Anordnung von Abschiebungshaft über den von der Ausländerbehörde beantragten Zeitraum hinaus ist unzulässig; eine im Ausland geschlossene Ehe ist ohne weitere Anerkennung in Deutschland durch Art. 6 GG geschützt; gem. Art. 19 Abs. 4 GG ist das Abschiebungshaftverfahren so zu gestalten, dass der Betroffene nachträglich entstandene Umstände, die seiner Abschiebung entgegenstehen, gegenüber der Ausländerbehörde - ggf. auch im verwaltungsgerichtlichen Eilrechtsschutzverfahren - geltend machen kann.
[...]
Die angefochtene Entscheidung beruht auf einer Verletzung des Gesetzes (§ 27 Abs. 1 FGG).
1. Die Anordnung der Abschiebehaft für einen über den im Antrag der Verwaltungsbehörde hinausgehenden Zeitraum ist verfahrensfehlerhaft.
In der Freiwilligen Gerichtsbarkeit besteht eine Bindung an Anträge nicht in sog. Amtsverfahren. In Antragssachen jedoch, in denen die Einleitung des Verfahrens von der Stellung eines Antrages abhängt und eine amtswegige Verfahrenseröffnung ausgeschlossen ist, darf das Gericht ebenso wie in Streitsachen nicht eine über den Antrag hinausgehende Entscheidung treffen. Das Gericht ist in Antragssachen der Freiwilligen Gerichtsbarkeit ebenso wie im Zivilprozess an den Antrag gebunden (Schmidt, Handbuch der Freiwilligem Gerichtsbarkeit, 2. Aufl. Rn. 8; Baur, Freiwillige Gerichtsbarkeit 1955 § 17 IV 1 a; Münch. Komm./Musielak, ZPO, 2. Aufl. § 308 ZPO Rn. 4).
Die Entscheidung über einen Antrag auf Anordnung der Abschiebehaft ist eine Antragssache. Notwendige Voraussetzung für das Verfahren und die Rechtmäßigkeit der Freiheitsentziehung ist ein Antrag nach § 3 FEVG. [...]
2. Die Entscheidung des Landgerichts beruht auch auf einer Verletzung von Art. 6 GG und Art. 19 Abs. 4 GG.
a) Entgegen der Auffassung des Landgerichts bedarf die im Ausland geschlossene Ehe weder zu ihrer Wirksamkeit noch zur Begründung des Schutzes aus Art. 6 GG einer Legalisierung oder Anerkennung.
Die aus Art. 6 GG ableitbaren Schutz- und Abwehrrechte sind Menschenrechte, die Deutschen, Ausländern und Staatenlosen gleichermaßen zustehen. Der Schutzbereich umfasst nicht nur inlandsbezogene Ehen, sondern eheliche Lebensgemeinschaften unabhängig davon, ob und nach Maßgabe welcher Rechtsordnung sie - vorbehaltlich des deutschen ordre public - begründet wurden und ob die Rechtswirkungen des ehelichen Bandes nach deutschem oder ausländischem Recht zu beurteilen sind.
Die ausländerrechtlichen Rechte und Pflichten werden daher auch durch die dem Schutz des Art. 6 GG unterliegende im Ausland geschlossene Ehe beeinflusst (BVerfGE 31, 58; Mauz/Badura GG-Kommentar Loseblattsammlung, Art. 6 GG Pn. 13 m.w.N.).
Nach den von dem Landgericht festgestellten Tatsachen ist die Ehe nicht nichtig. [...]
Es bedarf zur Wirksamkeit der im Ausland geschlossenen Ehe nicht eines formellen Aktes in der Bundesrepublik. Vielmehr steht den Eheleuten frei, einen Antrag auf Anlegung eines Familienbuches nach § 15 a Abs. 1 Nr. 1 PStG zu stellen.
Auch eine in Dänemark unterlassene Prüfung der Ehefähigkeit steht der Wirksamkeit der Ehe nicht entgegen. Selbst nach deutschem Recht ist eine ohne Ehefähigkeitszeugnis des Ausländers geschlossene Ehe wirksam. § 1309 BGB ist lediglich eine Sollvorschrift (Palandt/Brudermüller, BGB, 60. Aufl., § 1309 BGB Rn. 3). Ebenso führt die Eheschließung einer deutschen Staatsbürgerin im Ausland ohne Ehefähigkeitszeugnis nach § 69 b PStG nicht zur Unwirksamkeit der Ehe. Es kommt allein darauf an, ob der deutsche Ehepartner im Zeitpunkt der Eheschließung tatsächlich ledig war.
b) Die Anordnung der Abschiebehaft verletzt das Recht des Betroffenen auf effektiven Rechtsschutz, weil die Gefahr besteht, dass die Ausländerbehörde durch die Abschiebung vollendete Tatsachen schafft, obwohl der Betroffene durch einen Antrag an das Verwaltungsgericht auf vorläufigen Rechtsschutz sein Verbleiben in der Bundesrepublik sichern könnte.
