OVG Niedersachsen

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Zitieren als:
OVG Niedersachsen, Beschluss vom 14.01.2005 - 2 LB 456/04 - asyl.net: M6412
https://www.asyl.net/rsdb/M6412
Leitsatz:
Schlagwörter: Syrien, Kurden, Staatenlose, Abschiebungsandrohung, Zielstaatsbestimmung, Abschiebungshindernis, Einreiseverweigerung, Abschiebung, Tatsächliche Unmöglichkeit, Freiwillige Ausreise
Normen: AuslG § 53
Auszüge:

Die Klage gegen die in der Ziffer 4 des Bescheides des Bundesamtes vom 4. März 2002 enthaltene Abschiebungsandrohung (Bezeichnung von Syrien als Zielstaat einer Abschiebung) hat Erfolg. Das Verwaltungsgericht hätte nämlich nach der neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 10.7.2003, a.a.O.), der sich auch der Senat angeschlossen hat (vgl. den Beschl. des Senats v. 19.4.2004 - 2 LA 893/04), die Abschiebungsandrohung als rechtswidrig aufheben müssen. Denn es hat die Kläger als aus Syrien stammende staatenlose Kurden bzw. als Kurden, deren Staatsangehörigkeit in Syrien ungeklärt gewesen sei, angesehen, die wegen eines vom syrischen Staat praktizierten Wiedereinreiseverbots auf unabsehbare Zeit nicht nach Syrien abgeschoben werden können. Ist aber nach Einschätzung des Verwaltungsgerichts eine Abschiebung der Kläger nach Syrien aus tatsächlichen Gründen auf unabsehbare Zeit nicht möglich, so hätte es nach der genannten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 10.7.2003, a.a.O., S. 353) entweder die Abschiebungsandrohung des Bescheides vom 4. März 2002 (mit der Bezeichnung von Syrien als Zielstaat einer Abschiebung) aufheben müssen (und ausnahmsweise auf die Prüfung von Abschiebungshindernissen nach § 53 AuslG bezüglich des Zielstaates Syrien verzichten können) oder - theoretisch (s. BVerwG, a.a.O.) - die Frage prüfen müssen, ob einer auf unabsehbare Zeit undurchführbaren Abschiebung der Kläger nach Syrien zwingende Hindernisse i. S. des § 53 AuslG entgegenstehen, und - im Falle der Verneinung von Abschiebungshindernissen - die Abschiebungsandrohung als rechtmäßig bestätigen können.

Soweit der Bundesbeauftragte für Asylangelegenheiten darauf hinweist, dass nach der genannten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts eine Abschiebungsandrohung von dem Verwaltungsgericht auch dann als rechtmäßig bestätigt werden könne, wenn das Gericht in einer hypothetischen Prüfung das Vorliegen von Abschiebungshindernissen i. S. des § 53 AuslG bei einer (theoretischen) Rückkehr des Ausländers nach Syrien geprüft, aber verneint habe, so trifft dies allerdings zu. Das Verwaltungsgericht ist aber in dem angefochtenen Urteil in eine derartige hypothetische Betrachtung der Rückkehr der Kläger nach Syrien und damit in eine Prüfung etwaiger Abschiebungshindernisse gerade nicht eingetreten, sondern hat - auf der Grundlage der vor dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 10. Juli 2003 (a.a.O.) bestehenden Rechtsprechung - in seinem vor der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts liegenden Urteil vom 14. Mai 2003 allgemein die Rechtmäßigkeit der umstrittenen Abschiebungsandrohung bestätigt.

Die Beklagte kann auch nicht damit gehört werden, die Frage der Unmöglichkeit einer Abschiebung nach Syrien sei erst im ausländerrechtlichen Verfahren zu prüfen. Vielmehr ist nach der genannten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 10.7.2003, a.a.O.) und des Senats (a.a.O.) dieser Umstand, d. h. die festgestellte Unmöglichkeit einer Abschiebung der Kläger auf unabsehbare Zeit in das bezeichnete Abschiebungszielland (hier Syrien), bereits bei der gerichtlichen Überprüfung der Abschiebungsandrohung im Asylverfahren zu berücksichtigen.

Soweit die Beklagte schließlich meint, es sei nicht auszuschließen, dass die Kläger freiwillig nach Syrien zurückkehren könnten, ist dies für die Frage der hier im Streit befindlichen Abschiebungsandrohung unerheblich; denn eine Abschiebungsandrohung bezieht sich gerade nicht auf eine etwaige freiwillige Rückkehr in das Herkunftsland des Ausländers, sondern darauf, dass dieser zwangsweise in das Herkunftsland abgeschoben werden soll.