt eine Verfolgung der Kläger als Angehörige einer "bestimmten Gruppe", nämlich der armenischen Volkszugehörigen in Aserbaidschan, in Betracht, wie sie nach 1988 dort im Zuge der Unabhängigkeitsbestrebungen der überwiegend von Armeniern bewohnten Enklave Berg-Karabach bestanden haben mag. Indessen liegen die dafür erforderlichen Voraussetzungen (jedenfalls) zum jetzigen Zeitpunkt, auf den gemäß § 77 AsylVfG abzustellen ist, nicht (mehr) vor. Die gegenteilige Annahme des Verwaltungsgerichts beruht insbesondere auf einer inzwischen überholten Auskunftslage, z. B. dem Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 03. Juli 1996, wonach (bis 1999) tatsächlich davon die Rede war, dass Armenier in Aserbaidschan einer mittelbaren staatlichen Verfolgung unterlegen hätten. Nach der neueren Auskunftslage für die derzeitigen Verhältnisse in Aserbaidschan ist das jedoch nicht mehr der Fall. Nunmehr ist (z. B. AA-Lagebericht vom 11.05.01) nur noch von einer "vielfach" - aber nicht durchgängig - erfolgten "schlechteren Behandlung" der (geschrumpften) armenischen Volksgruppe die Rede, wobei auch zudem die allgemeine Korruption ursächlich sei. Dass diese mögliche Benachteiligung asylrelevante Ausmaße annehmen würde, ist nicht ersichtlich. Diese Auskunftslage ist eindeutig, so dass es weiterer Aufklärung insoweit nicht bedarf. Es besteht daher kein Zweifel daran, dass es jedenfalls an der "Verfolgungsdichte" (BVerwGE 85, 139/142) fehlt, die erst die Annahme einer Gruppenverfolgung rechtfertigen würde.
Dies gilt auch in Bezug auf die von den Klägern vorgelegte Aussage des UNHCR vom 22. Februar 2000 gegenüber dem Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge, wo davon die Rede ist, in vielen Fällen nähmen "diese Maßnahmen die Intensität politischer Verfolgung aufgrund der ethnischen Zugehörigkeit der Betroffenen an", so dass Asylgesuche von "ethnischen Armeniern" aus Aserbaidschan "mit größter Sorgfalt untersucht" werden sollten - abgesehen davon, dass es im Asylrecht auf die Verhältnisse bei einer Rückkehr ankommt. Hiernach ist eine Gruppenverfolgung, wie sie vom Verwaltungsgericht auf Grund der alten Auskunftslage angenommen wurde, derzeit aber nicht anzunehmen.
Danach kommt es nicht mehr darauf an, ob demgegenüber immerhin das Gebiet von Berg-Karabach als sogenannte "inländische Fluchtalternative" anzusehen wäre (vgl. dazu BVerwGE 67, 314; 85, 139; 101, 134; 105, 204; 108, 84), wie der Senat schon früher angenommen hat und wo die Kläger auch heute ganz gewiss sicher wären. Dieses Gebiet, dass sich zwar für selbstständig erklärt hat, ist staats- und völkerrechtlich nach wie vor aserbaidschanisches Staatsgebiet. Dort leben inzwischen ganz überwiegend Armenier, eine aserbaidschanische Staatsgewalt kann dort nicht mehr ausgeübt werden.
Davon abgesehen sind auch hinsichtlich Aserbaidschans Abschiebehindernisse nicht festzustellen. Die Kläger beziehen sich insoweit auf § 53 Abs. 4 und Abs. 6 Satz 1 AuslG, ohne jedoch im Einzelnen darzulegen, worin die insoweit geltend gemachten Abschiebehindernisse bestehen sollen. Indessen ist nicht anzunehmen, dass insoweit im Falle einer Rückkehr für Leib oder Leben der Kläger "erhebliche konkrete Gefahr" im Sinne dieser Bestimmung bestünde. Der Kläger dürfte als gelernter KFZ-Mechaniker sicherlich Arbeit finden oder sich auch in der Landwirtschaft eine Existenz aufbauen können. Die Existenz der Kläger ist auch durch die staatliche Förderung in Berg-Karabach gesichert. Entgegen ihrer Ansicht reicht die Überlassung von 0, 6 ha (6. 000 qm) Land zur Ernährung der Familie aus.