VG Dresden

Merkliste
Zitieren als:
VG Dresden, Urteil vom 27.05.2005 - A 2 K 30684/04 - asyl.net: M6697
https://www.asyl.net/rsdb/M6697
Leitsatz:

Keine nichtstaatliche Gruppenverfolgung von Christen im Irak; Widerruf der Flüchtlingsanerkennung bei schlechter Sicherheitslage.

 

Schlagwörter: Irak, Widerruf, Gesetzesänderung, Zuwanderungsgesetz, Genfer Flüchtlingskonvention, UNHCR, Sicherheitslage, Machtwechsel, Baath, Nichtstaatliche Verfolgung, Christen, religiös motivierte Verfolgung, Gruppenverfolgung, Nordirak, Interne Fluchtalternative
Normen: AsylVfG § 73 Abs. 1 S. 1; AsylVfG § 77; AufenthG § 60 Abs. 1; GFK Art. 1 C Nr. 5; AsylVfG § 73 Abs. 1 S. 3
Auszüge:

Keine nichtstaatliche Gruppenverfolgung von Christen im Irak; Widerruf der Flüchtlingsanerkennung bei schlechter Sicherheitslage.

(Leitsatz der Redaktion)

 

Nach § 73 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG sind die Anerkennung als Asylberechtigter und die Feststellung, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG vorliegen, unverzüglich zu widerrufen, wenn die Voraussetzungen nicht mehr vorliegen. Zu diesen "Voraussetzungen" gehören - damit es zu einem Widerruf der erlangten Rechtsposition des Klägers kommen kann - der Wegfall einer drohenden politischen Verfolgung und damit der Schutzbedürftigkeit des Betroffenen. Der Widerruf kommt daher grundsätzlich nur dann in Betracht, wenn eine Wiederholung von politischen Verfolgungsmaßnahmen ausgeschlossen werden kann, d.h. wenn sich die tatsächlichen Verhältnisse im Herkunftsland so einschneidend und dauerhaft geändert haben, dass der Betroffene ohne begründete Furcht vor politischer Verfolgung heimkehren kann (BVerwG, Urt. v. 24.11.1992 - 9 C 3.92 -, EZAR 214 Nr. 3; VGH Mannheim, Beschl. v. 16.3.2004 - A 6 S 219/04 -, NVwZ-RR 2004, 790 f.). Dabei ist es rechtlich nicht von Belang, ob die ursprüngliche Feststellung der Flüchtlingseigenschaft rechtmäßig oder rechtswidrig war (BVerwG, Urt. v. 19.9.2000, BVerwGE 112, 80 [85], Urt. v. 25.8.2004 - 1 C 22/03 -, zit. n. JURIS; OVG Lüneburg, Urt. v. 10.12.2004 - 9 LA 313/04 -, zit. n. Rechtsprechungsdatenbank des Niedersächsichen Oberverwaltungsgerichts, www.dbovg.niedersachsen.de).

3. Auf der Grundlage dieser Interpretation stimmt der Regelungsgehalt des § 73 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG auch mit dem Inhalt der "Beendigungsklausel" in Artikel 1 C Nr. 5 GK überein.

a) Nach Art. 1 C Nr. 5 GK fällt eine Person nicht mehr unter die Genfer Flüchtlingskonvention, wenn sie nach Wegfall der Umstände, aufgrund deren sie als Flüchtling anerkannt worden ist, es nicht mehr ablehnen kann, den Schutz des Landes in Anspruch zu nehmen, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzt.

Das Gericht folgt nicht der zum Teil in der Rechtsprechung vertretenen Auffassung, Art. 1 C Nr. 5 GK sei im Widerrufsverfahren nicht (unmittelbar) anzuwenden (vgl. OVG Magdeburg, Beschl. v. 26.7.2004 - 1 L 270/04 -, Asylmagazin 2004, 36). Die vorbezeichnete Bestimmung der Genfer Flüchtlingskonvention, der die Bundesrepublik Deutschland nach Art. 59 Abs. 2 Satz 1 GG durch Bundesgesetz zugestimmt hat, ist unmittelbar anwendbares Recht. Wie das Bundesverwaltungsgericht entschieden hat (Urt. v. 4. 6. 1991 - 1 C 42/88, InfAuslR 1991, 305 [306]), führt die Transformation eines völkerrechtlichen Vertrages durch ein Zustimmungsgesetz zur unmittelbaren Anwendbarkeit einer Vertragsnorm, wenn sie nach Wortlaut, Zweck und Inhalt geeignet und hinreichend bestimmt ist, wie eine innerstaatliche Vorschrift rechtliche Wirkung zu entfalten, dafür also keiner weiteren normativen Ausfüllung bedarf. Diese Voraussetzungen liegen bei den Vorschriften der Genfer Flüchtlingskonvention vor (BVerwG Urt. v. 4.6.1991 - 1 C 42/88, InfAuslR 1991, 305 [306] m.w.N.).

