Landesbehörden

Merkliste
Zitieren als:
Landesbehörden, Erlass/Behördliche Mitteilung vom 07.10.2016 - 19 350-00001/2012-006 Dok.-Nr.: 2016/027952 - asyl.net: M27643
https://www.asyl.net/rsdb/M27643
Leitsatz:

Integrationsministerium Rheinland-Pfalz zu Abschiebungen nach Afghanistan:

1. Grundsätzlich ist der freiwilligen Ausreise der Vorzug zu geben. Abschiebungen sind nur in begründeten Einzelfällen zulässig. 

2. Für Abschiebungen ist die Zustimmung des Integrationsministeriums erforderlich. Diese wird nur bei Ausweisungsinteressen i.S.d. § 54 AufenthG, bei vollziehbaren Abschiebungsanordnungen nach § 58a AufenthG, bei Verurteilung wegen im Bundesgebiet begangener Straftaten zu einer Freiheitsstrafe oder Geldstrafe ab 90 Tagessätzen sowie bei Bezug zu extremistischen oder terroristischen Organisationen erteilt.

3. Die Ausländerbehörden sollten vor der Einleitung von Maßnahmen zur Abschiebungsvorbereitung bei afghanischen Staatsangehörigen besonders prüfen, ob weitere Möglichkeiten der Aufenthaltsgewährung nach dem AufenthG in Betracht kommen. Insbesondere soll hierbei die Ausbildungsduldung nach § 60a Abs. 2 S. 4 ff. AufenthG bedacht werden.

(Zusammenfassung der Redaktion; vgl. auch Weisungen vom 9.10.2017 - asyl.net: M27457 und vom 7.12.2018 - asyl.net: M27644)

Schlagwörter: Afghanistan, Ausreisepflicht, vollziehbar ausreisepflichtig, Abschiebung, Abschiebungsstopp, Erlass, Rheinland-Pfalz, Erlasslage, Ausbildungsduldung, Bleiberecht, Arbeitsgenehmigung, freiwillige Ausreise,
Normen: AufenthG § 58, AufenthG § 54, AufenthG § 58a, AufenthG § 60a Abs. 2 S. 4,
Auszüge:

[...]

Die Rahmenbedingungen für eine Rückführung abgelehnter Asylbewerberinnen und Asylbewerber nach Afghanistan haben sich in den letzten Monaten nicht verbessert, sondern tendenziell weiter verschlechtert. Am 31. Mai diesen Jahres hat in Kabul einer der schwersten Bombenanschläge seit Jahren stattgefunden. Dabei waren 160 Todesopfer und über 450 Verletzte zu beklagen. Die Autobombe ist in unmittelbarer Nähe der Deutschen Botschaft explodiert, die sehr schwer beschädigt wurde.

Es kann auch nach den aktuell vorliegenden Lagebeurteilungen und Informationen nicht davon ausgegangen werden, dass sich die fragile Sicherheitslage in einem absehbaren Zeitraum wieder verbessern und die rückführungsrelevante Situation einer anderweitigen Beurteilung zugänglich sein wird.

Zwangsweise Rückführungen können deshalb weiterhin nur nach Maßgabe des Rundscheibens vom 7. Oktober 2016 erfolgen, welches weiterhin zu beachten ist.

Die Möglichkeiten der Ausreiseförderung im Rahmen des REAG/GARP-Programms durch die Starthilfe Plus sind zwar weiter ausgebaut worden, jedoch hat sich die Zahl der freiwilligen Ausreisen nach Afghanistan signifikant rückläufig entwickelt. Es wird ausdrücklich darum gebeten, mit einer Ausreiseberatung keinesfalls spezifischen Ausreisedruck zu verbinden. Ausreiseberatungen in Bezug auf Afghanistan sollen nur im Einzelfall und dann nur reaktiv statt proaktiv erfolgen.

Bei realistischer Betrachtungsweise ist davon auszugehen, dass eine Rückführung der hohen Zahl afghanischer Duldungsinhaberinnen und -inhaber bundesweit kaum mehr möglich sein wird und es verstärkt zu Kettenduldungen und Aufenthaltserlaubnissen nach §§ 25a und 25b AufenthG kommen wird.

Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat entschieden, zeitlich befristet bis Ende 2018 verschiedene Maßnahmen zur Arbeitsmarktintegration bereits für afghanische Asylbewerberinnen und Asylbewerber zu öffnen.

Bei dieser Sachlage ist es im Interesse der Kommunen, wenn auch afghanische Duldungsinhaberinnen und -inhaber soweit wie möglich den Lebensunterhalt durch eigene Erwerbstätigkeit bestreiten. Durch Berufsqualifizierungsmaßnahmen oder Berufsausbildungen kann der Zugang und die dauerhafte Integration in den Arbeitsmarkt erleichtert werden. [...]