OVG Niedersachsen

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Zitieren als:
OVG Niedersachsen, Urteil vom 16.11.2004 - 9 LB 156/04 - asyl.net: M5953
https://www.asyl.net/rsdb/M5953
Leitsatz:

Ein Antrag auf länderübergreifende "Umverteilung" eines geduldeten Ausländers ist auch dann an die für den zugewiesenen Wohnort zuständige Ausländerbehörde zu richten, wenn sich der Ausländer mit Erlaubnis zum vorübergehenden Verlassen des Aufenthaltsbereichs regelmäßig bei seinem Ehegatten aufhält.(Leitsatz der Redaktion)

 

Schlagwörter: D (A), Duldung, Umverteilung, Länderübergreifende Umverteilung, Aufenthaltsbefugnis, Familienzusammenführung, Schutz von Ehe und Familie, Zuständigkeit, Örtliche Zuständigkeit, Gewöhnlicher Aufenthalt, Verlassenserlaubnis
Normen: AuslG § 56 Abs. 3 S. 1; AuslG § 31 Abs. 1; AuslG § 30 Abs. 3
Auszüge:

Der Beklagte ist nicht die örtlich zuständige Ausländerbehörde für den Antrag der Klägerin auf Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis. Das Verwaltungsgericht hat zwar im Ausgangspunkt zutreffend dargelegt, dass sich mangels besonderer Regelungen die örtliche Zuständigkeit hier gemäß §§ 1 Abs. 1 Satz 2 NdsVwVfG, 3 Abs. 1 Nr. 3a VwVfG danach bestimmt, wo die Klägerin ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat oder zuletzt hatte, und dass für die Auslegung des Begriffs des gewöhnlichen Aufenthalts nach der von ihm angeführten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 4.6.1997 - 1 C 25.96 - NVwZ-RR 1997, 751) die Legaldefinition des § 30 Abs. 3 Satz 2 SGB I maßgebend ist. Den gewöhnlichen Aufenthalt hat jemand danach dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt. Für die demgemäß anzustellende Prognose kommt es regelmäßig auf die Umstände im Zeitpunkt der Begründung des Aufenthalts, nicht auf dessen tatsächliche Dauer an. Zu den maßgeblichen Umständen gehören auch ausländer- und asylbehördliche Entscheidungen, insbesondere - wie hier - Aufenthaltsbeschränkungen (ebenso: Thüringer OVG, Beschl. v. 22.1.2004 - 3 EO 1060/03 - juris Nr. MWRE103260400). Das Verwaltungsgericht meint danach zu Unrecht, die Klägerin habe durch Ausnutzung der ihr fortlaufend erteilten Reiseerlaubnisse ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Kreisgebiet des Beklagten begründet. Denn der tatsächliche Aufenthalt der Klägerin in der Gemeinde (...) ist insoweit unbeachtlich. Die Klägerin war und ist nach der räumlichen Beschränkung in der ihr erteilten Duldung des Beigeladenen verpflichtet, ihren Aufenthaltsort im Regierungsbezirk Köln beizubehalten. Hieran haben die Gestattungen zum vorübergehenden Verlassen des örtlichen Geltungsbereichs der Duldung nichts geändert. Der Wohnsitznahme der Klägerin in der Gemeinde (...) im Kreisgebiet des Beklagten kommt mithin weiterhin zuständigkeitsbestimmende Wirkung zu, so dass allein der Beigeladene örtlich berechtigt ist, über das Begehren der Klägerin auf Erteilung einer Aufenthaftsbefugnis zum Zwecke der Familienzusammenführung zu befinden. Der Beklagte ist - worauf er zu Recht hinweist - lediglich verwaltungsintern zu beteiligen, da der Beigeladene nicht ohne dessen Zustimmung die Begründung des gewöhnlichen Aufenthalts der Klägerin im Zuständigkeitsbereich des Beklagten ermöglichen kann. Da der Beklagte seine erforderliche Zustimmung zum Umzug der Klägerin und ihrer Kinder weiterhin verweigert, ist der Beigeladene zwar schon aus diesem Grund rechtlich gehindert, dem Begehren der Klägerin auf einen an ihn gerichteten entsprechenden Antrag hin zu entsprechen. Die Klägerin könnte indes, sofern die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Erteilung der begehrten Aufenthaltsbefugnis vorliegen sollten, mit der Bescheidungsklage bei dem für den Beigeladenen zuständigen Verwaltungsgericht, das den Beklagten beizuladen hätte, erwirken, dass die - dann rechtswidrige - Verweigerung der Zustimmung des Beklagten durch das Urteil ersetzt wird.