VG Schleswig-Holstein

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Zitieren als:
VG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 21.06.2005 - 2 B 68/05 - asyl.net: M7235
https://www.asyl.net/rsdb/M7235
Leitsatz:
Schlagwörter: D (A), Härtefall, Härtefallersuchen, Härtefallkommission, Öffentliches Interesse, Gleichheitsgrundsatz, Außenwirkung, Selbstbefassung, Rechtsschutzgarantie, Vorläufiger Rechtsschutz (Eilverfahren)
Normen: AufenthG § 23a Abs. 1 S. 4; GG Art. 3 Abs. 1; GG Art. 19 Abs. 4
Auszüge:

Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO setzt der Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung voraus, dass diese Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis notwendig ist, um erhebliche Rechtsnachteile für die Antragsteller abzuwenden. Bei der in diesem Eilverfahren gebotenen summarischen Prüfung fehlt es jedoch an der Glaubhaftmachung des erforderlichen Anordnungsanspruch. Es ist von den Antragstellern nicht glaubhaft gemacht worden, dass sie einen Anspruch darauf haben, dem Antragsgegner aufzugeben, die Ausländerbehörde der Landeshauptstadt Kiel anzuweisen, sie vorläufig weiterhin zu dulden.

Zunächst führen die Antragsteller in ihrer Antragsschrift selbst zu Recht aus, dass sich ein solcher Anspruch nicht aus § 23 a Aufenthaltsgesetz ergibt. Nach dem ausdrücklichen Wortlaut der vorbezeichneten Vorschrift in Abs. 1 Satz 4 steht die Befugnis des Antragsgegners zur Aufenthaltsgewährung ausschließlich im öffentlichen Interesse und begründet keine eigenen Rechte der Antragsteller. Mithin begründet das Härtefallersuchen der Härtefallkommission an den Antragsgegner kein subjektives Recht der Antragsteller. Insbesondere begründet dieses Härtefallersuchen keinen Anspruch der Antragsteller gegen den Antragsgegner, die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis anzuordnen.

Weiterhin versuchen die Antragsteller ohne Erfolg ihr Begehren unmittelbar auf Art. 3 Abs. 1 GG zu stützen. Abgesehen davon, dass die Antragsteller die tatsächlichen Voraussetzungen einer willkürlichen Ungleichbehandlung durch den Antragsgegner nicht im Ansatz darlegen, geschweige denn in der hier erforderlichen Weise glaubhaft machen, kommt schon aus Rechtsgründen vorliegend eine gleichheitssatzwidrige Behandlung der Antragsteller durch den Antragsgegner nicht in Betracht.

Der Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG verbietet willkürliche Ungleichbehandlung, d.h. die unterschiedliche Behandlung vergleichbarer Sachverhalte, u.a. durch Träger öffentlicher Gewalt. Grundrechtsrelevant sind jedoch nur solche Handlungen der Träger öffentlicher Gewalt, die Außenwirkung entfalten. Verwaltungsinterna kommt schon mangels rechtsbeeinträchtigender Wirkung für den Bürger keine Gleichheitssatzrelevanz zu. Ein Eingriff in den Schutzbereich des Art. 3 Abs. 1 GG setzt stets eine unmittelbare Benachteiligung durch einen Grundrechtsadressaten voraus (vgl. Jarass/ Pieroth GG Art. 3 Rdnr. 9 mwN.).

Das Verfahren zur Aufenthaltsgewährung in Härtefällen gem. § 23 a Aufenthaltsgesetz ist jedoch ein bloßes Verwaltungsinternum, das unter Umständen in eine fachaufsichtliche Weisung der obersten Landesbehörde an die zuständige Ausländerbehörde münden kann. § 23 a Aufenthaltsgesetz begründet aber nicht mit Aussenwirkung weitere, zusätzliche oder andere Aufenthaltstitel für die Ausländer, deren weiteren Aufenthalt die Härtefallkonimission im Wege der Selbstbefassung zum Gegenstand der Beratung gemacht hat. Aufenthaltstitel können die Ausländer ausschließlich von der für sie zuständigen Ausländerbehörde erteilt bekommen, unabhängig davon ob diese Erteilung gegebenenfalls auf eine fachaufsichtliche Weisung der obersten Ausländerbehörde zurückgeht.

Dem Bürger wird gemäß Art. 19 Abs. 4 GG dadurch Rechtsschutz gewährt, dass er seine Ansprüche gerichtlich gegenüber der zuständigen Behörde geltend machen kann. Indessen ist es dem Anspruchsteller verwehrt, die verwaltungsinternen Abläufe zur Entscheidung über den geltend gemachten Anspruch zu beeinflussen. Dementsprechend steht es den Bundesländern frei, von der Ermächtigung des § 23 a Abs. 2 Aufenthaltsgesetz durch die Einrichtung einer Härtefallkommission Gebrauch zu machen. In gleicher Weise rechtsfehlerfrei können die Bundesländer auch auf die Einrichtung einer Härtefallkommission verzichten, wie dieses z. B. in Sachsen der Fall ist, und das Verwaltungsverfahren zur Erteilung von Aufenthaltstiteln anders ausgestalten.

Die Ausgestaltung des Verfahrens in Schleswig-Holstein nach § 23 a Abs. 2 Aufenthaltsgesetz durch die Landesverordnung vom 11. Januar 2005 ist für die Antragsteller nicht gleichheitssatzrelevant. Dieses gilt umso mehr, als für andere Ausländer unter der Geltung des Aufenthaltsgesetzes ein solches Verfahren in anderen Bundesländern von vornherein nicht durchgeführt wird.

Ohne Erfolg verweisen die Antragsteller auf die Justiziabilität von Gnadenentscheidungen. Die Begnadigung kann zwar nicht unmittelbar beansprucht werden, wie dieses nach zutreffender Ansicht der Antragsteller gem. § 23 a Aufenthaltsgesetz auch für die Entscheidung über ein Härtefallersuchen gilt. Allerdings hat die Ausübung des Begnadigungsrechtes unmittelbare Aussenwirkung für den Verurteilten und ist deshalb gleichheitssatzrelevant. Demgegenüber kommt dem Härtefallersuchen und der darauf folgenden Entscheidung des Antragsgegners, wie oben ausgeführt, eine solche Aussenwirkung gerade nicht zu. Das Härtefallverfahren nach § 23 a Aufenthaltsgesetz ist insgesamt keine Ausübung hoheitlicher Gewalt gegenüber den Antragstellern. Deren Aufenthaltsstatus wird ausschließlich durch die zuständige Ausländerbehörde geregelt.