VG Oldenburg

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Zitieren als:
VG Oldenburg, Gerichtsbescheid vom 01.04.2020 - 1 A 4108/18 - asyl.net: M28348
https://www.asyl.net/rsdb/M28348
Leitsatz:

Aufklärungsmangel zu negativ abgeschlossenen Asylverfahren geht zu Lasten des BAMF:

1. Grundsätzlich kann das Urteil des Bundesamtes, dass im Ausland bereits erfolglos ein Asylverfahren betrieben wurde und dieses auch abgeschlossen ist, auch allein auf die Angaben der Asylsuchenden gestützt werden. 

2. Dies gilt jedoch dann nicht, wenn die Angaben der asylsuchenden Person und die weiteren Erkenntnisse (z.B. die Antwort des angefragten Mitgliedstaats) nicht miteinander in Einklang zu bringen sind. In diesem Fall besteht eine Pflicht des Bundesamtes, den Sachverhalt zweifelsfrei aufzuklären, bevor eine Entscheidung getroffen wird. Das Gericht hat in diesem Fall keine Pflicht zur weiteren Sachverhaltsaufklärung.

(Leitsätze der Redaktion, mit sehr ausführlicher Begründung auch hinsichtlich des italienischen Asylverfahrens)

Schlagwörter: Zweitantrag, Amtsermittlung, Sachaufklärungspflicht,
Normen: AsylG § 71a, AsylG § 29 Abs. 1 Nr. 5,
Auszüge:

[...]

Gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 5 AsylG ist ein Asylantrag unzulässig, wenn im Falle eines Zweitantrages nach § 71a AsylG ein weiteres Asylverfahren nicht durchzuführen ist. Nach § 71a Abs. 1 AsylG ist ein weiteres Asylverfahren nach erfolglosem Abschluss eines Asylverfahrens in einem sicheren Drittstaat (§ 26a), für den Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft über die Zuständigkeit für die Durchführung von Asylverfahren gelten oder mit dem die Bundesrepublik Deutschland darüber einen völkerrechtlichen Vertrag geschlossen hat, nur dann durchzuführen, wenn die Bundesrepublik Deutschland für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist und die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 des Verwaltungsverfahrensgesetz vorliegen.

Ein Zweitantrag im Sinne des § 71a AsylG setzt ein erfolglos abgeschlossenes Asylverfahren in einem sicheren Drittstaat voraus. Ein erfolgloser Abschluss des in einem anderen Mitgliedstaat betriebenen Asylverfahrens erfordert es, dass der Asylantrag entweder unanfechtbar abgelehnt oder das Verfahren nach Rücknahme des Asylantrags bzw. dieser gleichgestellten Verhaltensweisen endgültig eingestellt worden ist. Eine Einstellung ist nicht in diesem Sinne endgültig, wenn das (Erst-)Verfahren noch wiedereröffnet werden kann. Ob eine solche Wiedereröffnung bzw. Wiederaufnahme möglich ist, ist nach der Rechtslage des Staates zu beurteilen, in dem das Asylverfahren durchgeführt worden ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 14. Dezember 2016 - 1 C 4.16 -, juris Rn. 24, 29).

Es obliegt dem Bundesamt, den negativen Abschluss des Erstverfahrens im Rahmen der Amtsermittlungspflicht zu belegen; bloße Mutmaßungen genügen dafür nicht. Welche Anforderungen im Einzelnen an die Nachforschungspflicht des Bundesamtes zu stellen sind, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Die Annahme, dass der Asylsuchende selbst in aller Regel den Verfahrensablauf nicht durchschaue und deshalb auch keine verlässliche Auskunft geben könne (vgl. etwa VG Würzburg, Urteil vom 9. Dezember 2016 - W 3 K 16.30731 -, juris Rn. 25) überzeugt in ihrer Pauschalität jedoch nicht, sondern bedarf der Überprüfung im Einzelfall (so im Ergebnis auch VG Osnabrück, Urteil vom 27. Februar 2018 - 5 A 79/17 -, juris Rn. 45; Dickten, in: BeckOK, Ausländerrecht, 23. Edition, Stand: 1. August 2019, § 71a AsylG Rn. 2a). Ob und mit welchen Ergebnis ein Asylverfahren in einem sicheren Drittstaat durchgeführt wurde, liegt in Sphäre des Ausländers, so dass er erst einmal selbst gefordert ist, die erforderlichen Angaben zu machen (vgl. VG Hannover, Beschluss vom 22. November 2017 - 13 B 10945/17 -, juris 19), was der Kläger hier zunächst auch getan hat, wobei er in seiner schriftlichen Klagebegründung nicht mehr darauf eingeht, dass (und warum) er angegeben hat, sein Asylantrag sei in Italien abgelehnt worden.

