OLG Brandenburg

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Zitieren als:
OLG Brandenburg, Beschluss vom 30.09.2004 - 11 Wx 38/04 - asyl.net: M5775
https://www.asyl.net/rsdb/M5775
Leitsatz:

Ein Ausländer ist auch dann gem. § 14 Abs. 4 AsylVfG a. F. spätestens vier Wochen nach Asylantragstellung aus der Abschiebungshaft zu entlassen, wenn er zwar über einen sicheren Drittstaat eingereist ist, aber noch keine entsprechende Entscheidung des Bundesamtes vorliegt.(Leitsatz der Redaktion)

Schlagwörter: D (A), Abschiebungshaft, Asylantrag, Asylantragstellung, Bundesamt, Entscheidung, Vier-Wochen-Frist, Einreise, Drittstaatenregelung, Übernahmeersuchen, Haftentlassung
Normen: AsylVfG § 14 Abs. 4 Nr. 5
Auszüge:

Die in formeller Hinsicht bedenkenfreie weitere Beschwerde hat in der Sache Erfolg.

Der Betroffene war aus der Haft zu entlassen, nachdem er aus der Haft heraus einen Asylantrag gestellt hatte, und das Bundesamt innerhalb einer Frist von 4 Wochen nach Eingang des Antrags noch keine Entscheidung über den Asylantrag und insbesondere auch keine qualifizierte Zurückweisungsentscheidung nach § 14 Abs. 4 Nr. 5 AsylVfG (unbeachtlich oder offensichtlich unbegründet) getroffen hatte.

Soweit das Bundesamt den Betroffenen nicht innerhalb der gesetzlichen Frist von 4 Wochen nach Eingang des Asylantrags anhört und eine Entscheidung trifft, hat der Haftrichter spätestens 4 Wochen nach Antragseingang die Abschiebungshaft aufzuheben (OLG Karlsruhe NVwZ Beil. 2000, 14). Dem ist gleichzustellen der Fall, dass die Ausländerbehörde den bei ihr eingereichten Antrag in seiner Bedeutung verkennt und daher die Weiterleitung des Antrags unterlässt (OLG Köln NVwZ Beil. 2001, 120).

Die hiernach erforderlichen Voraussetzungen für eine zeitliche Begrenzung der Haft waren gegeben.

Der Betroffene hat einen Asylantrag gestellt.

Ob die Prüfung der Zuständigkeit zur Bearbeitung des Asylverfahrens auf der Grundlage der Bestimmungen der EU-Verordnung zur Bestimmung des zuständigen Asylstaats (Dublin-II Verordnung, hierzu Schröder in ZAR 2003, S. 126 ff) gegebenenfalls zu einer Verlängerung der Frist führen kann, wofür nichts spricht (BayObLG a.a.O.), kann hier dahinstehen, da vorliegend wie sich aus der Stellungnahme des Bundesamtes ergibt, ein Übernahmeersuchen an die Republik Polen nicht in Betracht kam.

Soweit die Entscheidung des Landgerichts dann darauf abstellt, das Asylgesuch sei, da der Betroffene aus einem sicheren Drittstaat eingereist sei, unbeachtlich, mag dies materiell-rechtlich zutreffen, indes ist die Prüfung der Frage dem Haftrichter verwehrt. Über die Frage, ob ein aus diesen Gründen unbeachtlicher oder offensichtlich unbegründeter Asylantrag vorliegt hat das Bundesamt zu entscheiden. Die Entscheidung der Frage kann im Einzelfall schwierig sein (vgl. nur BVerfG NJ 2004, 21 mit Aufhebung einer Entscheidung des VG Potsdam), sie hat daher im vorgesehenen Rechtsweg zu ergehen.