OLG Köln

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Zitieren als:
OLG Köln, Beschluss vom 29.03.2004 - 16 Wx 68/04 - asyl.net: M5100
https://www.asyl.net/rsdb/M5100
Leitsatz:

Kein Haftgrund gem. § 57 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 AuslG, wenn Ausländer während Abschiebung äußert, dass er nicht freiwillig ausreise, einen Arzt verlangt und der Flugkapitän Mitnahme des Ausländers verweigert.(Leitsatz der Redaktion)

Schlagwörter: D (A), Kongolesen, Abschiebungshaft, Haftgründe, Abschiebungsvereitelung, Untertauchen, Entziehungsabsicht, Abschiebung, Widerstand, Reisefähigkeit
Normen: AuslG § 57 Abs. 2 S. 1 Nr. 4; AuslG § 57 Abs. 2 S. 1 Nr. 5
Auszüge:

Die Voraussetzungen für die angeordnete Sicherungshaft liegen entgegen den Ausführungen des Landgerichts nicht vor.

Nach § 57 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 AuslG ist ein Ausländer zur Sicherung der Abschiebung in Haft zu nehmen, wenn er sich der Abschiebung in sonstiger Weise "entzogen" hat.

Während § 57 Abs. 2 Nr. 3 AuslG eine bestimmte Form des Sichentziehens als Haftgrund bestimmt, wird durch Nr. 4 jedes sonstige Verhalten erfasst, das in der Vergangenheit zur Vereitelung von Zwangsmassnahmen geführt hat. Ein solchesVerhalten des Betroffenen kann weder den Feststellungen des Landgerichts noch dem sonstigen Akteninhalt entnommen werden. Nach dem Bericht Bundesgrenzschutzes vom 18.02.2004 "verhielt sich der Betroffene während der gesamten Rückführungsmaßnahme ruhig und kooperativ". Lediglich im Flugzeug äußerte er, dass er flugunwillig sei und einen Arzt brauche, woraufhin der verantwortliche FIugkapitän seine Beförderung verweigerte.

Für einen zu erwartenden Widerstand des Betroffenen gegen die beabsichtigte Abschiebung bestehen keinerlei Anhaltspunkte. Der Betroffene hat Iediglich die Unfreiwilligkeit seiner Ausreise kundgetan, die Voraussetzung für die Abschiebung als solche ist und deshalb offensichtlich war. Dass er an Ort und Stelle seine Reiseunfähigkeit wegen ernsthafter Erkrankung und die Dringlichkeit einer ärztlichen Behandlung vorgespiegelt hat, ist nicht ersichtlich. Wenn er in seiner Situation und Gemütsverfassung subjektiv das Verlangen nach einem Arzt hatte, so ist dies nicht vorwerfbar und seine Äußerung kann ohne Hinzutreten weiterer Umstände nicht deshalb als ein,"Entziehen" iSv § 57 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 AuslG gewertet werden, weil der Flugkapitän seine Beförderung abgelehnt hat.

Entgegen der Ausführungen des Landgerichts bestand auch nicht der begründete Verdacht einer Entziehungsabsicht iSv § 57 Abs. 2 S. 1 Nr. 5 AuslG. Ein solcher Verdacht ist nicht schon dann gegeben, wenn es möglich erscheint, dass der Betroffene sich der Abschiebvng entziehen will sondern erst, wenn konkrete Umstände eine solche Absicht nahelegen. Hierfür ist nicht ausreichend, dass der Betroffene im Jahre 1999 seiner Ausreisepflicht nicht nachgekommen und in der Zeit vom (...) untergetaucht war. Dies liegt nunmehr drei Jahre zurück. Seine familiären Verhältnisse haben sich zwischenzeitlich verändert. Der Akteninhalt lässt den Schluss zu, dass der Betroffene nunmehr eine zuverlässige familiäre Bindung hat. Er lebt mit seiner Familie zusammen und hat eine Beschäftigung als (...).