Es ist trotz der Ausführungen des Klägers vor dem Bundesamt indes nicht sicher davon auszugehen, dass das Asylverfahren in Italien endgültig abgeschlossen war, als die Zuständigkeit für den Asylantrag gem. Art. 29 Abs. 2 Dublin III-VO aufgrund des Ablaufs der Überstellungsfrist im Rahmen des Dublin-Verfahrens im März 2018 auf die Bundesrepublik überging. Die Einzelrichterin hält diesen Zeitpunkt und - im Gegensatz zu den Ausführungen im Beschluss vom 30. November 2018 - nicht etwa den Zeitpunkt der (bloßen) Antragstellung in Deutschland für entscheidend (vgl. hierzu VG Hannover, Beschluss vom 7. Februar 2019 - 3 B 217/19 -, juris Rn. 32; VG Magdeburg, Beschluss vom 24. Juli 2019 - 2 B 219/19 - juris Rn. 24). Soweit diesbezüglich in dem Eilbeschluss angesichts der in Italien geltenden Rechtsbehelfsfristen noch davon ausgegangen wurde, dass die Bestandskraft der ablehnenden Entscheidung zum Zeitpunkt der Antragstellung in Deutschland nicht feststehe, ist dies nach Auffassung der Einzelrichterin aus den vorgenannten Gründen nicht maßgeblich. Geht man allein von den Behauptungen des Klägers aus (Ablehnung des Asylantrags vor seiner Ausreise aus Italien, ohne dass seinerseits Rechtsbehelfe eingelegt wurden), käme man zu dem Ergebnis, dass die Voraussetzungen von § 71a AsylG in Anbetracht der in Italien geltenden Fristen (vgl. hierzu aida Country Report Italy, 2017 Update, März 2018, S. 19) gerade vorliegen.

Die Mitteilungen eines Asylbewerbers können im jeweiligen Einzelfall durchaus ausreichend sein, um von dem negativen Abschluss des Asylverfahrens im Ausland auszugehen, wenn keine Anhaltspunkte für ein Missverstehen des Ablaufs des Asylverfahrens durch den Ausländer oder sonstigen Bedenken gegenüber seinen Angaben bzw. Hinweise auf deren Fehlerhaftigkeit bestehen. Das Gericht hält die Bekundungen des Klägers indessen gerade mit Blick auf die Auskunft der italienischen Behörden vom 25. Juni 2019 im vorliegenden Einzelfall für wenig belastbar bzw. eher für zweifelhaft, da sie angesichts der Kenntnisse über das italienische Asylverfahren nicht miteinander in Einklang gebracht werden können.

Möglich erscheint es, dass der Kläger - oder eventuell ohne Beteiligung des Klägers sein wohl jedenfalls bis Mai 2017 (18. Geburtstag des Klägers) bestellter gesetzlicher Vormund in Italien (vgl. hierzu aida Country Report Italy, 2017 Update, März 2018, S. 57) - tatsächlich gegen eine (irgendwann nach der Antragstellung am 22. Juni 2016 ergangene) ablehnende Entscheidung über seinen Asylantrag einen Rechtsbehelf eingelegt hat, der schließlich zur Gewährung humanitären Schutzes führte, obgleich sich hierfür aus dem Schreiben vom 25. Juni 2019 und den kaum auf sein eigenes Verfahren bezogenen Ausführungen des Klägers im gerichtlichen Verfahren keine Anzeichen ergeben.

