LG Mönchengladbach

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Zitieren als:
LG Mönchengladbach, Beschluss vom 03.12.2020 - 5 T 279/20 - asyl.net: M29130
https://www.asyl.net/rsdb/M29130
Leitsatz:

Aufhebung der Abschiebungshaft bei Covid-19-Infektion:

Infiziert sich die von einem Haftbeschluss betroffene Person mit Covid-19 und kann deswegen die Abschiebung auf absehbare Zeit nicht stattfinden, ist sie aus der Haft zu entlassen.

(Leitsätze der Redaktion)

Schlagwörter: Abschiebungshaft, Abschiebung, Unmöglichkeit, Corona-Virus, Sicherungshaft, Verhältnismäßigkeit,
Normen: AufenthG § 62 Abs. 1, FamFG § 426 Abs. 2,
Auszüge:

[...]

Die Beschwerden des Betroffenen sind zulässig und haben nunmehr, nach der Infizierung des Betroffenen mit dem Corona-Virus (SARS-Cov-2), auch in der Sache Erfolg.

Die Ablehnung einer Aufhebung der Haft durch das Amtsgericht hat zunächst Fehler nicht erkennen lassen, der Grund für die Anordnung der Sicherungshaft hat bis zum 03.12.2020 weiterhin vorgelegen, § 426 Abs. 2 S. 1 und Abs. 1 S. 1 FamFG. Aus demselben Grund hat auch die gegen ihn unmittelbar eingelegte Beschwerde zunächst keinen Erfolg gehabt.

Weitergehende Ausführungen hierzu können jedoch dahinstehen, da aufgrund der Infizierung des Betroffenen mit dem Corona-Virus (SARS-Cov-2) der Fortdauer der Sicherungshaft der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entgegensteht, § 62 Abs. 1 FamFG.

Die Sicherungshaft nur angeordnet oder fortgesetzt werden, wenn sie verhältnismäßig ist, § 62 Abs. 1 AufenthG. Grundlegende Voraussetzung der Angemessenheit der Sicherungshaft ist, dass diese überhaupt geeignet ist, ihren Zweck, heißt die Sicherstellung der Abschiebung des Betroffenen, zu erreichen. Daran fehlt es hier nunmehr. Aufgrund der Infizierung des Betroffenen mit dem Corona-Virus (SARS-Cov-2) hat die Beteiligte zu 1) den Rückführungsflug des Betroffenen bereits storniert. Da der Betroffene erst nach erfolgreicher Negativtestung mit dem Virus abgeschoben werden kann, womit nach den allgemein gültigen Quarantäneregelungen jedenfalls nicht vor Ablauf von 14 Tagen zu rechnen ist, und der Sicherungshaftbefehl zeitlich auf den 08.12.2020 befristet ist, ist es faktisch ausgeschlossen, dass eine Rückführung des Betroffenen in dem ursprünglich vorgesehen Zeitraum noch möglich ist. Aus diesem Grunde kann der Haftbefehl seinen Zweck, die Sicherung der Abschiebung des Betroffenen, nicht mehr erreichen. Da der Haftbefehl seinen Zweck nicht mehr erreichen kann, besteht auch kein Anlass, den weiteren sog. Pufferzeitraum zur Herbeiführung eines möglichen Ersatzabschiebefluges abzuwarten. Der Haftbefehl ist vielmehr unverzüglich aufzuheben. [...]