OVG Saarland

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Zitieren als:
OVG Saarland, Beschluss vom 27.09.2005 - 2 W 10/05 - asyl.net: M7280
https://www.asyl.net/rsdb/M7280
Leitsatz:

Einem binationalen Paar mit Kindern ist es zuzumuten, die familiäre Lebensgemeinschaft auf Grundlage eines befristeten Aufenthaltsrechts in einem Unterzeichnerstaat der EMRK (hier: Aserbaidschan) herzustellen, da der Staat an den Schutz der Familie nach Art. 8 EMRK gebunden ist und notfalls Rechtsschutz beim EGMR gesucht werden kann.

 

Schlagwörter: Aserbaidschan, Syrien, Mischehen, Religiöse Eheschließung, Schutz von Ehe und Familie, Passbeschaffung, Rechtsschutz, EGMR, Europäische Menschenrechtskonvention, EMRK, Unterzeichnerstaat, Vorläufiger Rechtsschutz (Eilverfahren)
Normen: EMRK Art. 8; AufenthG § 60a Abs. 2; GG Art. 6
Auszüge:

Einem binationalen Paar mit Kindern ist es zuzumuten, die familiäre Lebensgemeinschaft auf Grundlage eines befristeten Aufenthaltsrechts in einem Unterzeichnerstaat der EMRK (hier: Aserbaidschan) herzustellen, da der Staat an den Schutz der Familie nach Art. 8 EMRK gebunden ist und notfalls Rechtsschutz beim EGMR gesucht werden kann.

(Leitsatz der Redaktion)

 

Die Antragsteller haben jedoch einen Anspruch auf eine befristete Aussetzung der Abschiebung gemäß § 60a II AufenthG.

Ein Anspruch auf Duldung gemäß § 60a II AufenthG steht den Antragstellern zu, wenn und solange ein Zusammenleben der Antragsteller zu 2. und 3. mit ihrem Vater - aus von keinem von ihnen zu vertretenden Grund - nur in Deutschland möglich ist, da ihrer Abschiebung dann rechtliche Gründe - Art. 6 GG, Art. 8 EMRK - entgegenstehen. Ob dies der Fall ist, ist aber bisher nicht hinreichend geklärt worden. Es erscheint daher sachgerecht und mit Blick auf die betroffenen Rechte der Antragsteller zu 2. und 3. und ihres Vaters erforderlich, dem Anordnungsantrag der Antragsteller befristet stattzugeben, um ihnen Gelegenheit zu geben, alle erforderlichen Anstrengungen zu unternehmen, um eine gemeinsame Ausreise mit Herrn ..., in ihr Heimatland Aserbaidschan zu erreichen.

Insofern ist hervorzuheben, dass der Senat lediglich die Frage, ob Herrn ... die Einreise ins Heimatland der Antragsteller zu einem befristeten Aufenthalt erlaubt wird, nicht aber die weitere Frage, ob er von Deutschland aus ein dauerhaftes Aufenthaltsrecht erhalten kann, als entscheidend ansieht. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht darauf hingewiesen, dass Aserbaidschan der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten - EMRK - am 15.4.2002 beigetreten und daher an deren Inhalte, also auch an Art. 8 EMRK gebunden ist. Dass die familiäre Gemeinschaft zwischen einem Vater und seinen nichtehelichen Kindern durch Art. 8 EMRK geschützt ist, entspricht jedoch der ständigen Rechtsprechung des EGMR (vgl. etwa EGMR, Urteil vom 17.4.2003 ("Yilmaz")). Daher hat das Verwaltungsgericht entgegen der Annahme der Antragsteller zutreffend Art. 8 EMRK nicht hinsichtlich der nichtehelichen Lebensgemeinschaft zwischen der Antragstellerin zu 1. und Herrn ... für anwendbar gesehen, sondern "auf den in Art. 8 EMRK normierten Schutz des Familienlebens", nämlich "die familiäre Lebensgemeinschaft (ergänzt durch den Senat: der Antragsteller zu 2. und 3.) mit dem Vater" abgestellt (amtl. Umdruck des Beschlusses vom 30.5.2005 - 12 F 144/05 -, etwa S. 4 letzter Absatz "Lebensgefährten bzw. Vater der Antragsteller"). Dem kann auch nicht mit Erfolg entgegengehalten werden, dass der aserbaidschanische Staat dieses Recht der Antragsteller zu 2. und 3. und ihres Vaters nicht anerkenne. Für den Fall, dass Aserbaidschan dieses Recht missachten sollte, können sie grundsätzlich auf Rechtsschutz in diesem Land und ggf. vor dem Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte verwiesen werden.