Grundsätzlich kommt dem Haftrichter im Abschiebehaftverfahren nur eine eingeschränkte Prüfungskompetenz zu. Der Haftrichter hat die Voraussetzungen für die Anordnung der Abschiebehaft nach § 57 AuslG zu prüfen. Er ist an die Verwaltungsakte der Ausländerbehörde und an die verwaltungsgerichtlichen Entscheidungen gebunden. Diese Bindung gilt jedoch nicht, wenn sich die Verwaltungsakte wegen eines besonders schweren oder offenkundigen Fehlers als nichtig erweisen oder der Betroffene sich auf einen Umstand beruft, der erst nach Erlass und Bestandskraft der Verwaltungsakte oder verwaltungsgerichtlichen Entscheidungen eingetreten ist.
Das ist der Fall, wenn der Betroffene nach Rechtskraft der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung über seine Ausreisepflicht die Ehe mit einer deutschen Staatsangehörigen geschlossen hat.
Aus der Ehe mit einer deutschen Staatsangehörigen kann dem Ausländer ein Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 1 Nr. 1 AuslG erwachsen. Die Abschiebung ist dann nicht mehr rechtmäßig möglich, die Abschiebehaft somit rechtswidrig.
Die Entscheidung über den Antrag auf Erteilung der Aufenthaltserlaubnis aufgrund der veränderten Umstände - hier der Eheschließung - obliegt der Verwaltungsbehörde und den Verwaltungsgerichten. Aufgrund der aufgespaltenen Zuständigkeit sind diese Umstände folglich grundsätzlich nicht im Haftverfahren, sondern vor dem Verwaltungsgericht geltend zu machen.
Allerdings ist ein Gericht, das über die Abschiebehaft zu entscheiden hat, nicht der Verpflichtung enthoben zu prüfen, ob die Voraussetzungen für die Aufrechterhaltung der Haft vorliegen oder, aufgrund nachträglich eingetretener Umstände, durch die der Inhaftierte der Ausreisepflicht ledig wird oder die Durchführbarkeit seiner Abschiebung für längere Zeit oder auf Dauer gehindert wird, entfallen sind. Der rechtsstaatliche Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gebietet nicht nur, im Falle der Undurchführbarkeit der Abschiebung von der Sicherungshaft abzusehen, sondern zwingt auch dazu, das öffentliche Interesse an der Sicherung der Abschiebung und den Freiheitsanspruch des Betroffenen gegeneinander abzuwägen. Insoweit erweist sich § 57 Abs. 2 S. 4 AuslG als gesetzliche Ausprägung des in diesem Sinne verstandenen Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes für den Fall der Ungewissheit darüber, ob die Haft tatsächlich erforderlich ist (BVerfG NJW 1987, 3076; BVerfG B. v. 15.12.2000. Az: 2 BvR 347/00, Juris Nr.: KVRE298590005).
Daraus folgt, dass die von dem Betroffenen geltend gemachten veränderten Umstände auch von dem Haftrichter zu beachten sind. Das ist ohne die Gefahr widersprechender Entscheidungen der ordentlichen Gerichte und der Verwaltungsgerichte möglich.
In Fällen, in denen es naheliegt, dass die Verwaltungsbehörde durch die Abschiebung vollendete Tatsachen schafft, die sich mit den verfassungsrechtlichen Garantien, insbesondere dem Schutz von Ehe und Familie nach Art. 6 GG nicht ein Einklang bringen lassen, ist es nach Art. 19 Abs. 4 GG geboten, das Haftverfahren so zu gestalten, dass dem Betroffenen effektiver Rechtsschutz gewährt wird.
Der Haftrichter hat durch Belehrung des Betroffenen über die Möglichkeiten des vorläufigen verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes (§§ 80 Abs. 5, 123 VwGO) und die entsprechende zeitliche Gestaltung des Verfahrens den Grundrechten des Betroffenen zur Geltung verhelfen (BGHZ 78, 145; OLG Karlsruhe NVwZ 1999, 214; OLG Köln OLGR 2001, 279). Der Haftrichter oder das zur Entscheidung über die sofortige Beschwerde berufene Landgericht kann Anträge zu Protokoll nehmen und zur Entscheidung an die Verwaltungsbehörde oder das Verwaltungsgericht weiterleiten. Bis diese tätig werden, kann er mit der Entscheidung über den Haftantrag angemessene Zeit zuwarten (BGHZ 78, 145,152). [...]