Art. 1 C Nr. 5 GK verlangt neben der grundlegenden Änderung der Umstände im Herkunftsland, dass auch unter den neuen Gegebenheiten keine politische Verfolgung droht. Eine bloße - möglicherweise vorübergehende - Veränderung der Umstände reicht nicht aus. Die Zumutbarkeit der Rückkehr setzt daher voraus, dass nach grundlegenden und dauerhaften Änderungen der Umstände ein Staat existiert, in dem der nicht mehr Asylberechtigte vor drohender politischer Verfolgung geschützt ist. Insoweit stimmen diese Regelungen mit den bereits dargelegten Voraussetzungen für einen Widerruf nach § 73 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG überein und bieten keinen über die genannte Vorschrift hinausgehenden Schutz.

Mit anderem Ergebnis vertritt der UNHCR, der gemäß Art. 35 GK von der Staatengemeinschaft mit der Überwachung, Umsetzung und Einhaltung der GK beauftragt ist, die Auffassung, dass Beurteilungsmaßstab für die Wiederherstellung des Schutzes das Vorhandensein einer funktionierenden Regierung und grundlegender Verwaltungsstrukturen, wie sie beispielsweise in einem funktionierenden Rechtsstaat vorlägen, sowie das Vorhandensein einer angemessenen Infrastruktur, innerhalb derer die Einwohner ihre Rechte ausüben könnten, einschließlich ihres Rechtes auf eine Existenzgrundlage, sei. Insbesondere sei darauf abzustellen, dass anerkannte Konventionsflüchtlinge nicht zur Rückkehr in instabile Verhältnisse gezwungen werden sollen "Schutz" im Sinne des Flüchtlingsabkommens sei nicht nur der Schutz vor Verfolgung sondern auch vor allgemeinen Gefahren für Leib, Leben oder Freiheit. Die Berücksichtigung dieser Überlegungen gewährleiste, dass Flüchtlinge nicht unfreiwillig in Verhältnisse zurückkehren müssten, die möglicherweise zu einer neuerlichen Flucht und der Notwendigkeit der Flüchtlingsanerkennung führen würde (UNHCR-Richtlinien zum Internationalen Schutz: Beendigung der Flüchtlingseigenschaft im Sinne des Art. 1 C (5) und (6) des Abkommens von 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, NVwZ Beilage Nr. 1 8/2003, S. 58 f).

Das Gericht vermag sich dieser vom UNHCR gewählten Auslegung nicht anzuschließen. Es wird nicht in Abrede gestellt, dass die Richtlinien und Stellungnahmen des UNHCR - gerade wegen seiner in Art. 35 GK bestimmten Funktionen - als Auslegungshilfen heranzuziehen sind. Diese sind jedoch für die Gerichte nicht alleiniger Maßstab.

Vielmehr müssen darüber hinaus im Rahmen der Auslegung des Vertragstextes der Wortlaut, die Entstehungsgeschichte, die Systematik und der Sinn und Zweck der Regelung herangezogen werden. Nach Art. 31 Abs. 1 des Wiener Übereinkommens über das Recht der Verträge vom 23. Mai 1969 (Wiener Vertragskonvention - WVK) ist ein völkerrechtlicher Vertrag nach Treu und Glauben in Übereinstimmung mit der gewöhnlichen, seinen Bestimmungen und ihrem Zusammenhang zukommenden Bedeutung und im Lichte seines Zieles und Zweckes auszulegen, was in den folgenden Absätzen des Art. 31 WVK und den Ergänzungsvorschriften des Art. 32 WVK noch näher umschrieben wird. Diesen Vorschriften ist auch zu entnehmen, dass eine Vertragsauslegung sich auch an den veränderten Verhältnissen nach Vertragsschluss zu orientieren hat, wenn der Vertrag weiterhin seinen Zweck erfüllen und seine Ziele eingehalten werden sollen.

