BlueSky

LG Aurich

Merkliste
Zitieren als:
LG Aurich, Beschluss vom 10.10.2005 - 1 T 49/05 - asyl.net: M7354
https://www.asyl.net/rsdb/M7354
Leitsatz:
Schlagwörter: Abschiebungshaft, Anhörung, einstweilige Anordnung, Sachaufklärungspflicht, Verfahrensmangel, Bekanntgabe, Fristen, Rechtsmittel, Beschwerde
Normen: FEVG § 5 Abs. 1 S. 1; FEVG § 11 Abs. 2; Nds. SOG § 18 Abs. 1 Nr. 2a
Auszüge:

Die sofortige Beschwerde ist zulässig und erweist sich in der Sache als begründet.

Der fernmündlich bekannt gemachte Beschluss des Amtsgerichts Leer vom 17.03.2004 verstößt gegen § 5 Abs. 1 S. 1 FEVG, der gem. § 11 Abs. 2 FEVG auch für den Fall der einstweiligen Anordnung gilt. Danach kann eine Anhörung des Betroffenen nur unterbleiben, wenn ein Fall des § 5 Abs. 2 FEVG oder gem. § 11 Abs. 2 FEVG Gefahr im Verzug vorliegt. Beides war vorliegend nicht der Fall. Es ist nicht ersichtlich, dass auch nur versucht wurde, einen Dolmetscher zur Anhörung des Betroffenen am 7.03.2005 zu erreichen.

Ein Rückgriff auf die generelle Norm des § 18 Abs. 1 Nr. 2a Nds. SOG war am 7.03.2004 nicht mehr möglich. Gemäß § 3 Abs. 1 S. 2 Nds. SOG gehen die Vorschriften des Bundes- oder Landesrechts, in denen die Gefahrenabwehr oder die anderen Aufgaben besonders geregelt werden, dem Nds. SOG vor. Als derartige speziellere Regelung sind die Vorschriften des FEV anzusehen. Spätestens nach Abschluss der erkennungsdienstlichen Maßnahme am 03.2004 stand aber fest, dass als nächste Maßnahme die Beantragung der Abschiebehaft anstand.

Vor diesem Hintergrund erweist sich die Beschwerde gegen den Beschluss vom 7.03.2004 entgegen der Auffassung des Amtsgerichts auch als zulässig. Dieser Beschluss war dem Betroffenen zu keiner Zeit bekanntgegeben worden; zumindest lässt sich dies der Akte nicht entnehmen. Der Betroffene mußte daher davon ausgehen, bis zur Vorführung am 8.03.2004 ohne richterliche Anordnung in Haft gewesen zu sein. Auch vor diesem Hintergrund mußte der Schriftsatz des Verfahrensbevollmächtigten vom 8.04.2004 umfassend verstanden werden. Letztlich dürfte die Frist des § 19 Abs. 2 S. 1 Nds. SOG auch erst nach Kenntniserlangung von der Existenz einer richterlichen Entscheidung zu laufen begonnen haben. Ohnehin ist fraglich, ob die Frist einschlägig gewesen ist, da tatsächlich am 7.03 2004 keine Entscheidung nach dem SOG zum Zwecke der Gefahrenabwehr, sondern zur Entscheidung einer Abschiebehaftsache getroffen wurde. Diese war aber nicht mit einer Rechtsmittelbelehrung versehen, so dass die Frist zur Einlegung der sofortigen Beschwerde nicht lief. Eine Maßnahme, die tatsächlich nicht als Maßnahme der Gefahrenabwehr gedacht war und daher auch nicht ausdrücklich auf § 18 Nds. SOG gestützt worden ist, kann nicht im Nachhinein als eine solche behandelt und unter diese Vorschrift subsumiert werden (OLG Celle, Beschluss v. 25.11.2004, Az. 16 W 136/04). Tatsächlich handelte es sich um eine Maßnahme gem. § 11 FEVG.