Dabei ist aber zu beachten, dass jedenfalls die Benachrichtigung der italienischen Behörden insgesamt wenige Informationen beinhaltet, insbesondere nicht einmal - bis auf das Ablaufdatum der Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen - Daten nennt. Vor allem enthält das Schreiben gerade nicht den Zusatz, wann das Asylverfahren endgültig abgeschlossen war und wie es genau abgelaufen ist, um schließlich zu der bis ins Jahr 2020 gültigen (zweijährigen) Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen zu führen. Wenn Rechtsmittel ergriffen werden, kann sich die Dauer des italienischen Asylverfahrens auf bis zu zwei Jahren erstrecken (BFA, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation - Italien, Stand: 26. Februar 2019, S. 12), was eine Verfahrensdauer bis zum Juni 2018 vorstellbar erscheinen lässt. Eventuell ist der Asylantrag während des Aufenthalts des Klägers in Italien auch noch gar nicht abgelehnt, sondern - möglicherweise wegen einer zwischenzeitlichen Verfahrenseinstellung - erst später beschieden worden.

Es könnte zumindest sein, dass die Ablehnung in Italien von dem Kläger lediglich so dargestellt oder die Einlegung eines Rechtsbehelfs verschwiegen wurde, weil er dies für vorteilhaft im deutschen Asylverfahren hielt, oder er sich schlicht - aus welchen Gründen auch immer - über die Abläufe geirrt hat. Beispielsweise erscheint zumindest denkbar, dass der Kläger im Juni 2017 lediglich aus seiner bisherigen Unterkunft umziehen sollte, weil er kurz zuvor im Mai 2017 volljährig geworden war und ihm die Aufnahme in einem für unbegleitete Minderjährige reservierten "Centri'di accoglienza straordinaria" oder in einem Sistema di Protezione per Richiedenti Asilo e Rifugiati (SPRAR-Unterkunft), in denen Minderjährige bevorzugt untergebracht werden sollen, nicht mehr zustand (hierzu BFA, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Italien, Stand: 26. Februar 2019, S. 20; aida Country Report Italy, 2017 Update, März 2018, S. 97), wobei der Kläger in Italien (teilweise) unter einem anderen Geburtsdatum aufgetreten ist (... 1998). Ob die italienischen Behörden schließlich selbst den ... 1999 als Geburtsdatum zugrunde gelegt haben oder dies lediglich auf die vom Bundesamt übermittelten Informationen so eingetragen haben, wird nicht ganz deutlich. Im Zusammenhang mit seiner zwischenzeitlich erreichten Volljährigkeit - unterstellt in Italien wurde das Geburtsdatum am ... 1999 angenommen - könnte der Kläger aus seiner vorherigen Unterkunft verwiesen worden sein, was von ihm potentiell als Ablehnung seines Antrags verstanden worden sein könnte. Ausgehend von seinem in Deutschland benannten Geburtsdatum erweist sich eine Einordnung des klägerischen Vorbringens ferner als schwierig, da unbegleitete Minderjährige grundsätzlich in jedem Fall auch noch für sechs Monate nach Einritt in die Volljährigkeit eine Unterkunft erhalten (aida Country Report Italy, 2017 Update, März 2018, S., 128; BFA, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation - Italien, Stand: 26. Februar 2019, S. 15), und der Kläger im Juni 2017 dann - unterstellt in Italien wurde das Geburtsdatum am ... 1999 zugrunde gelegt - nicht auf der Straße gelandet sein dürfte, es sei denn, es ist gegebenenfalls zu einem Missverständnis zwischen ihm und den Behörden gekommen.

Inwiefern ihm die Entscheidung der italienischen Behörden (Ablehnung internationalen Schutzes, Zuerkennung humanitären Schutzes) wirklich bekannt geworden ist, als der Kläger sich noch in Italien aufhielt, bleibt offen. Hierbei kann nicht ganz unbeachtet bleiben, dass der Kläger erklärte, sein Asylantrag sei abgelehnt bzw. negativ beschieden worden, obschon er tatsächlich immerhin einen zweijährigen humanitären Aufenthaltstitel erhalten sollte. Diese Entscheidung dürfte sich im Hinblick darauf, dass der humanitäre Schutz im Asylverfahren Italiens durch die Territorial Commission mitgeprüft wird und die Empfehlung an die Polizeibehörden zur Gewährung des humanitären Schutzes insofern - diesbezüglich vergleichbar mit der Entscheidung über Abschiebungsverbote im deutschen Verfahren - zeitgleich mit der Ablehnung des internationalen Schutzes ergangen sein dürfte (vgl. zum Verfahren aida Country Report Italy, 2017 Update, März 2018, S. 16, 33), aus Sicht eines Asylbewerbers aufgrund des immerhin zweijährigen Schutzes nicht unbedingt als "negativer Verfahrensausgang" oder (vollständige) Ablehnung des Asylantrags darstellen, obschon der Kläger es so beschrieb und auch nicht auf den humanitären Schutz einging.