Die Auslegung des UNHCR geht deutlich über den Wortlaut hinaus. Sie entspricht auch nicht der Systematik und dem Sinn und Zweck des Art. 1 C Nr. 5 GK. Die Worte "Schutz des Landes" haben in Art. 1 C Nr. 5 GK keine andere Bedeutung als in Art. 1 A Nr. 2 GK, der die Flüchtlingseigenschaft definiert. "Schutz des Landes" meint den Schutz des Staates vor Verfolgung wegen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen der politischen Überzeugung. Allgemeine Gefahren sind davon nach dem ausdrücklichen Wortlaut von Art. 1 A Nr. 2 GK nicht erfasst. Da Art. 1 C die Beendigung des Flüchtlingsstatus im Sinne von Art. 1 A Nr. 2 GK regelt, kann mit dem Wort "Schutz" nur der Schutz vor politischer Verfolgung gemeint sein. Diese Auslegung wird durch Art. 1 C Satz 2 GK gestützt, der wiederum eine Ausnahme von Satz 1 darstellt. Nach dieser Vorschrift fällt auch diejenige Person unter den Schutz der Genfer Flüchtlingskonvention, die sich trotz Wegfalls der Umstände nach wie vor auf zwingende, auf früheren "Verfolgungen" beruhende Gründe - wie beispielsweise psychische Beeinträchtigungen infolge bereits erlittener politischer Verfolgung - berufen kann. Auch hieraus wird deutlich, dass Art. 1 C GK an das Kriterium der politischen Verfolgung anknüpft. Ferner spricht die individuelle Konzeption des Asyl- und Flüchtlingsrechts (vgl. hierzu BverfG, Beschl. v. 10.7.1989, BverfGE 80, 315, 334 ff.) auch im Widerrufsverfahren gegen die Berücksichtigung allgemeiner Gefahren und Nachteile. Der Schutz hiervor findet hingegen keine Stütze im Wortlaut, im systematischen Zusammenhang und nach dem Sinn und Zweck des Vertragstextes.

Im Ergebnis der Auslegung ist also im Widerrufsverfahren zu prüfen, ob konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der anerkannte Flüchtling trotz Wegfalls der Umstände, die zur Anerkennung der Flüchtlingseigenschaft geführt haben, Verfolgung i.S.d. § 16a Abs. 1 GG oder § 60 Abs. 1 AufenthG zu befürchten hat. Die Frage effektiven Schutzes, d.h. wirksamer staatlicher Schutzgewährleistung, stellt sich demnach nur, wenn der Ausländer die begründete Gefahr einer entsprechenden Verfolgung im Herkunftsland geltend machen kann (vgl. BayVGH, Beschl. v. 8.8.2004, InfAuslR 2005, 43 [44] und Beschl. v. 22.11.2004 - 13a ZB 04.30978-, zit. nach JURIS-Asylis; im Ergebnis so auch VGH Mannheim, Beschl. v. 16. 3.2004 - A 6 S 219/04 -, NVwZ-RR 2004, 790 f., VG Ansbach, Urt. v. 23.9.2004 - AN 4 K 04.31270 -; VG Göttingen, Urt. v. 29.9.2004 - 2 A 42/04 -; jeweils zitiert nach JURIS). Andernfalls hätte dies zur Folge, dass bei grundlegendem und dauerhaftem Wegfall der ursprünglichen Bedrohung allein die allgemeine, noch nicht für die Zukunft im Einzelnen absehbare Entwicklung in einem Land über die Beendigung der - wegen politischer Verfolgung bestehenden - Flüchtlingseigenschaft bestimmt. Es ist zu bezweifeln, ob diese weitgehenden Anforderungen an die Beendigung des Flüchtlingsstatus dem Willen der Unterzeichnerstaaten des Abkommens vom 28. Juli 1951 und dem Sinn und Zweck dieser Regelungen, die gerade den Schutz vor politischer Verfolgung zum Gegenstand haben, entspricht. Und nur darauf kommt es in rechtlicher Hinsicht an. Denn nur die Genfer Flüchtlingskonvention in der von der Bundesrepublik Deutschland unterzeichneten Fassung ist über die Zustimmung des Bundestages in deutsches Recht transformiert worden und kann rechtliche Wirkungen entfalten. Das Gericht verkennt nicht, dass sich bei vielen rechtlichen Regelungen auch Änderungswünsche bestehen und politisch auch angestrebt werden können. Doch diese Wünsche, insbesondere die auf die Erweiterung des Flüchtlingsstatus, und die weitere Verbesserung des Schutzes von Flüchtlingen bis hin zur Aufhebung des Flüchtlingsstatus durch Eingliederung in den aufnehmenden Staat können erst dann zu rechtlichen Ansprüchen werden, wenn sie von den dazu Berufenen in Recht umgesetzt worden sind. Und dies geht nur sehr bedingt durch Interpretation des geltenden Rechts. Hierfür bedarf es rechtlicher Regelungen, die die Genfer Flüchtlingskonvention novellieren. Der Auslegung des UNHCR kommt daher auch keine verpflichtende Wertung zu. Maßgeblich ist deshalb, ob einem anerkannten Flüchtling aus dem Irak, nachdem die Umstände für die Anerkennung weggefallen sind, weiterhin konkrete Verfolgung i.S.d. § 16a Abs. 1 GG oder § 60 Abs. 1 AufenthG droht.

