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Zitieren als:
BAMF, Bescheid vom 04.09.2020 - unbekannt - asyl.net: M28838
https://www.asyl.net/rsdb/M28838
Leitsatz:

Feststellung eines Abschiebungsverbots für einen minderjährigen Jungen aus Guinea:

Eine minderjährige Waise, die keine Unterstützung durch Familienangehörige erwarten kann, die Schule nur vier Jahre besucht hat und keine berufliche Qualifizierung oder nennenswerte Erfahrung besitzt, kann in Guinea ihr Existenzminimum nicht sichern.

(Leitsätze der Redaktion)

Schlagwörter: Guinea, minderjährig, Existenzgrundlage, Existenzminimum, Abschiebungsverbot, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung, unbegleitete Minderjährige,
Normen: AufenthG § 60 Abs. 5, EMRK Art. 3,
Auszüge:

[...]

Die dargestellte allgemein schwierige wirtschaftliche Lage begründet kein generelles Abschiebungsverbot. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass für Rückkehrer in Guinea die Möglichkeit besteht, ökonomisch eigenständig alleine und auch ohne Hilfe Dritter zu leben. Allein in wenigen besonders gelagerten Ausnahmefällen kommt deshalb aufgrund individueller Umstände wegen der schlechten sozialen und wirtschaftlichen Lage in Guinea für Rückkehrer ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG in Betracht.

Aufgrund der individuellen Umstände des Antragstellers ist mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit jedoch davon auszugehen, dass sich die Gefahr einer Verletzung des Art. 3 EMRK durch die Abschiebung außergewöhnlich erhöht und deswegen ein Abschiebungsvarbot gem. § 60 Abs. 5 AufenthG festzustellen ist.

Aufgrund der oben aufgeführten Erkenntnislage ist davon auszugehen, dassvor allem Personen mit besonderem Schutzbedarf, wie im vorliegenden Fall einem unbegleiteten minderjährigen Flüchtling, der nach glaubhaftem Sachvortrag über keinerlei familiären Rückhalt verfügt bzw. nicht darauf zu verweisen ist, sich in den Haushalt des Onkels, der ihn selbst und seine Mutter geschlagen hat, zurückzubegeben, im Heimatland keinerlei Möglichkeit haben viird, sich dort eine Lebensgrundlage aufzubauen. Der Antragsteller hat zwar nach eigenem Bekunden die Schule vier Jahre besucht und seiner Mutter beim Verkauf vorn Reis geholfen, jedoch verfügt er darüber hinaus über keinerlei berufliche Erfahrungen, Fähig- oder Fertigkeiten. die es ihm ermöglichen, ein Leben zumindest am Rande des Existenzminimums zu sichern. [...]