LG Dortmund

Merkliste
Zitieren als:
LG Dortmund, Beschluss vom 17.08.2005 - 9 T 544/05 - asyl.net: M7127
https://www.asyl.net/rsdb/M7127
Leitsatz:

Keine Abschiebungshaft, wenn der Ablehnungsbescheid wegen Einreise aus einem sicheren Drittstaat (hier: Polen) nicht nach § 31 Abs. 1 S. 3 AsylVfG persönlich an den Asylantragsteller zugestellt worden ist, da die Aufenthaltsgestattung mangels Zustellung des Ablehnungsbescheides noch nicht erloschen ist.

Schlagwörter: Abschiebungshaft, Verordnung Dublin II, Asylantrag, Ablehnungsbescheid, Ausreisepflicht, Vollziehbarkeit, Aufenthaltsgestattung, Erlöschen, Bekanntgabe, Abschiebungsanordnung, Zustellung, Heilung, Dublin II-VO, Dublinverfahren,
Normen: AufenthG § 62 Abs. 2 S. 1 Nr. 5; AsylVfG § 55 Abs. 1; AsylVfG § 67 Abs. 1 Nr. 5; AsylVfG § 34a; AsylVfG § 31 Abs. 1 S. 3; AsylVfG § 26a; VwZG § 9
Auszüge:

Die Beschwerde ist zulässig und begründet.

Auch wenn entsprechend den Ausführungen im Beschluss der Kammer vom 10.08.2005 der Haftgrund des § 62 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 AufenthG vorliegt und der Verstoß gegen das Gebot der vorherigen Anhörung geheilt worden ist, muss der angefochtene Beschluss vom 29.07.2005 unabhängig von der Frage der Haft- und Reisefähigkeit der Beteiligten zu 1. aufgehoben werden, weil sich nach der schriftlichen Anhörung der Beteiligten zu 1. und der Durchführung ergänzender Ermittlungen beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge in Dortmund nicht feststellen lässt, dass die Beteiligte zu 1. vollziehbar ausreisepflichtig ist. Der Haftrichter hat zu prüfen, ob die durch den ersten Asylantrag nach § 55 Abs. 1 Satz 3 AsylVfG erlangte gesetzliche Aufenthaltsgestattung erloschen ist, da eine Haftanordnung nicht ergehen darf, solange diese gesetzliche Aufenthaltsgestattung besteht (OLG Hamm FGPrax 1997, 79; OLG Hamm JMBl. NW 1997, 107). Nach § 67 Abs. 1 Nr. 5 AsylVfG erlischt die Aufenthaltsgestattung mit der Bekanntgabe einer Abschiebungsanordnung nach § 34 a AsylVfG. Gem. § 31 Abs. 1 Satz 3 AsylVfG ist ein ablehnender Bescheid nach § 26 a AsylVfG zusammen mit der Abschiebungsanordnung nach § 34 a AsylVfG dem Ausländer selbst zuzustellen. Da die ordnungsgemäße Bekanntgabe Wirksamkeitsvoraussetzung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme ist, hat der Haftrichter diese zu prüfen und verneinendenfalls die Haftanordnung abzulehnen (OLG Hamm FGPrax, 1997, 79; OLG Hamm JMBl. NW 1997, 107). Die Bescheide vom 03.05.2005 und 02.08.2005 sind der Beteiligten zu 1. nicht persönlich zugestellt worden. Ausweislich des Schreibens des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 11.08.2005 ist es wegen des Scheiterns der für den 14.08.2005 geplanten Rückführung nach Polen nicht zu der vorgesehenen Zustellung des Bescheides vom 03.05.2005 an die Beteiligte zu 1 gekommen. Der Bescheid vom 02.08.2005 ist an die Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten zu 1. zugestellt worden. Dieses genügt jedoch nicht für eine ordnungsgemäße Zustellung, da § 31 Abs. 1 Satz 3 AsylVG ausdrücklich eine solche an die Beteiligte zu 1. vorschreibt. Dass diese anscheinend diesen Bescheid vom 02.08.2005 vor ihren Verfahrensbevollmächtigten erhalten hat und eine Heilung des Zustellungsmangels nach § 9 VwZG eingetreten ist, lässt sich nicht feststellen. Der Beteiligte zu 2. und das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge in Dortmund haben dazu keine konkreten Angaben machen können; nach der Darstellung der Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten zu 1. ist der Bescheid vom 02.08.2005 nicht an diese weitergeleitet worden, sondern nur eine telefonische Benachrichtigung des Ehemannes erfolgt, der dann möglicherweise die Information an die Beteiligte zu 1. weitergegeben hat, was jedoch für eine Heilung nach § 9 VwZG nicht ausreichen würde.