OVG Sachsen

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Zitieren als:
OVG Sachsen, Beschluss vom 16.09.2003 - A 3 B 529/01 - asyl.net: M4215
https://www.asyl.net/rsdb/M4215
Leitsatz:

Lässt ein VG für den Nachweis der Einreise auf dem Luftweg die Glaubhaftmachung genügen, weicht es damit nicht von der Entscheidung des BVerwG vom 29.6.1999 - 9 C 36.98 - NVwZ 2000, 81 (=ASYLMAGAZIN 10/1999, S. 30) ab, da dort nur die Beweislast, nicht aber der Wahrscheinlichkeitsmaßstab behandelt worden ist.(Leitsatz der Redaktion)

 

Schlagwörter: D (A), Verfahrensrecht, Berufungszulassungsantrag, Drittstaatenregelung, Einreise, Luftweg, Glaubhaftmachung, Beweislast, Reisedokumente, Richterliche Überzeugungsgewissheit, Divergenzrüge
Normen: AsylVfG § 78 Abs. 3 Nr. 2; VwGO § 108 Abs. 1
Auszüge:

Soweit der Beteiligte in seinem Zulassungsantrag rügt, das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht für die Einreise der Kläger auf dem Luftweg eine Glaubhaftmachung genügen lassen, liegt der Zulassungsgrund der Divergenz nicht vor. Das Verwaltungsgericht weicht damit nicht von dem vom Beteiligten gegenübergestellten Rechtssatz des Bundesverwaltungsgerichts aus seiner Entscheidung vom 29.6.1999 (NVwZ 2000, 81) ab, wonach den Asylbewerber die materielle Beweislast für die in seinen Verantwortungs- und Einflussbereich fallenden Umstände der Einreise trifft und eine abweichende Beweislastverteilung zu Lasten der Beklagten auf eine bloße nicht widerlegbare Behauptung des Asylbewerbers hin, auf dem Luftweg eingereist zu

sein, die Drittstaatenregelung unanwendbar machen würde. Mit diesem Grundsatz trifft das Bundesverwaltungsgericht eine Beweislastentscheidung für die Fälle des sog. "non-liquet", in denen das Tatsachengericht weder davon überzeugt ist, dass der Asylbewerber auf dem Luftweg eingereist ist, noch die Überzeugung gewinnen kann, dass er auf dem Landweg eingereist ist, und keinen Anhaltspunkt fur eine weitere Aufklärung des Reisewegs im Wege der Amtsermittlung sieht. Abgesehen davon, dass sich aus den Entscheidungsgründen des Verwaltungsgerichts nicht ergibt, dass es hinsichtlich des Einreisewegs der Kläger von einem "non-liquet" ausgegangen war, äußert sich das Bundesverwaltungsgericht mit dem vom Beteiligten angeführten Rechtssatz nicht zu der Frage, ob das Gericht eine Glaubhaftmachung ausreichen lassen darf. Der Grundsatz, dass das Gericht aufgrund des Gesamtergebnisses eines (Klage)Verfahrens zu einer Überzeugung gelangen muss, ergibt sich vielmehr aus § 108 Abs. 1 VwGO. Indem das Verwaltungsgericht augenscheinlich die Glaubhaftmachung als geringeren Grad der Beweisführung - nämlich nur eine überwiegende Wahrscheinlichkeit, die grundsätzlich nur in den vom Gesetz ausdrücklich genannten Fällen erlaubt bzw. ausreichend ist (vgl. Baumbach u.a., Zivilprozeßordnung, 59. Aufl. 2001, § 294 RdNr. I, 2) - ausreichen lässt, begeht es allenfalls einen Verfahrensfehler, der indes die Zulassung nach § 78 Abs. 2 AsylVfG nicht rechtfertigt, da er von Absatz 3 der Vorschrift nicht erfasst wird. Die Frage, ob eine Umdeutung des Zulassungsantrags möglich ist, bedarf daher keiner Prüfung.