Selbst unter Heranziehung der schriftlichen Stellungnahme der italienischen Behörden kann die Frage, ob das Asylverfahren des Klägers in Italien im entscheidungserheblichen Zeitpunkt (Übergang der Zuständigkeit auf die Bundesrepublik) abgeschlossen war, nicht abschließend beantwortet werden. Ausgangspunkt für die Bedenken gegenüber einer abschließenden Entscheidung der italienischen Behörden über den Asylantrag des Klägers im maßgeblichen Zeitpunkt und Anlass für ein Hinterfragen der Darstellung des Klägers ist nämlich nicht etwa dessen (eigentlich eher eindeutiger) Vortrag, sondern vor allem das Ablaufdatum der ihm laut den italienischen Behörden gewährten Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen. Aus dem Eurodac-Treffer der Kategorie 1 ergibt sich, dass der Kläger in Italien Asyl beantragt hat. Auf die Anfrage des Bundesamtes erklärten die italienischen Behörden, dass die Gewährung internationalen Schutzes abgelehnt wurde, der Kläger aber eine Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen erhalten habe, die bis zum 20. Juni 2020 gültig sei.

Die Gewährung der vorgenannten Aufenthaltserlaubnis ist nicht mit einem Erfolg des Asylantrags verbunden. Vielmehr ist nach der Erkenntnislage davon auszugehen, dass eine Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen, die auf (nationalem) italienischen Recht (vor Inkrafttreten des Dekrets 113/2018 über Sicherheit und Migration, sog. Salvini-Dekret) beruhte, gerade nur dann erteilt wurde, wenn die italienischen Behörden keinen internationalen Schutz gewährt haben (VG Magdeburg, Beschluss vom 24. Juli 2019 - 2 B 219/19 -, juris Rn. 30; BFA, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation - Italien, Stand: 26. Februar 2019, S. 5). Der humanitäre Schutz war vielmehr eine eigenständige Schutzform (vgl. BFA, a.a.O.). Die Aufenthaltserlaubnisse aus humanitären Gründen (Permesso per Motivi Umanitari) wurden vor Erlass des Salvini-Dekrets für die Dauer von zwei Jahre erteilt und sind bis zu ihrem regulären Ablaufdatum auch nach Erlass des Salvini-Dekrets weiterhin gültig (vgl. Art. 14 Abs. 4 Präsidialerlass 21/2015; zudem etwa https://www.refugee.info/italy/documents-it/for-humanitarian-protection-holders-permesso-per-motivi-umanitari?language=en

