ObLG Bayern

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Zitieren als:
ObLG Bayern, Beschluss vom 25.03.2003 - 4 Z BR 16/03 - asyl.net: M3602
https://www.asyl.net/rsdb/M3602
Leitsatz:

Frühere Sicherungshaft ist nicht bei der Berechnung der zulässigen Höchstdauer der Sicherungshaft gem. § 57 Abs. 3 AuslG zu berücksichtigen, wenn der Aufenthalt danach über zwei Jahre aus tatsächlichen Gründen geduldet war und damit eine Zäsur zwischen den Haftabschnitten eingetreten ist.(Leitsatz der Redaktion)

Schlagwörter: D (A), Kasachen, Abschiebungshaft, Haftzeit, frühere Haftzeit, Anrechnung, Abschiebungsvereitelung, Passlosigkeit, Passbeschaffung, Mitwirkungspflichten, Sofortige weitere Beschwerde
Normen: AuslG § 57 Abs. 2 S. 1 Nr. 5
Auszüge:

Das Landgericht ist auf Grund eigener Ermittlungen, deren Ergebnis es dem Betroffenen zum Zweck der Stellungnahme vor der Entscheidung vom 6.3.2003 bekannt gab, zu der Feststellung gelangt, dass sich der Betroffene ab Anfang 2003 nicht mehr der ihm zugewiesenen Unterkunft an der ... in München aufhielt. Das Landgericht stützt diese Feststellung verfahrensfehlerfrei auf tatsächliche Umstände, die auch der Betroffene nicht in Abrede stellt, (sondern nur anders gedeutet wissen will). Aus diesem Verhalten und aus dem weiter hinzutretenden Umstand, dass der Betroffene seit 2002 wusste, dass die Ausländerbehörde nicht bereit war, die nur noch bis 23.1.2003 gültige Duldung zu verlängern, und ihm die Abschiebung für den Fall androhte, dass er nicht von sich aus ausreisen sollte, hat das Landgericht letztlich den Schluss gezogen, die festgestellten Tatsachen rechtfertigen den begründeten Verdacht, der Betroffene wolle sich der Abschiebung entziehen (§ 57 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 AuslG).

Dies hält rechtlicher Prüfung stand.

Bereits dem Landgericht gegenüber hatte der gerügt, seine (erneute) Inhaftnahme sei unzulässig, denn es seien 1999/2000 schon über elf Monate Abschiebungshaft gegen ihn vollzogen worden. Das Landgericht ist auf diese Rüge nicht eingegangen, obwohl nach der obergerichtlichen Rechtsprechung hierzu durchaus Anlass bestanden hätte (vgl. Schlesw.-Holst. OLG FGPrax 1996, 38; KG InfAuslR 2000, 233 und BayObLG Beschluss vom 2.1.2001 - 3ZBR398/00). Im Ergebnis bleibt die Rüge im Hinblick auf die tatsächlichen Umstände dieses Falles ohne Erfolg.

Nach der damaligen Freilassung erhielt der Betroffene, wie das Landgericht im angefochtenen Beschluss festgestellt hat, eine zuletzt bis 23.1.2003 befristete Duldung (§§ 55, 56 AuslG), da die Abschiebung aus tatsächlichen Gründen vorerst unmöglich war. Mit dieser über zwei Jahre dauernden Duldung ist nach Auffassung des Senats eine relevante Zäsur zwischen den Haftabschnitten eingetreten, die eine Anrechnung der früheren Haftzeit entfallen lässt (KG aaO). Während dieser über zweijährigen Duldung, die zu keiner Zeit die Ausreisepflicht entfallen ließ (§ 56 Abs. 1 AuslG), war der Betroffene aufgerufen und in der Lage, sich selbst um einen Pass oder ein anderes für die Ausreise geeignetes Ausweispapier seines Heimatlandes zu bemühen und anschließend seiner Ausreisepflicht nachzukommen. Den im vorliegenden Verfahren am 6.2.2003 gestellten Haftantrag stützte die Behörde auf die neue konkrete Erwartung, dass das zuständige kasachische Konsulat nunmehr erstmalig bereit oder in der Lage war, innerhalb einer Zeitspanne von längstens zwei Monaten einen Passersatz auszustellen. Nach Mitteilung der Ausländerbehörde liegt ihr das für die Abschiebung erforderliche Passersatzdokument, gültig bis 19.4.2003, nunmehr im Original vor.