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Zitieren als:
, Bescheid vom 26.08.2005 - 5150358-423 - asyl.net: M7418
https://www.asyl.net/rsdb/M7418
Leitsatz:
Schlagwörter: Afghanistan, Hindus, Folgeantrag, Gesetzesänderung, Zuwanderungsgesetz, nichtstaatliche Verfolgung, Änderung der Rechtslage, Gruppenverfolgung
Normen: AufenthG § 60 Abs. 1; AsylVfG § 71 Abs. 1; VwVfG § 51 Abs. 1 Nr. 1
Auszüge:

Der Antragsteller beruft sich zur Begründung seines Folgeantrages auf eine Änderung der Rechtslage im Rahmen des Zuwanderungsgesetzes vorn 30.07.2004. Mit den in diesem Gesetz vorgesehenen Neuerungen im Ausländer- und Asylrecht wurde u.a. der § 51 Ausländergesetz. (AuslG) durch § 60 Abs. 1 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) ersetzt.

Die Verfahrensbevollmächtigte trägt vor, dass die Hindu-Minderheit in Afghanistan Diskriminierungen und nichtstaatlicher Verfolgung durch Dritte ausgesetzt ist. Dies wird bestätigt durch den Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage im islamischen Übergangsstaat Afghanistan vom Mai 2005 - Gz: 508-516.8013 AFG. Es wird darin ausgeführt, dass die früher in Kabul lebende Hindu- und Sikh-Minderheit sich praktisch gegenwärtig nicht zu erkennen gebe. Nach Auskunft der "Stiftung für Kultur und Zivilgesellschaft", die sehr enge Beziehungen zu der afghanischen Hindu Gemeinde unterhalte, gebe es gravierende Fälle von Diskriminierung gegen Hindus. Die Handlungen würden sich gegen die Ausführung der religiösen Sitten und Gebräuche der Hindu-Minderheit richten. Auch würden Hindus Opfer illegaler Landnahme. Häuser und Grundstücke würden von Kommandeuren und deren bewaffneter Gefolgschaft besetzt werden. Dem Auswärtigen Amt seien zudem Fälle bekannt, in denen Hindus illegal von einzelnen Kommandeuren aus ihren Häusern vertrieben worden seien bzw. nach ihrer Rückkehr aus dem Ausland nicht ihren rechtmäßigen Grundbesitz erhalten haben. Diese illegale Landnahme gehe nicht selten einher mit massiven Einschüchterungen gegen die rechtmäßigen Eigentümer. Hierbei handele es sich allerdings nicht um ein spezifisch gegen Hindus gerichtetes Phänomen. Auch andere Bevölkerungsgruppen seien davon betroffen.

Hindu-Rückkehrer würden häufig nur in den noch existierenden Hindu-Tempeln unterkommen und unter äußerst schwierigen Bedingungen leben müssen. Ursache dafür sei nach Angaben der "Stiftung für Kultur und Zivilgesellschaft" der Umstand, dass die meisten Hindus ihre Häuser und Geschäfte verloren hätten.

Dem Antrag wird entsprochen; die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG liegen vor.

Nach § 60 Abs. 1 AufenthG darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Eine Verfolgung kann gem. § 60 Abs. 1 Satz 4 AufenthG ausgehen vom Staat, von Parteien oder Organisationen, die den Staat oder wesentliche Teile des Staatsgebiets beherrschen (staatsähnliche Akteure), oder von nichtstaatlichen Akteuren, sofern staatliche oder staatsähnliche Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, Schutz vor der landesweit drohenden Verfolgung zu bieten. Dies gilt unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht.

Auf Grund des von ihm geschilderten Sachverhaltes und der hier vorliegenden Erkenntnisse. ist davon auszugehen, dass der Antragsteller im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan zum gegenwärtigen Zeitpunkt mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit Verfolgungsmaßnahmen i.S. von § 60 Abs. 1 AufenthG ausgesetzt sein würde.