VGH Hessen

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Zitieren als:
VGH Hessen, Beschluss vom 07.10.2019 - 6 B 2277/19.A; ähnlich: 4 B 1953/19 - asyl.net: M27830
https://www.asyl.net/rsdb/M27830
Leitsatz:

Beschwerdeausschluss nach § 80 AsylG auch bei aufenthaltsrechtlicher Grundlage:

Der Ausschluss von Beschwerden gegen Entscheidungen nach dem AsylG gemäß § 80 AsylG gilt auch wenn der Anspruch, der gegen die asylrechtliche Abschiebungsandrohung geltend gemacht wird, im Aufenthaltsrecht begründet ist. Maßgeblicher Streitgegenstand des Eilrechtsschutzantrags nach § 123 VwGO bleibt nämlich die Vollstreckung der Abschiebungsandrohung, die ihre Grundlage im AsylG hat.

(Leitsätze der Redaktion; entgegen VGH Hessen, Beschluss vom 23.07.2019 - 3 B 1160/19 - asyl.net: M27454)

Schlagwörter: Abschiebungsandrohung, Streitigkeit nach dem Asylverfahrensrecht, Asylverfahren, Beschwerdeausschluss, Prozessrecht, Aufenthaltsrecht, Ausländerrecht,
Normen: AsylG § 34, AsylG § 80, VwGO § 123,
Auszüge:

[...]

Die Beschwerde ist nach § 80 AsylG ausgeschlossen, weil sie sich gegen eine Entscheidung in einer Rechtsstreitigkeit nach dem Asylgesetz richtet und kein Fall des § 133 Abs. 1 VwGO vorliegt.

Die Antragstellerin wendet sich mit dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO gegen den Vollzug der Abschiebungsandrohung in dem bestandskräftigen Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 21. Januar 2019. Die Abschiebungsandrohung hat ihre Grundlage in § 34 AsylG. Gegenstand des Verfahrens nach § 123 VwGO mit dem Ziel der vorläufigen Aussetzung der Abschiebung ist dabei die Frage, ob der Vollzug der Ausreisepflicht vorläufig angehalten wird, bis über etwaige materiell8rechtliche Ansprüche endgültig entschieden worden ist (vgl. Funke8Kaiser in: Gemeinschaftskommentar zum Aufenthaltsgesetz, § 60a Rz. 342).

Der Zuordnung zu einer Streitigkeit nach dem Asylgesetz i.S.v. § 80 AsylG steht nicht entgegen, dass die Antragstellerin die Aussetzung der Abschiebung mit der Begründung begehrt, sie habe hierauf einen entsprechenden Anspruch gemäß § 60a Abs. 2 AufenthG bis zur Eheschließung mit ihrem deutschen Lebensgefährten.

Auch wenn der geltend gemachte Anspruch, der der asylrechtlichen Abschiebungsandrohung entgegengehalten wird, im Ausländerrecht begründet ist, gilt der Beschwerdeausschluss nach § 80 AsylG. Maßgeblicher Streitgegenstand des Begehrens nach § 123 VwGO bleibt nämlich die Vollstreckung der Abschiebungsandrohung, die ihre Grundlage im Asylgesetz hat.

Soweit teilweise in der Rechtsprechung angenommen wird, dass entscheidend sei, ob die begehrte Aussetzung der Abschiebung auf eine ausländerrechtliche oder asylrechtliche Rechtsgrundlage gestützt werde und der Beschwerdeausschluss nach § 80 AsylG nicht gelte, wenn der auf asylrechtlicher Grundlage angedrohten Abschiebungsandrohung mit Duldungsgründen nach § 60a Abs. 2 AufenthG entgegengetreten werde (u.a. Hess. VGH, Beschluss vom 23. Juli 2019 8 3 B 1160/19 8, juris; Bay. VGH, Beschluss vom 4. Januar 2016 8 10 C 15.2105 8, juris; zu § 78 AsylVfG: BVerwG, Urteil vom 25. September 1997 8 1 C 6/97 8, juris), wird dem nicht gefolgt.

Insbesondere ist das vom 3. Senat des Hess. VGH (a.a.O.) herangezogene Wortlautargument nicht zwingend. Nach dem Wortlaut des § 80 AsylG soll der Beschwerdeausschluss bei Rechtsstreitigkeiten „nach diesem Gesetz“ greifen. Es wird nicht auf die materielle Grundlage der in einem Prozess umstrittenen Rechte abgestellt, wie dies bei der Formulierung „aufgrund dieses Gesetzes“ anzunehmen wäre, sondern auf den maßgeblichen Rahmen des Prozesses (vgl. Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 18. Aufl. 2018, § 80 AsylG Rn. 3). Der Wortlaut lässt ebenso die Auslegung zu, dass die Frage, ob eine asylrechtliche Streitigkeit vorliegt, sich danach beurteilt, auf welche Rechtsgrundlage die Behörde ihre Maßnahme gestützt hat (zu letzterem vgl. Marx, AsylG, 10. Aufl. 2019, § 80 Rn. 3, 7).

Aus der vom Gesetzgeber mit dieser Regelung verfolgten Intention der Beschleunigung von Asylverfahren (BT8Drucks. 12/2062, S. 42) folgt, dass die begehrte Aussetzung der Abschiebung so unmittelbar die Durchsetzung der Ausreisepflicht berührt, dass sie hinsichtlich des Rechtsmittelausschlusses nicht anders betrachtet werden kann als der asylrechtliche Grundverwaltungsakt und darauf beruhende Vollstreckungsmaßnahmen wie die Abschiebungsandrohung (vgl. u.a. Hess. VGH, Beschluss vom 18. Juni 2019 8 9 B 1165/19 8 , juris; Hess. VGH, Beschluss vom 23. August 2018 8 7 D 1498/18.A 8, juris; Hess. VGH, Beschluss vom 19. September 2017 8 2 B 1913/17.A 8 ; Hess. VGH, Beschluss vom 20. Januar 1998 8 13 TZ 3765/97 8, juris). [...]