Die Zulassung der Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung gem. § 78 Abs. 3 Nr. 1 AuslG ist ausgeschlossen, wenn die geltend gemachte Tatsachenfrage aufgrund einer Änderung der politischen Verhältnisse im Heimatland des Ausländers offensichtlich nicht mehr entscheidungserheblich ist; die Frage nach einer möglichen Verfolgung durch das Baath-Regime im Irak hat keine grundsätzliche Bedeutung mehr i.S.d. § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylVfG.(Leitsatz der Redaktion)
Der Antrag des Beteiligten auf Zulassung der Berufung kann keinen Erfolg haben, weil der vom Beteiligten auschließlich geltend gemachte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung gem. § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylVfG zum maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung über den Zulassungsantrag nicht mehr gegeben ist.
In dem Antragsschriftsatz vom 5.7.2002 hat der Beteiligte zur Begründung seines Zulassungsantrags als grundsätzlich klärungsbedürftig die verallgmeinerungsfähige Tatsachenfrage aufgeworfen, ob minderjährige Kinder bereits wegen Aufenthalts im westlichen Ausland und Asylbeantragung oder wegen eines solchen Nachfluchtverhaltens ihrer Eltern von politischer Verfolgung durch das Regime von Saddam Hussein bedroht seien.
Diese Fragestellung kann die Berufungszulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung nicht mehr rechtfertigen, weil sie sich im Berufungsverfahren nicht mehr stellen würde. Der Zulassungstatbestand der grundsätzlichen Bedeutung gem. § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylVfG setzt voraus, dass die als klärungsbedürftig aufgeworfene Rechtsfrage oder verallgemeinerungsfähige Tatsachenfrage einer Klärung in dem angestrebten Berufungsverfahren zugänglich ist, weil es für den Erfolg der Berufung darauf ankommt, wie sie beantwortet wird. Dieses Erfordernis der konkreten Entscheidungserheblichkeit folgt aus dem Zweck des Zulassungstatbestandes gem. § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylVfG, der darin besteht, die Rechtsfortentwicklung und Rechtseinheit zu gewährleisten. Dieser Zweck kann nicht mehr erfüllt werden, wenn es auf die Beantwortung der als grundsätzlich bedeutsam aufgeworfenen Frage für den Ausgang des Berufungsverfahrens nicht mehr ankommt (vgl. zum Ganzen, Schenk, in Hailbronner, Ausländerrecht, Bd. 3, § 78 AsylVfG, RdNr. 66 a m.w.N.). An der konkreten Entscheidungserheblicheit fehlt es, wenn eine als grundsätzlich bedeutsam dargelegte Tatsachenfrage aufgrund einer Änderung der politischen Verhältnisse im Heimatland des Asylbewerbers zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Zulassungsantrag ihre entscheidungserhebliche Bedeutung für die Beurteilung des Asyl- und Abschiebungsschutzbegehrens offensichtlich verloren hat. Bei dieser Sachlage kann das Berufungsverfahren den ihm gesetzlich zugedachten Zweck der Rechtsfortbildung nicht mehr erfüllen.
So liegt der Fall hier: Aufgrund des Einmarschs der Truppen der USA und ihrer Verbündeten hat das Regime von Saddam Hussein die politische und militärische Herrschaft über den Irak verloren.Es ist nichts dafür ersichtlich, dass dieses Regime jemals wieder an die Macht kommt. Diese grundlegende Veränderung darf wegen ihrer umfassenden Behandlung in der Presse als allgemeinkundige Tatsache vom Senat auch ohne Einführung entsprechender Erkenntnismittel im vorliegenden Antragsverfahren berücksichtigt werden (vgl. BVerwG, Urt. v. 27.4.1981, InfAuslR 1982, 349). Sie hat dazu geführt, dass die vom Verwaltungsgericht angenommene und vom Beteiligten in Abrede gestellte Gefahr politischer Verfolgung des Klägers durch das Regime von Saddam Hussein offensichtlich entfallen ist.
