VG Dresden

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Zitieren als:
VG Dresden, Urteil vom 28.06.2005 - 13 K 2649/04 - asyl.net: M6917
https://www.asyl.net/rsdb/M6917
Leitsatz:

Die Kosten der Passbeschaffung sind nach § 6 Satz 1 AsylbLG erstattungsfähig.

 

Schlagwörter: Asylbewerberleistungsgesetz, Passbeschaffung, Mitwirkungspflichten, Kosten, Sozialhilfe, Fahrtkosten, Gebühren
Normen: AsylbLG § 2; BSHG § 21 Abs. 1a; BSHG § 11, BSHG 12; AsylbLG § 6; AuslG § 4
Auszüge:

Die Kosten der Passbeschaffung sind nach § 6 Satz 1 AsylbLG erstattungsfähig.

(Leitsatz der Redaktion)

 

Die Klägerin hat einen Anspruch auf Übernahme der Kosten für die Ausstellung ihres afghanischen Passes in Höhe von 232,- Euro und der im Zusammenhang damit angefallenen Fahrtkosten in Höhe von 45,30 Euro in der Form der einmaligen Beihilfe aus Mitteln der Sozialhilfe ( § 113 Abs. 5 VwGO).

Maßgeblich für die hier zutreffende Entscheidung ist der Tag der Zahlung der Passbeschaffungskosten durch die Klägerin. Zwar richtet sich der Erfolg einer Verpflichtungsklage grundsätzlich nach der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung des Gerichts. Im vorliegenden Fall besteht jedoch die Besonderheit, dass die Klägerin die Kosten bereits aufgewendet hat und deren Erstattung in diesem Verfahren geltend macht. Für diesen Fall gilt, dass für die Beurteilung die Anspruchsvoraussetzungen der Zeitpunkt der durch den Hilfsbedürftigen herbeigeführten Bedarfsdeckung ist (vgl. VGH BaWü, Beschl. v. 14.06.1994, InfAuslR, 1996, 346-348; VGH München, Urt. v. 12.05.2005, 12 B 03.1492, zit. nach juris).

Anspruchsgrundlage für die begehrte Kostenübernahme ist daher § 2 Abs. 1Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) in Verbindung mit § 21 Abs. 1 a, 11, 12 Bundessozialhilfegesetz (BSHG).

Gemessen daran steht der Klägerin ein Anspruch auf Bewilligung von Mitteln für eine Passbeschaffung zu, denn nach § 4 AuslG müssen Ausländer, die in das Bundesgebiet einreisen oder sich dort aufhalten wollen, einen gültigen Pass besitzen.

Der Hilfegewährung steht auch nicht entgegen, dass die Klägerin vor der Entscheidung der Beklagten durch Zahlung der Pass- und Fahrkosten ihren Bedarf bereits gedeckt hat. Zwar gilt nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts der Grundsatz, dass Sozialhilfe dem Wesen, Sinn und Zweck nach Hilfe in gegenwärtiger Not ist und der Sozialhilfeträger nicht verpflichtet ist, bereits erbrachte Aufwendungen zu erstatten, bzw. Schulden zu tilgen (vgl. BVerwG, Urt. v. 24.04.1975, BVerwGE 48,182,185). Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts darf sich der Hilfesuchende jedoch in den Fällen um der Effektivität des Rechtsschutzes willen selbst helfen, wenn es ihm nicht länger zuzumuten war, die Entscheidung des Sozialhilfeträger abzuwarten (BVerwG, Urt. v. 31.08.1995, BVerwGE 99 149,157).

So liegt der Fall hier. Denn die Klägerin war - wie oben bereits festgestellt - ausländerrechtlich zur Passbeantragung und -beschaffung nicht nur berechtigt, sondern verpflichtet und wäre durch weiteres Zuwarten gegebenenfalls der strafrechtlichen Verfolgung nach § 92 AuslG ausgesetzt gewesen. Ein weiteres Zuwarten war ihr danach nicht zuzumuten, auch wenn zum damaligen Zeitpunkt seitens der Beklagten oder von anderer Seite keine konkreten Sanktionen angedroht worden waren.

Soweit die Beklagte vorträgt, dass der Erstattungspflicht § 6 Satz 1 Alt. 4 AsylbLG entgegenstehe, weil die Passbeschaffung nicht zur Erfüllung einer verwaltungsrechtlichen Mitwirkungspflicht erforderlich sei, führt auch dies vorliegend zu keiner anderen Beurteilung. Denn ungeachtet dessen, dass § 6 AsylbLG im vorliegenden Fall nicht anwendbar sein dürfte, gehören nach diesseitiger Auffassung die Kosten der Passbeschaffung auch zu den nach § 6 Satz 1 AsylbLG im Rahmen der Erfüllung einer verwaltungsrechtlichen Mitwirkungspflicht zu gewährenden Leistungen. Denn auf dieser Grundlage sind alle Kosten zu übernehmen, die dazu dienen, den weiteren Aufenthalt des leistungsberechtigten Personenkreis in Deutschland sicherzustellen (so auch Bayerisches OLG, Beschl. v. 25.11.2002, FamRZ 2003, 405-407; Deibel, ZAR, 1995, 57,63-64; einschränkend VG München, Urt. v. 26.01.2001, M 6 a K 99.2307- nur bei freiwilliger Ausreise ).

Zu den notwendigen Kosten gehören u. a. die nachzuweisenden Passgebühren sowie etwaige Fahrtkosten.