Bundesministerium des Innern

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Zitieren als:
Bundesministerium des Innern, Erlass/Behördliche Mitteilung vom 09.07.2020 - M3-21002/94#2 - asyl.net: M28622
https://www.asyl.net/rsdb/M28622
Leitsatz:

Hinweise zur Vermeidung aufenthaltsrechtlicher Nachteile bei Ausbildungs- und Beschäftigungsduldung wegen Corona-Pandemie:

1. Kurzarbeit hat weder Auswirkungen auf die Ausbildungsduldung nach § 60c AufenthG noch auf die Beschäftigungsduldung nach § 60d AufenthG und ist bei letzterer unschädlich für das Erfordernis der Lebensunterhaltssicherung nach § 60d Abs. 1 Nr. 5 AufenthG (unter Bezug auf Ziff. 3 des BMI-Rundschreibens vom 25.03.2020 - M3-51000/2#5 - asyl.net: M28268).

2. Bei Kündigung des Ausbildungsverhältnisses aufgrund der Corona-Pandemie ist die in § 60c Abs. 6 S. 1 AufenthG vorgesehene sechsmonatige Duldung zur Ausbildungsplatzsuche zu erteilen, damit der Aufenthalt über den Start des neuen Ausbildungsjahres im September 2020 hinaus gesichert ist.

3. Personen mit Beschäftigungsduldung sollen bei Kündigung nicht schlechter gestellt werden als Personen mit einem Aufenthaltstitel zum Zweck der Beschäftigung. Dazu wird auf Ziff. 9 des BMI-Rundschreibens vom 9.4.2020 verwiesen (asyl.net: M28335), wonach bei Wegfall des Aufenthaltszwecks (z.B. aufgrund eines Verlustes des Arbeitsverhältnisses) und entsprechend vorzunehmender nachträglicher Befristung des Titels die Ausländerbehörden einen weiten Ermessensspielraum haben, der sachgerecht ausgeschöpft werden soll (z.B. Berücksichtigung von in Aussicht stehender Arbeitsstelle, ALG I-Bezug).

4. Kurzfristige Unterbrechungen eines Beschäftigungsverhältnisses hindern nach § 60d Abs. 3 S. 2 AufenthG den Fortbestand der Beschäftigungsduldung nicht. Entgegen der BMI-Anwendungshinweise vom 20.12.2019 zum Ausbildungs- und Beschäftigungsduldungsgesetz (asyl.net: M28035), kann aufgrund der besonderen Situation der Corona-Pandemie auch bei einem Zeitraum von bis zu sechs Monaten eine unschädliche Unterbrechung angenommen werden. In diesem Zeitraum wird aufgrund der 18-monatigen Vorbeschäftigung regelmäßig ein Anspruch auf ALG I bestehen, so dass der Lebensunterhalt weiterhin gesichert ist.

5. Sowohl bei einer Ausbildungs- als auch bei einer Beschäftigungsduldung ist der Fortbestand der Duldung trotz Wegfalls der Ausbildung bzw. Beschäftigung für einen angemessenen Zeitraum zur Suche einer neuen Ausbildung bzw. Beschäftigung gewährleistet.

(Zusammenfassung der Redaktion)

Siehe auch:

  • Meldung auf asyl.net vom 14.7.2020
Schlagwörter: Ausbildungsduldung, Beschäftigungsduldung, Corona-Virus, Kurzarbeit, Kündigung, Sicherung des Lebensunterhalts, Ausbildungsplatzsuche, Arbeitssuche, Vorbeschäftigung, Innenministerium, ALG, Arbeitslosengeld,
Normen: AufenthG § 60c, AufenthG § 60d, AufenthG § 60d Abs. 3 S. 2, AufenthG § 60c Abs. 6, AufenthG § 60d Abs. 1 Nr. 5,
Auszüge:

[...]

Kurzarbeit ist die vorübergehende Verringerung der regelmäßigen Arbeitszeit, dabei arbeiten die betroffenen Arbeitnehmer weniger als die regelmäßige Arbeitszeit oder überhaupt nicht. Das Beschäftigungsverhältnis bleibt dabei bestehen. Entsprechend hat Kurzarbeit weder eine Auswirkung auf die Ausbildungsduldung noch auf die Beschäftigungsduldung. Somit ist der Bezug von Kurzarbeitergeld unschädlich für das Erfordernis der Lebensunterhaltssicherung nach § 60d Abs. 1 Nr. 5 AufenthG. In Bezug auf den Bezug von Kurzarbeitergeld verweise ich auf Ziffer 3 meines Schreibens vom 25. März 2020.

[...]

Zur Ausbildungsduldung sieht § 60c Abs. 6 AufenthG vor, dass in dem Fall, dass die Berufsausbildung vorzeitig beendet wurde, eine Duldung zur Suche nach einem neuen Ausbildungsplatz erteilt wird. Wird der Ausbildungsvertrag aufgrund der Corona-Pandemie vorzeitig beendet ist damit eine Duldung für sechs Monate zu erteilen. Ausgehend von den ersten Maßnahmen in Zusammenhang mit der Corona-Pandemie Mitte März 2020 ist damit der gesicherte Aufenthalt, während dessen keine aufenthaltsbeendenden Maßnahmen ergriffen werden, jeweils mindestens bis Mitte September 2020 und damit über den Start des neuen Ausbildungsjahres hinaus sichergestellt.

Inhaber einer Beschäftigungsduldung nach § 60d AufenthG sollen – soweit ihr Arbeitsverhältnis gekündigt wurde – nicht schlechter gestellt werden, als Inhaber eines Aufenthaltstitels zum Zweck der Beschäftigung, deren Beschäftigungsverhältnis gekündigt wurde (siehe hierzu auch Ziffer 9 meines Schreibens vom 9. April 2020).

Nach § 60d Abs. 3 Satz 2 AufenthG hindern kurzfristige Unterbrechungen eines Beschäftigungsverhältnisses den Fortbestand der Beschäftigungsduldung nicht. Entgegen den Anwendungshinweisen des BMI zum Gesetz über Duldung bei Ausbildung und Beschäftigung vom 20. Dezember 2019, die eine Lage wie die Corona-Pandemie nicht berücksichtigt, kann aufgrund der besonderen Situation eine für die Beschäftigungsduldung unschädliche kurzfristige Unterbrechung auch für einen Zeitraum von bis zu sechs Monaten angenommen werden.

Aufgrund der Erteilungsvoraussetzung der 18-monatigen Vorbeschäftigung vor Erteilung der Beschäftigungsduldung wird regelmäßig ein Anspruch auf Arbeitslosengeld I für mindestens sechs Monate bestehen. Damit wird während des zuvor genannten Sechsmonatszeitraums der Lebensunterhalt weiterhin gesichert sein.

Sowohl für Inhaber einer Ausbildungsduldung als auch einer Beschäftigungsduldung ist somit der Fortbestand der Duldung trotz Wegfall der Ausbildung bzw. Beschäftigung für einen angemessenen Zeitraum, der für die Suche einer neuen Ausbildung bzw. Beschäftigung genutzt werden kann, gewährleistet.

[...]