).Wenn man nun davon ausgeht, dass der humanitäre Aufenthaltstitel des Klägers erst am 20. Juni 2020 abläuft, mithin ab dem 20. Juni 2018 gültig gewesen sein muss, stellt sich die Frage, wann die Entscheidung über die Gewährung des humanitären Schutzstatus bzw. die entsprechende Empfehlung zur Erteilung einer solchen Erlaubnis an die Questura (Immigrationsbüro der Polizei in Italien) und (wohl) damit einhergehend über die Ablehnung des internationalen Schutzes (abschließend) getroffen wurde. Dass dies bereits im Juni 2017 vor der Weiterreise des Klägers der Fall gewesen sein könnte, ist trotz seiner Angaben nicht hinreichend feststellbar. Es erschließt sich nämlich nicht, warum dann plötzlich am 20. Juni 2018 - also etwa ein Jahr später - der zweijährige Aufenthaltstitel von den Polizeibehörden (Questura) erteilt worden sein sollte, zumal der Kläger einen solchen offenkundig nie formell beantragt hat, stattdessen lange vor Juni 2018 das Land.vdrlassen hatte und für den Erhalt der Aufenthaltserlaubnis eine Meldeadresse erforderlich ist (BFA, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation - Italien, Stand: 27. September 2018, S. 19). Die Mitteilung über den Wohnsitz muss bereits dem Antrag gegenüber der Questura beigefügt werden (aida Country Report Italy, 2017 Update, März 2018, S. 118), wobei der Kläger ab Juni 2017 keinen Wohnsitz mehr gehabt haben will, ab Juli 2017 nachweisbar in Deutschland war und wohl auch an der humanitären Aufenthaltserlaubnis Italiens kein Interesse hatte. Zudem ist nicht bekannt, dass bei der Ersterteilung einer Aufenthaltserlaubnis derart lange Fristen (hier etwa zwölf Monate) verstreichen, bevor sie tatsächlich infolge des zu stellenden Antrags ausgestellt wird. Mehrmonatige Wartezeiten sind lediglich bei einer Verlängerung der Titel bekannt (etwa aida, a.a.O.). Ausgehend davon, dass die Aufenthaltserlaubnis im Juni 2018 kaum erteilt/ausgestellt worden sein kann, könnte der angegebene Gültigkeitszeitraum der Aufenthaltserlaubnis durchaus von dem Datum der letzten Entscheidung im Asylverfahren bzw. deren Bestandskraft berechnet worden sein, was den (endgültigen) Abschluss des Asylverfahrens in den Juni 2018 datieren würde. Es ergibt sich nicht, welches Ereignis ansonsten für die Berechnung der zweijährigen Frist der Aufenthaltserlaubnis ausschlaggebend gewesen sein sollte, da es - wie beschrieben - letztlich kein "Ausstellungsdatum" o.k geben kann und nicht anzunehmen ist, dass die Aufenthaltserlaubnis als Titel existiert. Dass getrennt über den humanitären Schutzstatus und den internationalen Schutz entschieden worden sein könnte, ergibt sich dabei ebenso wenig. Der humanitäre Schutzstatus wurde bis zur Gesetzreform seitens der italienischen Behörden - neben dem internationalen Schutz - im Asylverfahren geprüft und war ein mögliches Ergebnis der Prüfung durch die Territorial Commission (vgl. aida Country Report Italy, 2017 Update, März 2018, S. 32). Die Zuständigkeit für das Asylverfahren des Klägers war jedenfalls bereits im März 2018 auf die Bundesrepublik übergegangen.

Es ergibt sich auch nicht, dass ein Tippfehler vorliegen könnte und die italienischen Behörden eigentlich den 20. Juni 2019 als Ende der Gültigkeit der zweijährigen Aufenthaltserlaubnis angeben wollten, was mit der vom Kläger behaupteten Entscheidung im Juni 2017 zusammenpassen könnte. Denn der Wortlaut "expiring" ist klar auf die Zukunft gerichtet, wohingegen die Aufenthaltserlaubnis am 25. Juni 2019 (Datum des Schreibens) ansonsten - wenn der 20. Juni 2019 gemeint gewesen sein sollte - schon abgelaufen gewesen sein müsste ("expired"). Hinweise auf einen Irrtum sind nicht ersichtlich.

Das Gericht ist nicht verpflichtet, den Sachverhalt weiter aufzuklären. Das wäre nur der Fall, wenn sich eine weitere Sachverhaltsaufklärung von Amts wegen aufdrängen müsste. Hier sind weitere Aufklärungsmöglichkeiten nicht ersichtlich, zumal die italienischen Behörden auf mehrfache Nachfrage des Bundesamtes lediglich durch das bereits vorliegende, wenig aussagekräftige - vielmehr eher Verwirrung stiftende - Schreiben vom 25. Juni 2019 reagiert haben und der Kläger keine weiteren Angaben machen kann/will, obgleich er hierzu bereits eindringlich gerichtlich aufgefordert wurde. Unterlagen zu seinem Asylverfahren in Italien will. er nicht mehr haben. Mit dem Datenaustausch hat er sich bereits einverstanden erklärt.

Da Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die abschließende Entscheidung über den Asylantrag des Klägers in Italien erst nach dem Übergang der Zuständigkeit auf die Bundesrepublik bestandskräftig geworden sein könnte, und damit nicht mit hinreichender Sicherheit festgestellt werden kann, dass die Voraussetzungen des § 71a AsylG vorliegen, ist der Bescheid aufzuheben. [...]