Das Gericht verkennt in diesem Zusammenhang nicht, dass es infolge des Systemwechsels nach wie vor in bestimmten Gebieten des Iraks zu zahlreichen Gewaltakten unterschiedlicher Akteure kommt und die Sicherheitskräfte und Besatzungstruppen zwar gewillt, aber noch nicht in der Lage sind, in allen Landesteilen die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu gewährleisten und Gewaltdelikte umfassend strafrechtlich zu verfolgen (vgl. Ad-hoc-Bericht des Auswärtigen Amtes über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage im Irak vom 2.11.2004 sowie die aktuellen Mitteilungen in den Medien). Aufgrund der individuellen Konzeption des Asyl- und Flüchtlingsrechts führt die allgemeine Gefahrenlage aber nicht zur Unzulässigkeit des Widerrufs des zuerkannten Flüchtlingsstatus, zumal durch den Widerruf keine abschließende Entscheidung über das Bleiberecht und somit über den durch das Aufnahmeland gewährten Schutz vor allgemeinen Gefahren getroffen ist. Dies ist vielmehr eine Frage des Aufenthaltsrechts. Der Ausländer ist insoweit auch nicht rechtlos gestellt. Den Schutz wegen der allgemeinen Verhältnisse im Heimatland gewährleisten § 60 Abs. 7 Satz 2 und § 60a AufenthG. Darüber hinaus sind allgemeine Gefahren und humanitäre Gründe wie Familienzusammengehörigkeit, Reintegrationsschwierigkeiten, Erwerbsunfähigkeit, lange Verweildauer im Aufnahmeland usw., im Rahmen des Widerrufs des Aufenthaltstitels nach § 52 Abs. 1 Nr. 4 AufenthG oder bei einer Entscheidung nach § 23a AufenthG oder § 25 Abs. 4 AufenthG zu berücksichtigen.

Auch die Erklärung der GK-Staaten vom 13.12.2001, wonach dauerhafte Lösungen für Flüchtlinge zu finden seien und die Rückführung in Sicherheit und Würde zu erfolgen habe, führt zu keinem anderem rechtlichen Ergebnis für die Auslegung von Art. 1 C GK. Es handelt sich dabei um keine Direktive zur Auslegung konkreter vertraglicher Bestimmungen im Sinne von Art. 31 Abs. 3 Buchst. a) WVK oder gar um eine Abänderung des geltenden Vertrages. Vielmehr legten die Vertragsstaaten in Nr. 13 der vorbezeichneten Erklärung lediglich dar, dass das "letztendliche Ziel des internationalen Schutzes darin besteht, dauerhafte Lösungen, die im Einklang mir dem Non-refoulement-Grundsatz stehen, zu finden", ohne die Art und Weise der rechtlichen Umsetzung dieses Ziels verbindlich festzulegen. Als Möglichkeiten wird die freiwillige Repatriierung in Sicherheit und Würde, die Integration vor Ort oder die Weiterwanderung benannt. Wie die angestrebte dauerhafte Lösung rechtlich durchzuführen ist - beispielsweise durch Absehen von einem Widerruf, durch eine erleichterte Einbürgerung oder Gewährung eines unbefristeten Aufenthaltstitels wurde im Rahmen der Erklärung vom 13.12.2001 von den Vertragsstaaten gerade nicht verbindlich festgelegt.

b) Gemessen an diesen Grundsätzen sind die gesetzlichen Voraussetzungen für den Widerruf erfüllt.

