Keine Leistungseinschränkung trotz feststehendem Ausreisetermin und -möglichkeit für Duldungsinhaber*innen:
(Fast vollständige) Kürzungen für Personen, die im Besitz einer Duldung sind, fallen nicht unter § 1a Abs. 2 S. 1 AsylbLG alte Fassung, da diese von der Gesetzessystematik her vom Tatbestand nicht erfasst sein sollen.
(Leitsätze der Redaktion)
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Die Voraussetzung für eine Leistungseinschränkung im hier streitigen Zeitraum von Oktober 2017 bis Juni 2018 liegen nicht vor. Der Tatbestand der Leistungseinschränkung nach § 1a Abs. 4 Satz 2 AsylbLG liegt nicht vor. Danach sind Leistungsberechtigte nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 oder 5 AsylbLG von Leistungen nach § 2, 3 und 6 AsylbLG ausgeschlossen, wenn ihnen bereits von einem anderen Mitgliedsstaat der Europäischen Union internationaler Schutz oder aus anderen Gründen ein Aufenthalt gewährt worden ist, wenn der internationale Schutz oder das aus anderen Gründen gewährte Aufenthaltsrecht fortbesteht.
Vorliegend kann das Gericht nicht feststellen, ob den Klägern von einem anderen Mitgliedsstaat der Europäischen Union ein Aufenthaltsrecht gewährt worden ist und ob dieses noch fortbesteht. Zwar hat die Ausländerbehörde des Beklagten angegeben, dass dies der Fall sei. Entsprechende Dokumente finden sich in den Verwaltungsakten des Beklagten jedoch nicht. Weitere Ermittlung des Gerichts sowie eine Beiziehung der Ausländerakte ist jedoch nicht erforderlich, da es als wahr unterstellt werden kann, dass den Klägern in Litauen internationaler Schutz gewährt worden ist und dieser noch anhält.
Die Leistungseinschränkung gilt für sie nämlich dann auch nicht. Es kann zwar dahingestellt bleiben, ob sie Leistungsberechtigte nach § 1 Abs. 1 Nr. 5 AsylbLG sind, da sie gleichzeitig auch Leistungsberechtigte nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 AsylbLG sind, da ihnen eine Duldung nach § 60a des Aufenthaltsgesetzes erteilt worden ist. Diese leistungsberechtigten Personen werden in der Anspruchseinschränkung nach § 1a Abs. 4 Satz 2 AsylbLG jedoch gerade nicht genannt. Dies beruht auf einer Wertung des Gesetzgebers, dass die Personen, denen trotz eines gewährten Aufenthaltsrechtes eines anderen Mitgliedslandes der Europäischen Union eine Duldung erteilt wurde, gerade nicht von der Leistungseinschränkung betroffen sein sollen. Dass es sich dabei nicht um ein Versehen des Gesetzgebers handelt ergibt sich daraus, dass nach § 1a Abs. 3 AsylbLG auch Personen, die eine Duldung erhalten haben, von einer Anspruchseinschränkung betroffen sein können (vgl. Beschluss des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 12. Dezember 2016, Az: L 8 AY 51/16 B ER, Rdn. 14 bei juris).
Auch der Tatbestand für die Einspruchseinschränkung nach § 1a Abs. 2 AsylbLG liegt nicht vor, da diese Einspruchseinschränkung auch nicht Personen betrifft, denen eine Duldung erteilt worden ist (vgl. LSG a.a.O.).
Ebenso fehlen die Voraussetzungen für eine Anspruchseinschränkung nach § 1a Abs. 3 AsylbLG. Sie haben nicht selbst zu vertreten, dass aufenthaltsbeendende Maßnahmen nicht vollzogen werden können. Die Klägerin zu 1. kann nicht ausreisen, da sie wegen ihrer schweren Erkrankung für längere Zeit nicht reisefähig ist. [...]