Die in dem Schriftsatz des Beteiligten vom 17.04.2003 angesprochene Berufungszulassung wegen Divergenz gem. § 78 Abs. 3 Nr. 2 AsylVfG ist schon deshalb zu keinem Zeitpunkt in Betracht gekommen, weil das Verwaltungsgericht in dem angefochtenen Urteil nicht von dem Urteil des Senats vom 13.9.2002 - A 4 B 269/02 - abgewichen sein kann. Denn in diesem Urteil hat sich der Senat mit der Frage der politischen Verfolgungsgefahr für minderjährige Kinder, im Falle von deren Rückkehr aus dem westlichen Ausland in den Irak durch das Regime von Saddam Hussein nicht befasst.
Die vom Beteiligten weiter geltend gemachten Gründe der Prozessökonomie und der Verfahrensbeschleunigung sind von vornherein nicht geeignet, um die Zulassung der Berufung zu erreichen. Einer Zulassung aus diesen Gründen steht bereits entgegen, dass die gesetzlichen Zulassungsvoraussetzungen in § 78 Abs. 1 Nrn. 1 bis 3 AsylVfG abschließend geregelt sind. In der Beschränkung der materiellen Zulassungstatbestände auf grundsätzliche Bedeutung und Divergenz kommt zum Ausdruck, dass ein Berufungsverfahren nur durchzuführen ist, wenn es der Rechtsfortbildung und der Wahrung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung dient. Der Bundesgesetzgeber hat zwar die Ausgestaltung des Berufungsverfahrens als zweite Tatsacheninstanz beibehalten, sich aber bewusst gegen eine allgemeine Berufungszulassung zur Gewährleistung der Richtigkeit des Entscheidungsergebnisses des Verwaltungsgerichts entschieden. Aufgrund der eindeutigen gesetzlichen Vorgaben kann diese Einschränkung des Zugangs zur Berufungsinstanz nicht im Hinblick darauf außer Acht gelassen werden, dass Änderungen der tatsächlichen Verhältnisse im Heimatland des Asylbewerbers, die nach der Berufungszulassung während des anhängigen Berufungsverfahrens eintreten, vom Berufungsgericht zu berücksichtigen sind. Die abschließende Regelung der Zulassungstatbestände in § 78 Abs. 3 Nrn. 1 bis 3 AsylVfG steht auch einer Übernahme der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Berücksichtigung von allgemeinkundigen Änderungen der tatsächlichen Verhältnisse während des Revisionsverfahrens, d.h. nach Zulassung der Revision entgegen.
Im Übrigen liegen die Voraussetzungen, die das Bundesverwaltungsgericht fur eine Berücksichtigung von allgemeinkundigen tatsächlichen Veränderungen während des Revisionsverfahrens aufgestellt hat, nicht vor. Das Bundesverwaltungsgericht verlangt dafür, dass auch die rechtlichen Auswirkungen der Veränderungen fur die Beurteilung des Asyl- und Abschiebungsschutzbegehrens offenkundig sind (BVerwG, Urt. v. 30.10.1990, BVerwGE 87, 53, 62; Urt. v. 20.10.1992, BVerwGE 91, 104, 108). Daran fehlt es vorliegend jedenfalls für die Beurteilung der Rechtsschutzbegehren des Klägers, die Beklagte zur Feststellung eines Abschiebungshindernisses gemäß § 53 Abs. 1, 4 AuslG und - weiter hilfsweise - gemäß § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG zu verpflichten. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts gelten diese Ansprüche als hilfsweise geltend gemacht, so dass sie im Falle der Zulassung der Berufung und Abweisung der auf Feststellung eines Abschiebungsverbots gemäß § 51 Abs. 1 AuslG gerichteten Hauptanträge des Klägers automatisch in der Berufungsinstanz anfallen würden (BVerwG, Urt. v. 15.4.1997, NVwZ 1997, 1132, 1133).