Insbesondere ist nicht überwiegend wahrscheinlich, dass der Kläger politische Verfolgung durch nichtstaatliche Akteure nach § 60 Abs. 1 Satz 4 Buchst. c) AufenthG zu befürchten hat. Soweit sich der Kläger darauf beruft, als Angehöriger der christlichen Glaubensgemeinschaft im besonderen Maße der Gefahr gewaltsamer Übergriffe durch radikale Muslime ausgesetzt zu sein, führt dies zu keiner anderen rechtlichen Beurteilung. Das Gericht verkennt nicht, dass es in der Vergangenheit wiederholt zu Übergriffen auf Christen, wie beispielsweise die Bombenattentate auf Kirchen in Mosul und Bagdad, die Explosionen vor christlichen Geschäften, die Alkohol verkauften, oder Entführungen kam (Ad-hoc-Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak vom 2.11.2004; UNHCR, Hintergrundinformation zur Gefährdung von Angehörigen religiöser Minderheiten im Irak, Bericht vom April 2005). Gleichwohl sind die Übergriffe nicht derartig häufig, dass sie mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit gegenwärtig und in näherer Zukunft eine Gruppen-verfolgung der Christen begründen (vgl. BayVGH, Urt. v. 3.3.2005 - 23 B 04.30734 -; OVG Koblenz, Beschl. v. 15.2.2005 - 10 A 10194/05 - und Beschl. v. 24.1.2005 - 10 A 10001/05- BayVGH, Beschl. v. 22.11.2004 - 13a ZB 04.30978; OVG Greifswald, Beschl. v. 6.8.2004 - 2 L 19/03; alle zit. n. JURIS bzw. JURIS-Asylis; VG Mainz, Urt. v. 25.2.2005 - 4 K 202/04.MZ -, zit. n. JURIS-Asylis; VG Aachen vom 24.2.2005 - 4 K 2206/02.A zit. nach JURIS; VG Regensburg, Urt. v. 10.12.2004 - RN 8 K 04.30785, nicht veröffentl.; VG Ansbach, Urt. v. 23.11.2004 - AN 4 K 04.30569 - zit. n. JURIS; a.A. VG Regensburg, Urt. v. 17.1.2005 - RN 3 K 04.30621 - zit. n. www.asyl.net/Magazin/3 2005b.htm).

Nach neueren Quellenangaben leben zur Zeit ca. 400.000 Christen im Irak (Deutsches Orient-Institut, Gutachten an das VG Ansbach vom 31.1.2005, Az. 1644 al/br., S. 1). Seit dem offiziellen Ende des Krieges seien bis Ende Oktober 2004 80 Christen von islamischen Terroristen getötet worden. Unter Berücksichtigung der Bevölkerungszahl der Christen und der in der Vergangenheit bekannt gewordenen Anschläge kann trotz des vorhandenen Risikos noch nicht von einer Gruppenverfolgung im Sinne der o.g. Rechtsprechung ausgegangen werden (vgl. OVG Koblenz, Beschl. v. 24.1.2005 - 10 A 10001/05OVG -).

Zudem muss sich der Kläger insoweit auf die kurdisch verwalteten Gebiete des Nordiraks als inländische Fluchtalternative verweisen lassen, in denen viele christliche Glaubenszugehörige unbehelligt leben (VG Aachen vom 24.2.2005 - 4 K 2206/02.A -; VG Aachen, Urt. v. 26.8.2004 - A 4 K 1660/02 zit. nach JURIS). Die Christen, die ihre Heimatstädte verließen, flohen entweder nach Jordanien und Syrien, aber auch in die christlichen Städte im Nordirak (vgl. hierzu Deutsches Orient-Institut, Gutachten an das VG Ansbach vom 31.1.2005, Az. 1644 al/br., S. 2). Allein dies ist ein gewichtiges Indiz für eine inländische Fluchtalternative. Darüber hinaus gibt es nach einem Bericht des Norwegian Directorate of Migration in den autonomen, kurdisch regierten Landesteilen im Nordirak keine vergleichbaren Fluchtbewegungen wie in den anderen Landesteilen (Reisebericht Teil II von Februar 2005, 20 ff.). Die Christen leben danach vor allem im Raum Kirkuk, wo es mehrere christliche Städte und Dörfer gibt. Dem Bericht zufolge gewährt die kurdische Regierung den Christen Schutz (Reisebericht Teil II von Februar 2005, 20 ff.).