VG Münster

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Zitieren als:
VG Münster, Beschluss vom 31.05.2005 - 3 L 371/05.A - asyl.net: M6650
https://www.asyl.net/rsdb/M6650
Leitsatz:

§ 14 a AsylVfG ist nicht auf Kinder anwendbar, die vor dem 1.1.2005 in das Bundesgebiet eingereist oder hier geboren worden sind.

 

Schlagwörter: Asylantrag, Zuwanderungsgesetz, Gesetzesänderung, Entscheidungszeitpunkt, Antragsfiktion, Kinder, Anzeigepflicht, in Deutschland geborene Kinder, Übergangsregelung, Vorläufiger Rechtsschutz (Eilverfahren), Altfälle
Normen: AsylVfG § 36 Abs. 4 S. 1; AsylVfG § 14a Abs. 2
Auszüge:

§ 14 a AsylVfG ist nicht auf Kinder anwendbar, die vor dem 1.1.2005 in das Bundesgebiet eingereist oder hier geboren worden sind.

(Leitsatz der Redaktion)

 

Der aus dem Tenor des Beschlusses ersichtliche Antrag des Antragstellers hat Erfolg. Die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers, mit der er den Bescheid des Bundesamtes vom 26. April 2005 anficht, war anzuordnen, weil hinsichtlich der Rechtmäßigkeit des Bescheides ernstliche Zweifel im Sinne des § 36 Abs.4 S.1 AsylVfG bestehen. Diese folgen daraus, dass die Anwendbarkeit des § 14a AsylVfG im vorliegenden Fall fraglich erscheint.

Die mit Wirkung vom 1. Januar 2005 durch das Zuwanderungsgesetz vom 30. Juli 2004 (vgl. Art. 3 Nr.10 und Art. 15 Abs.1, 1 HS) in das AsylVfG eingefügte Norm des § 14a AsylVfG regelt die Fiktion der Asylantragstellung für ledige, unter 16 Jahre alte Kinder von Asylbewerbern und ehemaligen Asylbewerbern. In Absatz 2 des § 14 a AsylVfG, der hier allein in Betracht kommt, ist Folgendes bestimmt: "Reist ein lediges, unter 16 Jahre altes Kindes des Ausländers nach dessen Asylantragstellung ins Bundesgebiet ein oder wird es hier geboren, so ist dies dem Bundesamt unverzüglich anzuzeigen, wenn ein Elternteil eine Aufenthaltsgestattung besitzt oder sich nach Abschluss seines Asylverfahrens ohne Aufenthaltstitel oder mit einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs.5 S.1 AufenthG im Bundesgebiet aufhält. Die Anzeigepflicht obliegt neben dem Vertreter des Kindes im Sinne von § 12 Abs. 3 auch der Ausländerbehörde. Mit Zugang der Anzeige beim Bundesamt gilt ein Asylantrag für das Kind als gestellt."

Zwar ist das Asylverfahren des Antragstellers - worauf die Antragsgegnerin hinweist - aufgrund einer erst nach In-Kraft-Treten des Zuwanderungsgesetzes am 1. Januar 2005 erfolgten Mitteilung der zuständigen Ausländerbehörde vom 23. Februar 2005 eingeleitet worden. Die Geburt des Antragstellers am 18. November 2004 lag hingegen vor diesem Zeitpunkt. Sowohl vom Wortlaut her als auch angesichts des Fehlens einer Übergangsvorschrift erscheint es zweifelhaft, ob die Asylantragsfiktion auch für alle vor dem 1. Januar 2005 im Bundesgebiet geborenen minderjährigen ledigen Kinder von (ehemaligen) Asylbewerbern gelten soll (vgl. die Anwendbarkeit verneinend: VG Göttingen, Beschluss vom 17. März 2005 - 3 B 272/05).

Gegen die Anwendung des § 14a Abs.2 S.1 AsylVfG auf sog. "Altfälle" spricht schon der Wortlaut der Bestimmung und die darin gewählte Tempusform. So ist in der genannten Vorschrift von unter 16 Jahre alten Kindern die Rede, die in das Bundesgebiet einreisen bzw. hier geboren werden und eben nicht von Kindern, die eingereist sind bzw. - allumfassend - hier im Bundesgebiet geboren wurden.

Des weiteren wäre die Anwendung des § 14a Abs.2 AsylVfG - worauf die Verfahrensbevollmächtigten zu Recht hinweisen - mit erheblichen negativen Konsequenzen für den Antragsteller versehen. Das VG Göttingen führt in seiner Entscheidung vom 17. März 2005 (aaO) hierzu aus: (...)

Da es aber an einer entsprechenden Ubergangsregelung mangelt - die bezüglich der Änderungen des AsylVfG getroffene Übergangsbestimmung des § 87b AsylVfG greift ersichtlich nicht ein -, bestehen mithin hinreichende Bedenken, ob die Vorschrift des § 14a AsylVfG vorliegend Anwendung finden kann.