OLG Celle

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Zitieren als:
OLG Celle, Beschluss vom 05.09.2005 - 22 W 55/05 - asyl.net: M7110
https://www.asyl.net/rsdb/M7110
Leitsatz:
Schlagwörter: Abschiebungshaft, örtliche Zuständigkeit, Zuständigkeitswechsel, Verweisung, Verlängerungsantrag
Normen: FreihEntzG § 4 Abs. 1; FGG § 4; AufenthG § 106 Abs. 2
Auszüge:

Die weitere sofortige Beschwerde des Betroffenen ist mit dem Feststellungsbegehren zulässig und begründet. Die angefochtene Entscheidung des Landgerichts hält der auf die weitere sofortige Beschwerde hin vorzunehmenden rechtlichen Nachprüfung nach § 27 Abs. 1 FGG nicht stand. Die Entscheidung beruht auf einer Verletzung des Gesetzes.

Das Amtsgericht Hannover war für die Anordnung der Abschiebehaft nach § 62 Abs. 2 AufenthG örtlich nicht zuständig.

Nach § 4 Abs. 1 S. 1 FreihEntzG, der auch im Rahmen des Abschiebehaftverfahrens Anwendung findet (§ 106 Abs. 1 S. 1 AufenthG), ist für Freiheitsentziehungen örtlich zuständig das Gericht, in dessen Bezirk die Person, der die Freiheit entzogen werden soll, ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat. Nach § 4 Abs. 1 Satz 2 FreihEntzG kann daneben auch das Gericht am Haftort zuständig sein, wenn sich die Person bereits in Verwahrung einer Anstalt befindet. In diesen Fällen können die Gerichtsstände auch gleichwertig nebeneinander bestehen (OLG Düsseldorf, FGPrax 1998, 200; Marschner/Volckart, FreihEntzG, 4. Aufl. § 4 Rdn. 2).

Zu beachten ist aber § 4 FGG: Danach gebührt unter mehreren zuständigen Gerichten demjenigen der Vorrang, welches zuerst in der Sache tätig geworden ist. Ein Zuständigkeitswechsel ist danach nur durch eine Verweisung nach § 106 Abs. 2 AufenthG möglich.

Hier ist das Amtsgericht Hannoversch-Münden zuerst in der Sache tätig geworden. Insoweit bestand eine Zuständigkeit nach § 4 Abs. 1 und Abs. 2 FreihEntzG, weil der Betroffene in diesem Bezirk aufgegriffen wurde und dort vor seinem Untertauchen auch seinen ständigen Aufenthaltsort hatte.

Es mag dahinstehen, ob eine einstweilige Haftanordnung nach § 11 FreihEntzG der eigentlichen Anordnung der Abschiebehaft im Rahmen des § 106 Abs. 2 AufenthG gleichzustellen ist, denn hier hat das Amtsgericht Hannoversch-Münden spätestens nach der Anhörung des Verurteilten nach seiner Festnahme am 9. Juni 2005 die Abschiebehaft angeordnet. So hat es das Landgericht Göttingen in seinem Beschluss vom 27. Juni 2005 auf der Grundlage des Anhörungsprotokolls, das mit dem Satz "Der Betroffene wird nunmehr in Abschiebehaft verbracht" zu Recht angenommen. Auf diesen Beschluss hat das Landgericht Hannover in dem angefochtenen Beschluss ausdrücklich Bezug genommen.

Vom Zeitpunkt der Verkündung der Abschiebehaftanordnung durch das Amtsgericht Hannoversch-Münden am 9. Juni 2005 an befand sich der Betroffene damit in Abschiebehaft. Für weitere Entscheidungen war damit nach § 4 FGG eine ausschließliche Zuständigkeit des Amtsgerichts Hannoversch-Münden gegeben, auch wenn sich der Betroffene zwischenzeitlich in der Justizvollzugsanstalt Langenhagen befand. Der Antrag des beteiligten Landkreises an das Amtsgericht Hannover vom 30. Juni 2005 ist mithin nicht als neuer Antrag, sondern als Verlängerungsantrag zu verstehen, über den das Amtsgericht Hannover nur nach einer entsprechenden Verweisungsentscheidung nach § 106 Abs. 2 Satz 2 AufenthG hätte entscheiden dürfen.