Keine Auslieferung eines politisch engagierten buddhistischen Mönchs nach Thailand:
1. In Thailand werden Unterstützer*innen von Regierungskritiker*innen von der gegenwärtigen Militärregierung schikaniert, strafrechtlich verfolgt und es drohen Folter und andere Misshandlungen. Es kam zu umfangreichem Ermittlungen gegen und Festnahmen von mehreren hoch angesehenen buddhistischen Mönchen in verschiedenen Tempeln Thailands, wobei bereits Personen festgenommen wurden, die sich im Putschjahr 2014 durch politische Proteste engagiert hatten.
2. Bei einem buddhistischen Mönch, der verschiedene hochrangige Positionen im obersten Sangha-Rat (gesetzlich gebildetes Verwaltungsgremium, das als eine Art Regierung der thailändischen Mönche fungiert), der Mönchsverwaltung sowie der Universität der Mönche und Kontakte zu Gegner*innen der Militärregierung hat und für den ein Auslieferungsersuchen wegen Korruption vorliegt, liegen starke Indizien für eine politische Verfolgung vor. Eine Auslieferung sowie die Anordnung von Auslieferungshaft dürfen deshalb nicht erfolgen.
(Leitsätze der Redaktion)
[...]
Der Antrag auf Anordnung der vorläufigen Auslieferungshaft gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 1 IRG i.V.m. § 25 IRG wird zurückgewiesen.
Die Voraussetzungen der Anordnung der vorläufigen Auslieferungshaft gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 1 IRG liegen nicht vor. Es muss die Gefahr bestehen, dass sich der Verfolgte dem Auslieferungsersuchen oder der Durchführung der Auslieferung entziehen werde (§ 16 Abs. 1 Nr. 1 IRG i.V.m. § 15 Abs. 1 Nr. .1 IRG). Dies ist vorliegend nicht der Fall. [...]
Ergänzend bemerkt der Senat, dass gemäß § 6 Abs. 2 IRG die Auslieferung nicht zulässig ist, wenn konkrete Anhaltspunkte für die Annahme bestehen, dass der Verfolgte im Falle seiner Auslieferung wegen seiner Rasse, seiner Religion, seiner Staatsangehörigkeit, seiner Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe oder seiner politischen Anschauungen verfolgt oder bestraft oder dass seine Lage aus einem dieser Gründe erschwert werden würde. Dies wird die Generalstaatsanwaltschaft im weiteren Verfahren zu berücksichtigen haben.
Der Senat ist sich durchaus bewusst, dass er grundsätzlich eine eigenständige Entscheidung über die Frage der politischen Verfolgung im Rahmen des Auslieferungsverfahrens zu treffen hat. Allerdings sind die im Asylverfahren getroffenen Feststellungen zur Gefahr einer politischen Verfolgung vom Senat zur Kenntnis zu nehmen und bei seiner Entscheidung zu berücksichtigen. Insbesondere dürfen die im Asylverfahren gewonnenen Erkenntnisse über den Tatbestand der politischen Verfolgung nicht übergangen werden. Aus diesem Grunde ist es bei asylrechtsrelevanten Auslieferungsfällen auch regelmäßig erforderlich, die Unterlagen parallel anhängiger Asylrechtsanerkennungsverfahren beizuziehen.
Im vorliegenden Fall liegen starke Indizien für eine politische Verfolgung vor.
So ergibt sich aus dem Jahresbericht 2017 von Amnesty International zum Königreich Thailand und auch aus weiteren Berichten von Amnesty International in der Datenbank Asylfact, dass durch die gegenwärtige Militärregierung strafrechtliche Ermittlungen und Verfahren gegen Politiker, Aktivisten und auch gegen Menschenrechtsverteidiger eingeleitet worden sind. Ferner ist den Berichten zu entnehmen, dass Personen, die als Unterstützer von Regierungskritikern wahrgenommen wurden, schikaniert und strafrechtlich verfolgt worden sein sollen. Schließlich sollen Folter und andere Misshandlungen weit verbreitet sein.
Nach Berichten des Bundeskriminalamtes ist die Fahndung nach dem hier Verfolgten Teil einer umfangreichen Ermittlung gegen mehrere hoch angesehene buddhistische Mönche in verschiedenen Tempeln Thailands, wobei Gegenstand der Ermittlungen jeweils u.a. die Veruntreuung von Staatsgeldern in Millionenhöhe sein soll. Insbesondere unter den bereits festgenommenen gesondert Verfolgten sollen sich Personen befinden, die sich im Putschjahr 2014 mit politischen Protesten engagiert haben. Der hier Verfolgte soll dem Führer des ... Ordens nahestehen. Diesem Orden wird ein besonderes Näheverhältnis zu dem im Exil lebenden Ex-Premierminister Thaksin Shinawatra nachgesagt. Dies wird durch vorliegende Kopien von Fotos in verschiedenen thailändischen Medien dokumentiert, die den Verfolgten in unterschiedlichen Situationen mit dem ehemaligen thailändischen Premierminister abbilden.
Der Verfolgte bekleidet eine hohe Position im Rahmen der thailändischen Mönchsorganisation. Er ist seit ... Vorstandsmitglied des obersten Sangha-Rates, eines gesetzlich gebildeten Verwaltungsgremiums, das die Funktion einer Art Regierung der thailändischen Mönche innehat.
Ferner ist er stellvertretender Rektor der Universität der Mönche und seit 2004 gewähltes Vorstandsmitglied der Mönchsverwaltung und Pressesprecher. In dieser Funktion berichtete er im Internet, im Fernsehen sowie im Radio und in Zeitungen über die Arbeit der Mönche. Aufgrund seiner Tätigkeiten genoss er ein hohes Ansehen in Thailand. [...]